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Carl Orff und das Schulwerk „Das Schicksal findet seinen Weg“

Bei "Radio München", wie der Bayerische Rundfunk bis 1949 hieß, startete drei Jahre nach Kriegsende das Schulwerk nach Carl Orff. Er hatte den Auftrag erhalten eine Musik für Kinder zu schreiben - Musikpädagogik im Hörfunk.

Von: Historisches Archiv, Sabine Rittner

Stand: 08.08.2023

Carl Orff bei der Arbeit | Bild: BR

Bereits 1924 gründete Carl Orff gemeinsam mit Dorothee Günther die Güntherschule für Gymnastik  und Tanz. Orff unterrichtete selbst und entwickelte dort das Schulwerk. Die Idee war eine elementare Musik, die "erdnah ist, naturhaft, körperlich, für jeden erlernbar und erlebbar, dem Kind gemäß", wie Orff es beschreibt. Ziel war es, frei zu spielen, auszuprobieren und Spass an der Musik zu finden.

Gunild Keetmann, eine ehemalige Schülerin Orffs, wurde 1926 seine wichtigste Mitarbeiterin beim Schulwerk. Die Musikpädagogin und Komponistin lehrte an der Güntherschule und war Mitautorin der erstens Ausgabe des Orff-Schulwerks 1930.

In den 1930er Jahren, unter sich verändernden politischen Verhältnissen, stagnierte die Entwicklung der neuen Musikpädagogik. 1944 beschlagnahmten die Nationalsozialisten die Güntherschule und 1945 wurde das Gebäude an der Münchner Kaulbachstraße sammt Inventar und Instrumenten weitgehen zerstört.

Das Schulwerk im Rundfunk

Im Jahr 1948 begann die Ära der Schulwerk-Sendungen im Rundfunk. Walter Panofsky, Musikkritiker und Musikschriftsteller, schrieb zum Start der Sendungen "Am 15. September 1948 ging dann die erste Schulwerk-Sendung über den Münchner Sender. Niemand hatte eine rechte Vorstellung von dem Echo, das sie finden würde. (…) Kinder musizierten für Kinder mit Kindern. Das Vorbild über den Lautsprecher brauchte nur nachgeahmt und später weiterentwickelt werden".

Godela Orff und Gunild Keetmann mit Kindern im Schulwerk-Film "Musik und Bewegung", 1960er

Verantworlich für den Rundfunk war Annemarie Schambeck, seit 1947 Leiterin des Schulfunks. Sie hatte das Konzept von Carl Orff angenommen und es zu einem Schwerpunkt der Musiksendungen des Schulfunks gemacht. Der Auftrag lautete, eine Musik für Kinder zu schreiben, die von diesen selbst musizierte werden kann.

Von Bayern in die Welt

Nicht nur in Bayern wurde das Schulwerk gehört, auch die anderen deutschen Sender forderten Bänder an. In den folgenden Jahren etablierte sich der Musikunterreicht in zahlreichen europäischen und außereuropäischen Ländern und machte eine zentrale Ausbildungsstätte notwendig. 1963 eröffnete das Orff-Institut in Salzburg für Lehrende und Lernende.

Zum 20-jährigen Jubilläum des Schulfunks 1967, schrieb Carl Orff "Es war Annemarie Schambeck bestimmt, durch ihre intuitive und zugleich klar bewußte Entscheidung eine weltweite pädagogische Welle auszulösen, die in absehbarer Zeit nicht mehr zum Stillststand kommen wird. Das Schicksal findet seinen Weg."


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