Sekretärin, Fotograf, Ankläger Zeitzeugen erinnern sich
Ob als Sekretärin der Anwälte der Nürnberger Prozesse oder Ankläger im Hauptkriegsverbrecherprozess oder bei den Folgeprozessen – im Bayerischen Rundfunk berichteten Zeitzeugen von ihren Erinnerungen an die Gerichtsverhandlungen.
Sekretärin Irmgard Purlein
Irmgard Purlein (geb. 1923) hat die Nürnberger Prozesse als junge Frau verfolgt. Damals arbeitete sie als Sekretärin bei verschiedenen Anwälten. "Eine Freundin, die für die Verteidiger Ribbentrops arbeitete, war zu mir gekommen und sagte, dass dringend Leute gesucht werden, die sehr gut Steno, Schreibmaschine und Englisch können – und die unbelastet waren", erinnerte die ehemalige Sekretärin im Jahr 2010.
Die Arbeit am Gericht war ein Privileg. Bei den US-Amerikanern gab es immer ausreichend Essen und sogar Zigaretten, die als Zweitwährung Gold wert waren. "Das war eine Wonne. Wir haben schon am Vormittag Tomatensaft, Kakao oder Sandwich bekommen", erzählte Purlein.
Chefankläger Benjamin Ferencz
Benjamin Ferencz (geb. 1920) war amerikanischer Chefankläger im sogenannten SS-Einsatzgruppen-Prozess, einem der Nachfolgeprozesse. Den zentralen Ort des Geschehens, den Schwurgerichtssaal 600 im Nürnberger Justizpalast, wird er nie vergessen. "Deutschland hat seine Lektion gelernt, dass Krieg schlecht ist", sagte der ehemalige Chefankläger im Jahr 2010. "Die Mächtigen können die Menschen nicht an der Nase herumführen, weder in den Vereinigten Staaten noch in Deutschland, noch sonst irgendwo auf der Welt", zog Ferencz als Fazit.
Ankläger Whitney Harris
Professor Whitney Harris (*1912 †2010) arbeitete damals als Ankläger im Hauptkriegsverbrecherprozess. "Wir mussten uns unter den Anklägern zunächst darüber einig werden, wo und in welchem Rahmen der Prozess stattfinden sollte, welches die Anklagepunkte waren. Und wir mussten die Angeklagten auswählen", erinnerte sich Harris. "Das war ein großes Unterfangen, das wir zu einem erfolgreichen Ende gebracht haben. Schließlich mussten wir eine Entscheidung treffen, wo wir den Prozess durchführen sollten. Die Sowjets wollten ihn in Berlin abhalten, wir wollten natürlich lieber, dass er in der amerikanischen Besatzungszone stattfindet." Somit wurde der Prozess formal in Berlin durch die Übergabe der Anklageschrift am 18. Oktober 1945 eröffnet. Die eigentlichen Gerichtsverhandlungen fanden dann aber ab 20. November 1945 in Nürnberg statt.