Jubiläum 70 Jahre Sendestation am Wendelstein
Am 6. November 1954 hatte das Fernsehen in Bayern Premiere: Am Sender Wendelstein ging das Deutsche Fernsehen auf Sendung. Der höchstgelegene BR-Standort ist einer der reichweitenstärksten Grundnetzsender des bayernweiten Sendernetzes und immer wieder auch Vorreiter technologischer Neuerungen im Rundfunk.
Als das Fernsehen nach Bayern kam, errichtete der Bayerische Rundfunk zuerst ein eigenes Stationsgebäude. Der weithin sichtbare Antennenmast steht ca. 100 m höher im Gipfelbereich. Dazwischen steiler Fels.
Am Berg waren schwierige und aufwändige Baumaßnahmen zu bewältigen: Neben dem Transport von Baumaterialen für das Gebäude mussten tonnenschwere Sende- und Hochspannungs-Kabel verlegt werden. Erst nach drei Wochen Schwerstarbeit gelang es, die ausgerollten Kabel auf Holzschlitten über die Gleise der Zahnradbahn mit Hilfe zweier Zugmaschinen hochzuziehen. Auf dem letzten Steilstück vom Stationsgebäude zum Antennenträger auf dem Gipfel wurden die Kabel anschließend über eine hölzerne Rutsche in dem in mühsamer Handarbeit gehauenen Kabelgraben gezogen.
Von Schwarz-Weiß Fernsehen bis HDTV
Technologisch gehörte der Wendelstein schon mit dem Fernsehstart immer zu den ersten Standorten, an dem entscheidende technische Innovationen getestet und eingeführt wurden: Bei UKW ist 1966 die Stereophonie eine bahnbrechende Innovation, mit Robert Lembkes Sendung "Was bin ich" ist am 29.8.1967 in Bayern die erste TV-Sendung in Farbe zu sehen, vier Tage nach dem legendären Knopfdruck durch Willi Brandt auf der internationalen Funkausstellung. Hier starteten auch die ersten bundesweiten Versuche zu Mehrkanaltonsendungen, Videotext, PALplus und zum Breitbildformat 16:9. Viele Neuerungen im Rundfunkbereich wurden von hier aus ausgerollt, auch wenn so manches davon schon wieder der Vergangenheit angehört oder einfach zum Standard geworden ist.
Meilenstein: Digitalisierung der Terrestrik
Die Digitalisierung läutete dann 50 Jahre später das Ende der analogen TV-Ära in der Terrestrik ein: 2005 löste in Bayern das digitale Antennenfernsehen DVB-T den analogen Vorläufer PAL im fliegendem Wechsel ab. Das bedeutete vor allem, dass mit der neuen Technologie mehr Fernsehprogramme über Antenne empfangbar wurden. Der Wendelstein-Mast erhielt dafür eine neue TV-Antenne, die von Spezialfirmen per Hubschrauber zentimetergenau platziert und in luftigen Höhen montiert wurde.
2017 ersetzte DVB-T2 dann den digitalen Vorläufer und bot den Zuschauern eine nochmals erweiterte ProgrammvieIfalt und HD-Qualität. Dass am Sender Wendelstein im Zusammenspiel mit dem Sender Ismaning die ersten Teststellungen mit 5G Broadcast für eine weitere Zukunft der Fernsehterrestrik durchgeführt wurden, ist daher auch nur konsequent.
Radio für Oberbayern
Doch vor dem Fernsehen war schon das Radio: Bereits ab 1950 strahlte der BR ein erstes UKW-Programm aus dieser exponierten Lage mit einer überragenden versorgungstechnischen Reichweite in Oberbayern aus. Dafür reichte anfangs noch eine kleinere Sendeanlage - bis das Fernsehen-Zeitalter kam!
Auch das Radioangebot hat sich in den 75 Jahren, seit es den BR gibt, stark erweitert und verbessert. 1995 wurde hier das digitale Hörfunksystem DAB im Rahmen der bayernweiten Pilotphase gestartet und 1999 in den Regelbetrieb überführt. Zu den UKW-Programmen kamen neue digitale Radioprogramme hinzu. Inzwischen sind alle bayerischen UKW-Programme auch via DAB+ verfügbar. Heute versorgt der Wendelstein sein Sendegebiet mit über 50 öffentlich-rechtlichen und privaten Radioprogrammen auf DAB+, die von hier über fünf Kanäle (5C, 7A, 10 A, 11D, 12D) abgestrahlt werden.
2013: Schwelbrand am Sendemast
Große Aufregung erlebte das Wendelstein-Team am Abend des 24. April 2013: Aufgrund eines Schwelbrandes fiel die Radio- und TV-Übertragung am Wendelstein für mehrere Stunden aus. Das Feuer brach im 100 m höher gelegenen Sendemast im Gipfelbereich aus und nicht im Sendegebäude. Dank der Wendelstein-Bergbahn waren Feuerwehr mit Gerätschaften in kürzester Zeit vor Ort, um den Brand zu löschen. Zum Glück kamen keine Menschen zu Schaden. Für den BR hatte nach der Brandbeseitigung die Wiederherstellung der Sendefähigkeit erste Priorität und in den frühen Morgenstunden waren alle Programme wieder auf Sendung. Die Menschen konnten am nächsten Tag wieder Radio hören und fernsehen.
Überwachungs- und Störungszentrale
Der 1.838 Meter hohe Berg spielte für die Fernseh- und Radioversorgung in Bayern also häufig eine herausragende Rolle. Seit 2011 hat die Servicezentrale für das gesamte Sendernetz des Bayerischen Rundfunks hier ihren Sitz: Im Schichtbetrieb wird die Übertragung der Radio- und Fernsehprogramme des Bayerischen Rundfunks rund um die Uhr überwacht.