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Von Annaberg über die Zwieselalm zum Gosausee Wandern auf Sisis Spuren im Tennengau

Am 10. September vor 125 Jahren wurde Kaiserin Elisabeth von Österreich am Genfer See ermordet. Zeitlebens schon eine Legende, wurde sie dann später durch die Filmtrilogie mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm zur zuckersüßen Ikone der Donaumonarchie, ungeachtet vieler unbequemer Fakten.

Von: Andrea Zinnecker

Stand: 09.09.2023

Von Annaberg über die Zwieselalm zum Gosausee | Bild: BR; Andrea Zinnecker

Unbestritten ist, dass Sisi sehr sportlich war, man könnte auch sagen eine „Extremsportlerin“ ihrer Zeit: eine sehr gute Turnerin, eine brillante Reiterin und ein ausgesprochener Bergfex. Dass ihre Hofdamen auf den ausgedehnten Wanderungen und Bergtouren mit ihr kaum Schritt halten konnten, ist ebenfalls verbürgt. Besonders gut hat Sisi das Gebiet der Zwieselalm im Tennengau gefallen, mit Blick hinab zum malerischen Gosausee und hinüber zum Dachstein-Gletscher. Im kleinen Ort Annaberg-Lungötz im Tennengau wird den Sommer über jeden Donnerstag eine geführte Tour auf Sisis Spuren zur Zwieselalm-Hütte angeboten.

Hüttenwirt Sepp Gressl und Guide Georg Bergschober

Die Zwieselalm ist zusammen mit der Riedlkaralm ein welliges, teilweise auch steiles, aber äußerst aussichtsreiches Almplateau zwischen dem salzburgischen Lammertal und dem oberösterreichischen Gosautal. Georg Bergschober, Wanderguide und Tourismuschef von Annaberg-Lungoetz führt die Tour auf den Spuren von Sisi und erzählt, dass mit der Sommerfrische des Kaiserhauses in Bad Ischl das Salzkammergut dann auch von den Städtern, vor allem aus Wien, entdeckt wurde, somit der Tourismus in Gang kam und auch die Kaiserin auf das Gebiet der Zwieselalm aufmerksam wurde. Die urig-windschiefe Zwieselalm-Hütte ist schon gut 300 Jahre alt, das Übernachtungs-Haus daneben an die 250 Jahre. Wettergegerbte Holzschindeln, weiße Vorhänge, rote Geranien - Bergromantik wie in den legendären Sisi-Filmen. Zur Zeit der Kaiserin war die Zwieselalm touristisch noch nicht erschlossen. Aus dem Gosautal führte nur ein Jagdsteig hinauf, der auch von den Bauern und Holzknechten genutzt wurde, für die es damals schon eine Übernachtungsmöglichkeit auf der Zwieselalm gab.

Übernachtet wird im Zwieselalm-Haus

Die 1440 Meter hoch gelegene Zwieselalm-Hütte ist im Familienbesitz und Sepp Kressl der Wirt in fünfter Generation. Nahe der Hütte duftet es herrlich nach Rauch, auf dem Holzfeuer draußen schmurgelt im Reindl ein Schweinsbraten. Sepp Kressl ist gelernter Metzger – Speck, Käsekrainer und Bratwürste sind somit hausgemacht. Ob der Schweinsbraten auch Sisi geschmeckt hätte? Die Kaiserin hatte jedenfalls immer ihre Köchin dabei, wenn sie vom Gosauschmied im Gosautal auf die Zwieselalm gestiegen ist – zu Fuß, denn zum Reiten waren die Steige nicht geeignet. Sisis Köchin allerdings musste angesichts ihrer Leibesfülle hinaufgetragen werden, sie hätte den gut vierstündigen Aufstieg nicht aus eigener Kraft bewältigt. Auch das Kochen auf einem offenen Holzfeuer war für sie ungewohnt, weshalb vom Kaiserhaus dann ein Holzofenherd für die Zwieselalmhütte angeschafft wurde. Bis heute wird hier auf einem mit Holz befeuerten Herd gekocht, obwohl es längst Strom gibt.

Das Sisi-Zimmer im 1. Stock

Immer wieder ist die Zwieselalmhütte das Ziel von Sisi-Fans, sagt Sepp Kressl. Zehn bis 15 Besucher pro Woche sind keine Seltenheit und es werden immer mehr. Vor allem niederländische und deutsche Urlauber sind regelrecht „verliebt in Sisi“, schmunzelt der Wirt. Mindestens acht Mal hat Sisi die Zwieselalm-Hütte für mehrere Tage besucht und im Zwieselalm-Haus übernachtet, im ersten Stock in einem Eckzimmer mit zwei Fenstern. Das Sisi-Zimmer hütet Georg Bergschober wie seinen Augapfel, es ist von der Gemeinde Annaberg-Lungötz gepachtet und kann nur im Rahmen der geführten Tour besichtigt werden. Die Einrichtung ist - wie damals üblich – spartanisch: Bett, Stuhl, Nachtkästchen, Waschtisch mit Waschschüssel und Kanne, ein kleiner Spiegel, eine Petroleumlampe und an der Wand ein paar Haken, um Kleidung aufzuhängen. Aber es war wohl genau diese Einfachheit und Abgeschiedenheit in der alpinen Natur, die von Sisi so geschätzt wurde, denn hier konnte sie fernab des strengen spanischen Hofzeremoniells einfach sie selbst sein.

Unten am Gosausee

Auf dem Nachttisch steht eine Madonnenfigur, daneben liegt ein Kartenspiel und ein kleines Lesebuch mit „bunten Geschichten“. Unterm Bett stehen ein paar spezielle Bergschuhe, wie sie auch die Kaiserin getragen haben dürfte: die berühmten „Goiserer“ – genagelte Bergschuhe, die heute noch im nahen Bad Goisern nach Maß angefertigt werden, da ein junger Schuster dieses alte traditionelle Handwerk in die Zukunft führt. Während die Goiserer damals eher unbequem waren, ist das Zirbenbett im Sisi-Zimmer sehr bequem, denn es ist zwei Meter lang. Zwar ist es nicht mehr das Original, aber ein vergleichbares Modell als Leihgabe aus dem Hause Habsburg-Lothringen.

Mandlkogel und Scharten-Mandl

Sisis Wanderungen im Gebiet der Zwieselalm haben sie auch hinauf zur so genannten „Aussicht“ geführt. Der Platz in gut 1600 Meter Höhe am Beginn der „Salzburger Dolomiten“, dem wildgezackten Gosaukamm, bietet ein wahrhaft majestätisches 360°-Panorama: Zu Füßen liegt der Gosausee, dahinter erhebt sich der Hohe Dachstein mit dem Dachsteingletscher – Bergmagie vom Feinsten. Dann schweift der Blick bis zum Loser ins Ausseer Land, über die Rußbacher Berge in Richtung Postalm und nach Norden hinaus bis zur markanten Felsmauer des Untersbergs, weiter über den Hohen Göll und das Tennengebirge bis zum Hochkönig. Bei guter Fernsicht sind auch Österreichs höchste Berge am Horizont zu erkennen: Großvenediger, Großes Wiesbachhorn, Großglockner und Ankogel. Kein Wunder, dass Kaiserin Sisi hier oben das Herz aufgegangen ist!

Von der „Aussicht“ geht es dann zu Fuß oder mit der Gosaukammbahn hinab ins Gosautal und mit dem Wanderbus zurück nach Annaberg. Eine Tour mit – vielleicht – etwas Almromantik und Sisi-Seligkeit, aber garantiert ohne Kitsch. Süß ist nur der Kaiserinnen-Schmarrn auf der Zwieselalm-Hütte. Die Hütte hat noch bis Ende September geöffnet, und bis dahin gibt es noch jeden Donnerstag die geführte Wanderung auf Sisis Spuren. Die Anmeldung erfolgt bei der Tourist-Info Annaberg-Lungötz, alle Informationen gib es unter www.annaberg-lungoetz.com


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