Unternehmen


39

Von Geisterfahrern und Elefanten Die BR-Verkehrsredaktion

Ralf Flörke ist sowas wie ein Fluglotse für den Straßenverkehr. Als Redakteur der BR-Verkehrsredaktion muss er die aktuelle Verkehrslage ständig im Blick behalten. Ein Job, bei dem man sich keinen Fehler erlauben darf und der ständige Präsenz erfordert.

Von: Christine Lehner

Stand: 28.09.2016

Ralf Flörke, Verkehrsredaktion BR | Bild: BR/Christine Lehner

Hochkonzentriert verfolgt Ralf Flörke die ankommenden Meldungen auf den Computer-Bildschirmen. Sechs Monitore hat der Verkehrsredakteur zu überwachen. Im Sekundentakt laufen bei ihm Meldungen über die bayerischen Straßen ein, tausende pro Tag, darunter rund 1.400 allein von der Polizei. Eine gewaltige Menge, die es zunächst einzuordnen und dann zu verschicken gilt: Zu den Moderatoren der BR-Wellen, auf die BR-Verkehrsseiten im Netz oder zum BR Text, aber auch zu den Navigationsgeräten der bayerischen Autofahrer. Denn auch sie sind mit der BR-Verkehrszentrale verbunden.

Journalistisches Fachwissen

Weil der Verkehr nie schläft, ist die Verkehrsredaktion vierundzwanzig Stunden am Tag besetzt und das 365 Tage im Jahr. Vierzehn Kollegen sind im Wechsel in einer Schicht tagsüber sogar zu zweit: Zum einen am sogenannten "Quellenplatz", an dem die Verkehrsmeldungen einlaufen und weiterverarbeitet werden; zum anderen am "Daten- und Rechercheplatz", an dem ein Mitarbeiter den Wellen des BR - mit Ausnahme von BR-Klassik und Puls - wichtige Hintergrundinfos liefert. Genau das zeichnet die Verkehrsredaktion des Bayerischen Rundfunks aus: Die Redakteure arbeiten nicht nur als Dienstleister, sondern auch als Journalisten. Als "Verkehrsexperten" stehen sie den Wellen Bayern 1, Bayern 2, Bayern 3, B5 aktuell sowie den Kanälen Bayern Plus und BR Heimat zum Talk oder zum Expertengespräch bereit, machen Aufsager, schätzen die Verkehrslage bei Großveranstaltungen ein oder geben Tipps zum besseren Durchkommen in der Ferienzeit.

Daniela Rembold, Koordinatorin der BR-Verkehrs-Redaktion

"Unsere Stärke ist die Kombination von digitalen Ausspielwegen und der redaktionellen Veredelung von Verkehrsmeldungen. Die digitalen Ausspielwege geben uns die Möglichkeit, eine immer größere Menge von Verkehrsmeldungen multimodal an unsere Nutzer zu bringen. Verkehrsfunk dagegen ist ein redaktionelles Angebot. Die Verkehrsredakteure bewerten Meldungen, wählen aus und reichern die Meldungen mit Rechercheergebnissen an. Die Verkehrsübersichten werden dann in unterhaltender Form präsentiert. Das ist ein Servicepaket, das kein digitaler Dienst ersetzen kann."

Daniela Rembold, Koordinatorin der BR-Verkehrs-Redaktion

Chaos bei Wettereinbruch

Der Job verlangt nicht nur journalistisches Handwerk, sondern auch gute Ortskenntnisse. Diese wüchsen mit der Erfahrung, meint Flörke: "Man kennt sich in Bayern aus, ohne je vor Ort gewesen zu sein. Wenn man dann auf der Autobahn unterwegs ist und die Schilder liest, denkt man dann oft, ach, den Ort kenne ich vom Verkehrsfunk", erzählt Ralf Flörke. Seit 12 Jahren arbeitet er in der Verkehrsredaktion. Er behält auch in stressigen Zeiten den Überblick, bleibt ruhig, auch wenn das totale Verkehrschaos ausbricht. "Das passiert vor allem dann, wenn sich das Wetter ändert.  Bei plötzlichem Schneefall zum Beispiel oder bei Regen. Da kann ganz Bayern plötzlich nicht mehr Autofahren", sagt er augenzwinkernd.

Arbeit mit neuester Technologie

Die Verkehrsmeldungen, die bei Ralf Flörke einlaufen, stammen aus unterschiedlichen Quellen. Zum einen sind es die Polizeidirektionen selbst, die Verkehrsstörungen melden, zum anderen der ADAC, aber auch Hörer wie die "Bayern-Driver".

Ralf Flörke, Redakteur der BR-Verkehrsredaktion

Seit 2014 liefert auch der Navigationsdienstleister TomTom Daten zu. Durch einen ermittelten Richtwert aus Geschwindigkeit und Strecke kann minutengenau die Verlustzeit aufgrund eines Staus gemessen werden. Zudem ist die Verkehrsredaktion auf dem neuesten Stand der Technik: Wenn ab 2017 neue Navigationsgeräte auf den Markt kommen, die Verkehrsstörungen punktgenau anzeigen können, wird die BR-Verkehrsredaktion in der Lage sein, diese über DAB+ bedienen zu können.

Wenn eine Gefahren- oder gar eine Falschfahrermeldung einläuft, muss schnell gehandelt werden. "Wenn alles glatt läuft, vergehen von der eingehenden Polizeimeldung bis zur verlesenen Falschfahrermeldung keine 30 Sekunden," erklärt Flörke. Sekunden, die Leben retten können. Wie im Fall einer Bayern 3-Hörerin. Die Frau hatte in den Bayern 3-Verkehrsnachrichten von einem Geisterfahrer auf ihrer Strecke gehört, fuhr langsamer – als ihr im selben Moment der Geisterfahrer entgegenkam. Die Meldung hatte ihr das Leben gerettet. Erleichtert rief die Frau bei Bayern 3 an, um sich persönlich zu bedanken. "So etwas sind schöne Geschichten, die passieren. Da freut man sich natürlich," sagt Flörke. Erschreckend: Im Schnitt gehen ein bis zwei Geisterfahrermeldungen pro Tag in der Verkehrsredaktion ein. Im Jahr 2015 waren es ganze 563.

"An einem Tag hatte ich gleich sechs Geisterfahrer. Doch das ist zum Glück ganz selten."

Ralf Flörke

Elefanten auf der B11

Ganz und gar nicht selten sind dagegen die Kuriositäten, die sich auf den Straßen befinden. "Kamele, Büffel oder ein Vogel-Strauß, es gibt nichts, was nicht schon einmal auf der Straße war", erinnert sich Daniela Rembold, Koordinatorin der Verkehrs-Redaktion. Eine Meldung hat sie noch ganz genau vor Augen: "Uns wurde gemeldet, dass Elefanten auf der B11 bei Wolfratshausen gesichtet worden seien. Da zu dieser Zeit in der Nähe ein Zirkus gastierte, war die Polizei natürlich in höchster Alarmbereitschaft, da man vermutete, dass die Tiere eventuell ausgebrochen sein könnten. Doch dann hat sich herausgestellt, dass einer der Zirkusleute mit seinen Elefanten spazieren gegangen ist, und zwar nicht auf der Straße, sondern nur nebenher. Das hat die Leute natürlich trotzdem ziemlich erschreckt."

Digitale Verbreitungswege der BR-Verkehrsmeldungen

  • über die Bayern3-App
  • im Netz unter www.br.de/nachrichten/verkehr
  • über UKW als TMC codierbare Verkehrsmeldungen
  • über DAB+ als TPEG Meldungen
  • auf eigenem BR-Verkehrskanal in DAB+
  • über BR Text

Spaß am Beruf trotz harter Arbeit

Doch nicht nur um Verkehrsmeldungen zu Straßenstaus, Blockierungen oder liegengebliebenen Gegenständen kümmert sich die Verkehrsredaktion. Die Redakteure haben auch die Bahn, die Flughäfen sowie S-und U-Bahn im Blick. Auch für allgemeine Warnungen wie etwa Hochwasser oder Sturmschäden sind sie zuständig. Sogar für Vermissten- und Fahndungsmeldungen und witterungsbedingte Schulausfälle. So ein intensiver Dienst, der keine Pause zulässt, macht ganz schön zu schaffen. "Ich weiß nie, was an diesem Tag passiert. Jeder Tag ist neu und besonders. Abends bin ich immer ganz schön fertig. Aber die Mischung aus Verkehrsinformation und journalistischer Arbeit macht mir sehr viel Spaß". Ralf Flörkes Lieblingsverkehrsmeldung ist übrigens die, in der der Ort "Lederhose" vorkommt.


39