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BR-Kultserie mit Ottfried Fischer aus den 80ern Franz Xaver Bogners "Zur Freiheit"

"Paula, oh Paula, mir fang mer jedn Tag vo vorn o und des Oinzige, wos zählt auf dera Welt, is a Geld" – bringt es Haindling mit seinem Titelsong musikalisch auf den Punkt. Er hat auch die Filmmusik zu der Serie komponiert und tritt in Folge acht sogar selbst auf - als Musiker beim Klassentreffen.

Von: Ursula Zimmermann, Unternehmenskommunikation

Stand: 02.11.2023

"Zur Freiheit" erzählt von Paula Weingartner, alias Weißwurst-Paula. Sie ist das Zentrum im Münchner Schlachthofviertel-Kosmos. Um sie kreisen alle: die Freunde, die Arbeiter und Bewohner - manche weiter entfernt, manche näher, am nächsten ihre Familie und der Kometen-Sepp. Er war der beste Freund ihres verstorbenen Mannes und ist seit jeher Paulas langjähriger Lebensbegleiter.

Ein fleißiges Geben und Nehmen

Paula schmeißt ihre Wirtshaus-Küche meist allein

Die äußerst geschäftstüchtige Paula, verwitwet, führt einen Kiosk nahe den Großmarkthallen. Sie ist bekannt für ihre Weißwürste. Ein florierendes Geschäft, wäre da nicht ihr lästiger Standplatznachbar, der Lüngerl. Er macht seiner Konkurrentin das Geschäftsleben derart schwer, dass sich Paula letztendlich zur Übernahme der Wirtschaft im Schlachthof entschließt. So wird Paula Wirtin, tauft ihr Wirtshaus "Zur Freiheit“ und bekocht in gewohnter Qualität ihre Gäste und ihre Stammkunden, die Metzger des gegenüberliegenden Schlachthofs.

Zu Paulas engstem Kreis gehören ihre beiden Kinder Gerti und Hanse. Mit Gerti gibt’s oft Streit. Sie fühlt sich gegenüber Hanse zurückgesetzt. Hanse hingegen ist Mamas Liebling, Student der Theaterwissenschaft, Lebenskünstler und dem Glücksspiel verfallen. Und dann gibt es noch den Kometen-Sepp. Er ist immer an Paulas Seite, hält den Laden zusammen, fasst mit an und hat das Schlachthofviertel stets im Blick.

Hanse und Felix kennen sich eigentlich von früher, jetzt verbindet sie eher der Zweck.

Fast schon familiär verbandelt ist auch die alte Freundesclique von Gerti und Hanse: die Radl-Anni, der Solo, der Paragraphen-Fritze – sie alle profitieren von Paula, stehen ihr aber auch stets zur Seite. Ein fleißiges Geben und Nehmen halt. Das gilt auch für die Gefährten wie die Brieftaub‘n, den Bestatter Nagel oder das Fräulein Sieglinde.

Aber was wäre das Wirtshaus ohne die Metzger aus dem Schlachthof gegenüber? Sie sind Stammgäste, das Wirtshaus ist quasi ihre Kantine. Sie sorgen für einen guten Umsatz und speisen schon in den frühen Morgenstunden ihre ersten Würste. Angeführt werden sie von Felix, der zu seinem Leidwesen von seinem Vater, dem alten Summerer, den Metzger-Chefposten quasi vererbt bekommen hat und der Paula das Leben schwer macht.

Anarchisch, skurril

Die Geschichten der einzelnen Episoden drehen sich um den Wirtshaus-Alltag, Ereignisse im Viertel, um die Liebe, das Laster, um Familie und Freunde, um Zusammenhalt und Auseinandergehen, um Glück und Abgründe, um Stärke, Aufgeben und um die Freiheit, so wie sie jeder für sich selbst definiert.

"Zur Freiheit"

Drehstart: 1986
Erstausstrahlung im Bayerischen Fernsehen: 1987/88
44 Folgen
Mehrfach ausgezeichnet: u.a. 1989 "Adolf Grimme-Preis mit Silber" für Franz Xaver Bogner als Autor und Regisseur und Ruth Drexel als "Paula" – stellvertretend für das gesamte Team; 1988: tz-Rosenstrauß des Jahres für "Zur Freiheit"; 1997 "Goldener Gong" für Bogner (Buch und Regie)

Warum die Freiheit "Zur Freiheit" heißt, erfährt der Zuschauer gleich in der zweiten Folge: dem illegalen Glücksspiel verfallen, wird Hanse nach einer Glücksspielrunde verhaftet und kommt ins Gefängnis. Paula muss ihn auslösen: "Es ist deine Freiheit. Und die hat mich eine Menge gekostet".

Gertis Zockerstube im ersten Stock

Im Mittelpunkt steht immer das Geld in unterschiedlichen Erwerbsvarianten: Erben, Arbeit, Immobilien und besonders das Glücksspiel. Paulas Kinder haben die Veranlagung von ihrem verstorbenen Vater geerbt.
Ob klassisch oder virtuos, auf alles wird gewettet: auf flackernde Glübirnen, auf tropfende Wasserhähne oder wann wohl die erste nackte Frau die Gaststube betreten wird. Ein sehr fragiles System, das immer Anlass zu schrägen Geschichten gibt.

Intensiv recherchiert und liebevoll abgebildet

Es ist eine Milieustudie von Franz Xaver Bogner, hochkarätig besetzt, eine Liebeserklärung an das Viertel und seine Bewohnerinnen und Bewohner.

Genau diese Figurenzeichnungen machen die Serie "Zur Freiheit" einzigartig. Ottfried Fischer ist hier nach "Irgendwie und Sowieso" in einer weiteren großen Serienrolle für den BR zu sehen. Für Ernst Hannawald entwickelt Regisseur Bogner eigens die Rolle des Solo. Der Schauspieler musste kurz vor Drehbeginn einen gewaltigen Schicksalsschlag wegstecken. Bei einem Autounfall verlor er seine Freundin und zwei weitere Freunde, er selbst war schwer verletzt. Bogner hat Hannawald die Rolle des "James Dean vom Schlachthof" geschrieben, um ihm nach dem traumatischen Unfall wieder Halt zu geben.
Bogner interessieren die kleinen Leute und ihr Alltag, ihre Wünsche und Träume. Oft steckt Philosophisches, manchmal Melancholisches in den Gegebenheiten und Dialogen. Mitunter sind die Situationen skurril, zum Lachen komisch, trotzdem nie lächerlich.

"Regisseur Franz Xaver Bogner versteht es wie kaum ein anderer, das Anarchistische, Aufmüpfige, Dickschädelige, Hinterfotzige und Gscherte im Bayerischen unterhaltsam abzubilden – bar jeder Tümelei, fernab jeglicher Heimatklischees, dafür mit Herz, Verstand und – ja, auch das – Stolz."

Donaukurier, 12. April 2007

Kulturstätte im Schlachthof

"Zur Freiheit" drehte Bogner für den Bayerischen Rundfunk kurze Zeit nach seiner Erfolgsserie "Irgendwie und Sowieso". Der Übergang sei nahtlos gewesen, erzählt der Regisseur 2007 dem Donaukurier. "Im Grunde genommen sind wir nur die paar Kilometer vom Ebersberger Forst nach München reingefahren – um an einem anderen Ort, mit demselben Gefühl für Freiheit und Eigensinn, neue Geschichten zu erzählen."

Ottfried Fischer war auch noch im Anschluss viele Jahre lang eng mit der "Freiheit", dem Wirtshaus im Schlachthof, verbunden. Von 1995 bis 2012 produzierte der Bayerische Rundfunk dort Ottis Schlachthof, eine Kult gewordene Mischung aus Kabarett, Stammtisch und Musik. Seit 2013 sendet der BR von dort die bayerische Kabarettsendung "schlachthof" mit Michael Altinger und Christian Springer.

Ein paar Lebensweisheiten aus der Freiheit

  • "So genga die Gang."Kometen-Sepp
  • "Ein Komet ist eigentlich was aus dem System ausbricht, was nicht dazugehört. Oder täusch ich mich da?" – der alte Summerer zum Kometen-Sepp "Ein Komet ist die Ausnahme, der die Regel bestätigt und gehört somit wieder zum System." Kometen-Sepp
  • "Prinzipien sind ewig, das Leben ist kurz. Das weiß ich als Totengräber besser."Bestatter Nagel
  • "Alles eine Frage der menschlichen Größe und dazu hast du doch sämtliche Anlagen."Paula zu Felix
  • "Masseurin ist Alpha und Omega der Kausalkette."Kometen-Sepp über Masseurin Ute
  • "Aber Kleinkunst im Schlachthofviertel, hört sich das nicht a bisserl komisch an? Ich mein, da ist die Kunst ja so klein." Solo zu Hanses Plänen, die Kunst in den Schlachthof zu bringen
  • "Den schreibst du ned als Verlust ab, der bleibt dir."Gerti zu Paula, die aus Steuergründen überlegt, den Kometen-Sepp zu heiraten
  • "Seppi, weißt du, was das Problem mit dir ist? Du bist manchmal so wahnsinnig blöd und manchmal so wahnsinnig schön. Muas des so sei, sag!" – Radl-Anni zum Metzger-Seppe

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