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BR Datenjournalistin Katharina Brunner Women in Data Science – beim BR im Rampenlicht

Der Bayerische Rundfunk richtete am 10. Oktober 2024 die diesjährige Konferenz "Women in Data Science" von LMU und TUM aus. Herausragende Speakerinnen aus den Bereichen Statistik und Data Science gaben Einblicke in ihre Arbeit. Eine davon, BR-Journalistin Katharina Brunner, erzählt im Interview, welche Rolle Daten in ihrer Arbeit spielen.

Von: Verena Vogelgsang, Unternehmenskommunikation

Stand: 11.10.2024

Katharina Brunner | Bild: BR

Verena Vogelgsang: Was macht das Recherchieren mit Daten besonders spannend? 

Katharina Brunner: Das Recherchieren in und mit Daten ist sehr vielseitig. Wir sind in unserem Alltag umgeben von Technologie – und damit von Daten.

Vieles davon kommt grundsätzlich für Recherchen in Frage und die technischen Herangehensweisen sind häufig recht unterschiedlich. 
Meine erste Geschichte für den BR vor zwei Jahren drehte sich zum Beispiel um Online-Dienste, die Algorithmen verwenden, um Bilder zu prüfen. Wir haben herausgefunden, dass Bilder von Frauen oft anzüglicher bewertet werden als die von Männern. Das kann Folgen für die Sichtbarkeit im Netz haben. 
Zwei neuere Recherchen haben ganz andere Themen: Sportwetten und Datenhandel. Jede dieser Geschichten beruht auf unterschiedlichen Daten, baut auf einer anderen Methodik auf und natürlich sind auch die Themen komplett unterschiedlich. Es braucht dann technisches Wissen, Kreativität und Teamarbeit. 

Katharina Brunner

Katharina Brunner ist Datenjournalistin bei BR Data/BR Recherche. Sie recherchiert in und mit Daten und Code. Ihre Arbeit wurde mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit den Nannen-Preis als sie mit ihren Kolleginnen und Kollegen bei der Süddeutschen Zeitung nachzeichnete, wie sich mit dem Einzug der AfD in den Bundestag die Stimmung im Parlament verändert hatte. Oder mit dem Journalistenpreis für Informatik der Universität Saarland für die Analyse einer chinesischen Überwachungsapp.

Woher kommen die Daten? 

Investigativer Journalismus und Daten – da ploppt vielen als erstes ein Wort in den Kopf: Leaks. Riesige Mengen an Dokumenten, viele GB an Dateien, Festplatten, die Whistleblower an Journalistinnen und Journalisten weitergeben. Und ja, das kann so laufen. 

Doch investigativer Datenjournalismus ist auch, etwas herauszufinden, das bisher einfach nur auf Grund eines komplexen Systems nicht sichtbar war. Das mache ich am liebsten. 
Zum Beispiel bei einer Geschichte zu Sportwetten: Im August haben wir eine ARD Story dazu veröffentlicht, welche Firma Daten von Amateurspielen erhebt und sie an die Wettindustrie liefert – und das obwohl Wetten auf Amateursport in Deutschland verboten sind. Dafür habe ich mich lange auf Wettseiten rumgetrieben und irgendwann festgestellt, dass auf verschiedenen Seiten die immer gleichen Grafiken und Daten benutzt werden – sie vermutlich also aus der gleichen Quelle kommen. Die habe ich dann gefunden: Wir konnten so zeigen, dass das Schweizer Unternehmen Sportradar die Daten liefert. 

Welchen Datensatz würdest du gerne mal "auf einer Parkbank" finden? 

Zurzeit befasse ich mich viel mit dem kommerziellen Handel von personenbezogenen Daten, vor allem solchen, bei denen die GPS-Positionen von Handys verkauft werden. Und weil wir alle unsere Handys ständig mit uns herumtragen, ergeben sich daraus Bewegungsprofile von Menschen.  

Vor einigen Monaten hat netzpolitik.org bei einem Marktplatz für Daten mit Sitz in Berlin nach Standortdaten aus Deutschland gefragt – unter Klarnamen und mit offensichtlicher Verbindung zu netzpolitik.org. Sie haben von einem Datenhändler aus den USA kostenlos Anschauungsmaterial bekommen: 3,6 Milliarden Standortdaten von Millionen Geräten.

Was wir dabei aber noch nicht herausgefunden haben: Woher die Daten genau kommen. Welche Apps sind es, aus denen die Standorte von Millionen Menschen in Deutschland abfließen?
Solche Daten – und solche, die das System dahinter beschreiben – daran wäre ich sehr interessiert.

Women in Data Science Munich

Das Team der Women in Data Science Konferenz 2024

WiDS ist eine regionale eintägige Veranstaltung, die von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), der Technischen Universität München (TUM) und Sixt organisiert wird, die mit der weltweiten Non-Profit-Organisation WiDS verbunden sind.
Die WiDS Munich Conference hat zum Ziel, Frauen im Bereich Data Science zu stärken und ein unterstützendes Netzwerk zu fördern.
WiDS wurde ursprünglich 2015 an der Stanford University gegründet und hat sich in den letzten neun Jahren zu WiDS Global entwickelt. Sie umfasst zahlreiche Initiativen weltweit.