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Nach 44 Jahren im BR Paul Enghofer geht in Rente

Er ist eines der unverwechselbaren Gesichter im BR Fernsehen: Paul Enghofer. Der Autor, der 45 Minuten lang vom Schweinsbraten erzählen kann, ohne dass es langweilig wird. Seine Botschaft ist und war immer ein bisschen tiefgründiger, als es auf den ersten Blick scheint.

Von: Kathrin Lindauer, Journalistische Unterhaltung Bayern

Stand: 14.09.2024

Paul Enghofer in der Kantine in Freimann. | Bild: Monika Lutz

Mit zarten 22 Jahren macht Paul Enghofer seinen ersten Film für das Bayerische Fernsehen: "Junge Gambenbauer im Rottal" stellt er in der Sendung "Aus Schwaben und Altbayern" vor. Pauls Weg zum Fernsehen ist kein Zufall. Sein Vater, Paul Enghofer senior, ist schon seit den 1960ern als BR-Reporter unterwegs. In der Reihe "Schmankerlküche" guckt er in ganz Bayern den Wirten in ihre Haferl. In den Ferien ist die Familie oft mit dabei, beim Drehen oder auch im Schneideraum.

Später, als junger Volkskunde-Student, kommt Paul dann in der BR-Kantine mit Redakteuren ins Gespräch, die sich für seine Geschichten interessieren. Er beginnt, auch für "Unter unserem Himmel" und "Zwischen Spessart und Karwendel" zu arbeiten – und entwickelt im Laufe der nächsten Jahrzehnte einen ganz unverwechselbaren, persönlichen Stil.

"Ist das der, der immer probiert?"

So kommt es, dass mittlerweile 44 Arbeitsjahre für den Bayerischen Rundfunk zusammengekommen sind - mit genau 66 Jahren geht Paul Enghofer nun in Rente.

So viele Schnapszahlen passen zu ihm, der vor allem als eine Art bayerischer Genussbotschafter bekannt geworden ist. "Ist das der, der immer probiert?", fragte mal eine Kollegin. Ja, er probiert alles, sogar rohes Entenblut. Aber darüber hinaus hat er auch eine Botschaft. Man könnte sie vielleicht so zusammenfassen: Wie wichtig Wertschätzung ist - gegenüber Mensch und Tier, der Natur und auch unserem kulturellen Erbe.

Eine prägende Begegnung ist sicher die mit der Loibl Emma von Steinberg, einer alleinstehenden Bäuerin, die ihr "Sachl" trotz hohem Alter noch bewirtschaftet und sich mit dem Backen von Brot und Schmalzgebäck etwas dazuverdient hat. Sie hat dem Paul in "Schwaben + Altbayern", "Unter unserem Himmel" und "Zwischen Spessart und Karwendel" gezeigt, wie zufrieden man auch mit wenig sein kann, wenn man selbstbestimmt leben kann. Und wie nachhaltig Bescheidenheit ist.

Sinn für modernes Altmodisches

Egal, ob er über die neuesten energiesparenden Baumethoden berichtet oder über das "Kragenwenden", mit dem man einem zerschlissenen Hemd ein zweites Leben schenken kann: Nachhaltigkeit ist in Pauls Filmen meistens ein Thema – auch schon lange bevor sie zu einem Schlagwort wird.

Pauls Mission ist es auch, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass ein Schwein nicht nur aus Filet besteht und dass für das Fleisch, das wir essen, ein Tier getötet werden muss. Da wird im Schneideraum schon manchmal gefeilscht, wie viel man dem Publikum vor 20 Uhr zumuten darf.

Genuss ja – aber bewusst. Dazu gehört auch Pauls Offenheit gegenüber Themen wie veganer Ernährung und Fleischersatzprodukten. Zuhören, nachdenken, ausprobieren - Paul Enghofer hat das perfektioniert und weiß deshalb immer, wovon er spricht. Seine Beiträge werden auch auf den YouTube-Kanal "Bayersicher Rundfunk" hochgeladen. Mit seiner authentischen und bescheidenen Art hat er sich dort eine regelrechte Fanbase aufgebaut.

"So jemand darf nicht in Rente gehen" (Kommentar eines YouTube-Users)

In den Kommentarspalten wird deutlich, wie sehr Paul Enghofer von der Community gemocht wird - nicht nur für die Themen, die er aufgreift, sondern auch für seine unaufgeregte und gemütliche Art: seine "beruhigende Stimme und Ausstrahlung", "einfach Kult", "pures Gold"… Deswegen hat das YouTube-Team Pauls Fans zum Abschied ein Zuckerl dagelassen. Im Community-Tab wurden die Userinnen und User aufgerufen, ihre Fragen an Paul zu schreiben. Diese hat er in einem auf dem BR-Kanal veröffentlichten "Question & Answer" beantwortet.

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Wir verabschieden Paul Enghofer – Kultautor geht in den Ruhestand | Eure Fragen im Q&A | BR | Bild: Bayerischer Rundfunk (via YouTube)

Wir verabschieden Paul Enghofer – Kultautor geht in den Ruhestand | Eure Fragen im Q&A | BR

Dem linearen Fernseh-Publikum wird Paul Enghofer in Form von Wiederholungen erhalten bleiben - auch diesbezüglich kann man seine Filmbeiträge als recht nachhaltig bezeichnen.

Raimund Lesk, Paul Enghofer und Uwe Niedzwetzki beim Dreh für "Unter unserem Himmel".

Die Zusammenarbeit mit ihm werden wir Kolleginnen und Kollegen vermissen. Paul war "eine Bank", immer verlässlich und fair, auch auf Dreh und im Schneideraum. Und ein anregender Gesprächspartner, mit dem man bei der Textabnahme vom aktuellen Beitrag gleich auf Ideen für die fünf nächsten gekommen ist. Paul ist in vielen Dingen bewandert.

Älterer Gambenspieler im Rottal

Er ist Autor zahlreicher EDV-Bücher. Anfang der 1990er Jahre schult er die ersten BR-Mitarbeitenden in dem Programm "NEXUS Newswire 2000" (eine Art Vorläufer von "Openmedia") – dafür hat er nämlich das Bedienhandbuch geschrieben. Und er ist ein hervorragender Musiker, der sein Geld auch schon als Jazz-Bassist verdient hat. Da schließt sich der Kreis wieder, denn vor Kurzem hat Paul sich eine Gambe gekauft, eine von den Gambenbauern, über die er 44 Jahre zuvor in seinem allerersten Film berichtet hat. Ob er wohl dazu kommen wird, das Gambe-Spielen zu lernen?

Daheim in Pfarrkirchen im Rottal wird es ihm in der Rente sicher nicht langweilig: mit seiner Frau Sonja, den Kindern und Enkeln, den Freunden, dem Garten, dem Gewächshaus und der gut ausgestatteten Küche. Beim besten Pilz-Wetter kann der Paul jetzt in die Schwammerl gehen und sie den Werktätigen wegsammeln, die bis zum Wochenende warten müssen. Wir vergönnen es ihm von ganzem Herzen!