Mobile Studios Hörfunk Zwei für alle Fälle
Ihr Arbeitsplatz ist der EU-Sondergipfel in Rom oder der G7-Gipfel in Taormina. Florian Rüb und Tim Rödel sorgen hier und bei anderen Großveranstaltungen dafür, dass bei den Radio-Liveübertragungen alles glatt läuft.
Die Herren der Ministudios
Während US-Präsident Donald Trump vor mehreren Wochen beim G 7-Gipfel in Taormina/Italien politisch für viel Trubel gesorgt hat, haben zwei Männer des Bayerischen Rundfunks gewohnt zuverlässig für die technische Stabilität der ARD-weiten Radioübertragung gesorgt. Florian Rüb und Tim Rödel, das BR-Team für Großveranstaltungen Hörfunk, waren mit technischen Equipment, der Hardware, und mobilen Ministudios vor Ort. "Sie waren praktisch das Rückgrat im Hintergrund: seriös und betriebssicher", sagt Jörg Teufel, Leiter der Fachgruppe "Mobile Produktion".
Dafür haben Florian Rüb und Tim Rödel in den vergangenen Jahren getüftelt und einiges entwickelt, damit die Reporter des BR und weiterer ARD-Anstalten bei Großveranstaltungen wie G7 Gipfel, Sicherheitskonferenz in München, Politischer Aschermittwoch in Passau oder EU-Gipfel in Malta zu ihrem Einsatz kommen. Die beiden Tontechniker sind mit dem technischen Equipment jeweils vor Ort und bauen mobile Studios auf. Wenn der Reporter so ein Studio betritt, dann kann er mit seinem Laptop sofort mit der Arbeit beginnen. Er kann entweder live senden oder einen Beitrag einsprechen, schneiden und sofort an seinen Sender schicken. Für die Recherche steht ihm sowohl das Internet als auch das BR-Intranet zur Verfügung, Fotos bearbeiten kann er auch. Bei technischen Problemen stehen dem Reporter Rüb und Rödel mit ihrem technischen Knowhow zur Seite.
Alles unter Kontrolle
Besucht man die zwei Tüftler an ihrem Arbeitsplatz, übrigens ein ehemaliges Tonstudio im Münchner Funkhaus, dann ist man von der Anzahl der technischen Geräte und der vielen Zeichnungen und Baupläne für ihre nächsten Einsätze zutiefst beeindruckt.
Damit bei den großen Live-Radioübertragungen alles nach Plan läuft, bauen sie bereits im Funkhaus die notwendige Hardware in so genannte "Cases" zusammen und gehen die Pläne der Veranstaltungsräume für die notwendige Kabelverlegung und die sonstigen technischen Anforderungen durch. Schließlich ist Vorbereitung für sie alles: "Wir versuchen das System so zu gestalten, dass 95 Prozent schon vorgegeben sind. Dann geht es vor Ort nur noch um die Feinjustierung", sagt Florian Rüb. Oder um es mit den Worten seines Kollegen Tim Rödel auszudrücken: "Es ist immer noch das Sahnehäubchen,das wir darauf setzen – aber der Kuchen steht schon." Dennoch hat es ihre Arbeit bei einem Einsatz wie in Taormina in sich: "Wir müssen vorab die gesamte Veranstaltung bis einschließlich der Landung zurück in München durchgedacht, geplant und organisiert haben. Denn Unwägbarkeiten vor Ort gibt es genug", sagt Rüb.
Klein, handlich und stark
Es gilt neben mehrern Servern, digitalen Studios und der IT-Infrastruktur auch die Audiotechnik vor Ort in Betrieb zu nehmen. Die kleinen Sendestudios, aus denen die Radiobeiträge live oder auch zeitversetzt übertragen werden können, werden aus Kostengründen vor Ort mit Messestellwänden realisiert (siehe Foto). Insgesamt gehe es querbeet um verschiedene Aufgaben: "Welcher Reporter wann kommt, die zeitliche Planung generell, ein bisschen Technik obendrauf, ein bisschen Reporter betreuen, zur Not etwas schneiden und viel, viel Kommunikation", erklärt Tim Rödel und ergänzt: "Fast die Hälfte der Arbeit besteht darin, mit Leuten zu telefonieren und zu sagen, ich brauche wirklich so eine Leitung und keine andere. Und ich brauche sie um die und die Uhrzeit und nicht drei Tage später, wenn der Gipfel vorbei ist. Die Spedition sollte um 10 Uhr kommen und nicht um 12 Uhr, denn wir sind knapp an Zeit." Doch wenn die Reporter eintreffen, dann sind Rüb und Rödel startklar: Mehrere Redakteure können vor Ort mit der notwendigen Technik in ihren Ministudios versorgt werden.
Der Geistesblitz und die Vollendung
Diese mobilen, technischen Studioeinheiten hat das Duo erst vor einigen Jahren selbst zusammengestellt. "Denn wir haben uns bis dahin für jedes Event neu erfunden. Das ist Blödsinn. Wir müssen dafür sorgen, dass wir die notwendige Technik direkt da haben und sie kurzfristig warten können – und wir brauchen Platz dafür", erklärt Tim Rödel den Anfang ihres Umbaus. Kräftig unterstützt wurden sie von ihrem damaligen Gruppenleiter Otto Schreyer, der ihnen bei Raum- und Mittelbeschaffung half, um "einfach vernünftig von vorne anzufangen". Das erste Ziel war es, mit der neuen Technik beim Katholikentag in Regensburg zu starten und das zweite Ziel: der G7-Gipfel in Garmisch-Partenkirchen. "Mittlerweile kann uns nichts mehr erschrecken", sagt Rödel und lacht.
Mit viel Unterstützung im BR und auch mit der Möglichkeit, selbstständig zu handeln und zu entscheiden machten sie sich ans Werk. "Wenn man in einem zwei Meter Mal zwei Meter großen Kasten sitzt, dann wird es da drin schnell heiß, denn die Abwärme von Servern ist recht hoch und die Lautstärke auch. Wir wollten, die Wärme und den Krach soweit wie möglich reduzieren, und trotzdem viel handeln können", sagt Florian Rüb. Das Ergebnis: kleine mobile Module. Früher konnte zum Beispiel ein Rechner 2 bis 4 Mitschnitte gleichzeitig machen, heute gehen problemlos 30 - und das bei weniger als der Hälfte des Gewichts. Damit sei "die Packungsdichte" beim BR recht hoch. "Kleinere, leichtere Geräte sparen Strom und Gewicht und damit Kosten", erzählt Rüb. Seit diesem Zeitpunkt mögen es die zwei leicht und mobil.
Ihr Können ist gefragt
Und so folgte der erste Einsatz mit den neuen Modulen 2014 beim Katholikentag in Regensburg. Mit zwei betreuten Live-Studios und zwei unbetreuten, Selbstfahrer-Kabinen, versorgten sie 40 Reporter vor Ort. Tim Rödel ergänzt: "Das heißt nur Laptop, Kopfhörer und Mikrofon – reinsetzen, reden, fertig und wieder gehen!" Damit war die Feuertaufe bestanden. Der Reporter habe sich einfach auf seinen Platz setzen können und gewusst, da sind Menschen, die bei Fragen zur Technik helfen können. Rödel betont, bei solchen Veranstaltungen sei es wichtig, einen Ansprechpartner zur Unterstützung zu haben. "Das ist eine ganz tolle Technik, die sie da entwickelt haben," lobt deren Leiter Teufel und bestätigt, dass ihr Können gefragt und ihre Arbeit bei den anderen ARD-Anstalten hoch angesehen ist. "Wichtig ist, dass sich unsere Kundschaft wohlfühlt", sagt Rüb und erklärt: "Denn wer sich gut fühlt, der kommt auch gerne wieder. Die Beiträge der Reporter werden stressfreier gemacht, und damit ist ihre Qualität besser." So verlief auch in Taormina alles "zur höchsten Zufriedenheit aller Redaktionen, auch derer die nicht vom BR kamen", weiß deren jetziger Chef und Leiter Jörg Teufel. Und das nächste Ziel für das Dreamteam steht auch schon fest: Die Reise geht als Produktionshilfe für den NDR zum Festival "Soundcheck Neue Musik" nach Göttingen. Ein bisschen Pause von der Politik schadet ja nicht.