Preis für die Azubis "Technisch einwandfreies Low-Budget-Juwel"
Die Auszubildenden des BR haben beim Jugendfilmfestival "flimmern&rauschen 2017" in München den ersten Preis gewonnen. Ausgezeichnet wurden sie für die dreiminütige Plansequenz ohne Schnitte "Der Teufel trägt Fucci" in der Kategorie "Filme von 22- bis 26-Jährigen".
"'Der Teufel trägt Fucci' überzeugt als ironisch überzeichnetes und technisch einwandfreies Low-Budget-Juwel, das den bösen Materialismus mal ordentlich auf die Schippe nimmt und einfach Spaß macht."
Begründung der Jury
In Zusammenarbeit mit der Ausbildung der Mediengestalterinnen und Mediengestalter Bild und Ton, der Film- und Videoeditorinnen und -editoren und der Fachkräfte für Veranstaltungstechnik unter der Leitung von Anja Caninenberg entstand in einem siebentägigen Workshop die vierminütige Plansequenz "Wie Studenten Geld verdienen".
Über den Preis
"flimmern&rauschen" ist das älteste Jugendfilmfestival Deutschlands. Es bietet jedes Jahr einen Einblick in das kreative Schaffen junger Filmemacherinnen und Filmemacher aus München.
Der Film ist Teil des Netzangebots im Campus Magazin mit dem Schwerpunkt "Studienfinanzierung" - thematisch drehte sich im Dezember in der Sendung und im Onlineangebot alles ums Geld.
Making of "Plansequenz"
Das Kooperationsprojekt bestand aus einer theoretische Einführung mit vielen Filmbeispielen, Animationen zur Kameraführung und Erarbeitung eines gestalterischen und dramaturgischen Konzepts bei dem die Auflösung der Szenen vor der Kameraarbeit erstellt werden musste, da sich eine nachträgliche Montage durch den Schnitt in diesem Falle verbietet.
Es folgten Proben in der Bauhalle in Unterföhring und schließlich die alles entscheidende Aufnahme in einer einzigen Einstellung. Ein spannendes Unterfangen! Im BR und sogar innerhalb der ARD ist ein solches Plansequenz-Projekt innerhalb der Ausbildung ein Novum.
Was ist eine Plansequenz?
Die Grundlage dafür wurde 1894 mit der Einführung des bewegten Bildes durch die Gebrüder Lumière, zweier französischer Foto- und Filmpioniere, geschaffen. Sie gestalteten einen Film in einer einzigen Aufnahme, jedoch mit unterschiedlichen Einstellungsgrößen – eine so genannte "plan séquence". "Plan" bedeutet im Französischen "Einstellung", die "plan séquence" ist demnach eine "in einer Einstellung“ realisierte Szene. Der Begriff hat also zunächst nichts mit "Planung" zu tun. Jedoch erfordert die Produktion einer solchen Szene sehr wohl eine detaillierte Vorbereitung.
Das Innovative: Filme zu drehen unter Verzicht auf den Schnitt
Die Bedeutung einer Plansequenz-Szene entsteht aus Bewegung innerhalb der Einstellung und nicht aus der Bewegung von Einstellung zu Einstellung im Unterscheid zur klassischen Filmmontage. Die Plansequenz kann eine Situation oder einen Ausschnitt aus dem Raum-Zeit-Kontinuum darstellen, aufgelöst in mehrere Einstellungen. Diese wiederum entstehen durch das Agieren der Kamera ohne anschließende Filmmontage.
Plansequenzen lassen sich sehr gut für die dramaturgische Gestaltung von Reportagen, aber auch Magazinen einsetzen, indem sie durch die interessante Bildgestaltung die Filme innovativ bereichern können.
"Bei der Vorbereitung des Plansequenz-Workshops kam mir die Idee, dass dieses innovative Projekt, von unseren Azubis gestaltet, perfekt zu dem trimedialen Format Campus Magazin passen würde, indem für junge Zielgruppen relevante Themen in ansprechender Form umgesetzt werden. Auf diese Weise entstand eine Synergie zwischen Ausbildung und Redaktion."
Anja Caninenberg, Filmeditorin und Dozentin der Ausbildung
Berühmte Vorbilder
In vielen Filmen finden sich Beispiele für Plansequenzen, die allerdings meistens nur zwischen drei und zehn Minuten Länge variieren. Es gibt aber auch Filme, die in einer einzigen Einstellung realisiert wurden, zum Beispiel
- "Rope" von Alfred Hitchcock, USA 1948
- "Russian Ark" von Alexander Sokurov, Rus/Deutschland 2002
Alejandro Inarritu hat 2014 ebenfalls einen ganzen Film - "Birdman" - als Plansequenz angelegt. 2015 schuf Sebastian Schipper mit "Victoria" einen Film von über zwei Stunden Länge, der keinen einzigen Schnitt aufweist.
Diese Film-Beispiele enthalten berühmte Plansequenzen sind aber sonst geschnitten:
- "Touch of Evil" von Orson Welles, USA 1958, ist berühmt für seine Plansequenz am Anfang
- "Weekend" von Jean Luc Godard, FR/IT 1967, enthält mehrere Plansequenzen bis zu 7,5 Minuten
- "Stalker" von Andrei Tarkowski, RUS 1979, enthält insgesamt 25 Plansequenzen mit einer maximalen Länge von 6,5 Minuten
Auch Filme anderer bekannter Regisseure wie Brian de Palma, Martin Scorsese, Robert Altman, Quentin Tarantino, Paul Th. Anderson enthalten Plansequenzen.