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Nachtlinsen, Augenlasern Besser sehen ohne Brille und Kontaktlinsen?

Die Sehkraft ist unser wichtigster Sinn. Doch oft ist er eingeschränkt. Gesundheit! Reporterin Veronika Keller sucht Wege zur Brillenfreiheit. Sie trifft Menschen, die ihre Fehlsichtigkeit korrigieren, auf unterschiedlichste Art. Von der Speziallinse bis hin zum operativen Eingriff.

Von: Veronika Keller

Stand: 20.05.2024

Nachtlinsen, Augenlasern: Besser sehen ohne Brille und Kontaktlinsen?

Kurzsichtigkeit nimmt weltweit rasant zu. Die WHO rechnet damit, dass im Jahr 2050 fast die Hälfte der Weltbevölkerung kurzsichtig sein wird. Auch Gesundheit! Reporterin Veronika Keller erfuhr vor der Führerscheinprüfung, dass sie kurzsichtig ist. Mittlerweile trägt sie in vielen Alltagssituationen eine Brille. Brillen gelten zwar inzwischen als vielseitiges Mode-Accessoire, aber man fühlt sich ohne freier. Doch Kontaktlinsen vertragen viele nicht besonders gut.

Fehlsichtigkeit: Wann zum Arzt?

Nicht nur die Sehschärfe, sondern auch Faktoren wie das Gesichtsfeld sollten regelmäßig kontrolliert werden. Denn neben Fehlsichtigkeit gibt es auch tückische Erkrankungen, die das Sehen beeinträchtigen können, wie zum Beispiel der grüne Star. Den bemerken Patienten selbst oft zu spät. Aber wie oft sollte man zum Augenarzt?

"Wichtig ist, dass Kinder ab einem gewissen Alter sich vorsorglich einmal untersuchen lassen. Und dann sagt man: Wenn sonst keine Auffälligkeiten und Veranlagungen da sind, ist es ganz gut, wenn man so ab 40 Jahren regelmäßig alle ein bis zwei Jahre zum Augenarzt gehen würde."

Dr. med. Axel Jaksche, Augenarzt, Ansbach

Die Kurzsichtigkeit von Reporterin Veronika Keller hat sich nicht verschlechtert. Aber könnte sie die vielleicht sogar verbessern? Im Internet werben viele Anbieter mit Sehtraining gegen Kurzsichtigkeit. Doch kann das funktionieren?

"Das wäre super, aber es geht nicht. Die Länge des Augapfels definiert in den meisten Fällen die Fehlsichtigkeit. Das heißt, ein Auge müsste schrumpfen, damit eine bestehende Kurzsichtigkeit bei Ihnen zum Beispiel aufgehoben wird. Es gibt Augenmuskeln, aber das, was hier suggeriert wird, durch Training eine Kurzsichtigkeit wieder zurückzudrehen, das funktioniert leider nicht."

Dr. med. Axel Jaksche, Augenarzt, Ansbach

Sehen ohne Brille: Was bringen Ortho-K-Linsen?

Kontaktlinsen für die Nacht, die das Auge verformen. Klingt verrückt, aber die gibt es wirklich. Die so genannten Ortho-K-Linsen trägt Natalie in der Nacht. Tagsüber sieht sie oft lange perfekt – ohne Hilfsmittel. Solche Speziallinsen eignen sich für bis zu -4 Dioptrien, Natalie hat -1,75. Dass sie die ganze Nacht etwas im Auge hat, stört sie nicht.

Orthokeratologie heißt die Technik. Die Kontaktlinsen sind so geformt, dass sie die zentrale Krümmung der Hornhaut eindrücken und den mittleren Bereich per Sogeffekt nach außen ziehen. Das so verformte Auge hat den Brennpunkt dann an der richtigen Stelle und sieht, sobald die Linse draußen ist, perfekt.

"Es ist so ein bisschen so, wie wenn man sich in enge Schuhe zwängt. Aber das erwachsene Auge hält das ganz gut aus.  Und es funktioniert bei denen, die das lange, lange tragen, eigentlich immer sehr gut."

Dr. med. Axel Jaksche, Augenarzt, Ansbach

Über den Tag formt sich das Auge langsam wieder zurück. Natalie nutzt die Linsen schon seit zehn Jahren. Regelmäßig ist sie zur Kontrolle bei ihrem Augenarzt. Wie für alle Linsenträger ist auch für sie Hygiene unersetzlich.

Refraktive Chirurgie: Sehkorrektur durch OP

Aber es gibt auch operative Wege zur Brillenfreiheit, die refraktive Chirurgie. Das Hornhaut-Lasern ist eine gängige Methode. In der Augenklinik der LMU München gibt es regelmäßig Laser-Sprechstunden. Hier können sich alle informieren, die eine Laser-OP in Erwägung ziehen, wie zum Beispiel Korbinian. Der Medizinstudent ist 26 Jahre alt und hat - 4.75 Dioptrien. Warum will er seine Brille loswerden?

"Bei mir persönlich ist es so, dass ich viel Wassersport betreibe, Schwimmen, Surfen, Tauchen. Und das ist natürlich mit Brille immer doof. Ich bin außerdem auch noch bei der Wasserwacht. Und da ist es natürlich immer blöd, wenn man im Einsatzfall ausrückt und unter Zeitdruck versuchen muss, die Kontaktlinsen einzusetzen."

Korbinian

Laser-OP: Voraussetzungen und Voruntersuchungen

Ob eine Laserbehandlung für ihn in Frage kommt, untersucht Augenarzt Dr. Stefan Kassumeh. Er schaut sich zuerst die Hornhaut an. Denn die muss vor allem dick genug sein.  

"Es gibt von der Kommission Refraktiver Chirurgie relativ genaue Vorgaben. Die Hornhaut darf vor dem ersten Eingriff nicht dünner sein als 480 MIkrometer, also 480 tausendstel Millimeter. Und da sind wir bei ihm weit drüber. Und sein Auge sieht rundum gesund aus."

Dr. med. Stefan Kassumeh, Augenklinik und Poliklinik des LMU Klinikums München

Zum Lasern müssen die Augen völlig gesund sein. Um das zu überprüfen, hat Dr. Kassumeh Korbinians genaue Sehstärke bestimmt und nach Narben, Entzündungen, Trockenheit oder Problemen an der Netzhaut geschaut. Wie sieht es generell mit möglichen Folgeerkrankungen nach solchen Eingriffen aus?

"Man darf die Eingriffe nicht verherrlichen.  Es kann bei jedem Eingriff am Auge sein, dass eine Trockenheit kommen kann, dass die gerne auch mal hartnäckig ist und sich drei bis sechs Monate halten kann. Das Gleiche gilt auch für komische, optische Phänomene: Dass man mehr geblendet ist, dass man das Gefühl hat, in der Nacht, wenn die Pupille aufmacht, dass die Lichter zum Beispiel beim Autofahren einen Heiligenschein bekommen."

Dr. med. Stefan Kassumeh, Augenklinik und Poliklinik des LMU Klinikums München

Bevor er sich entscheidet, wird Korbinian all das nochmals in Ruhe überdenken. Die empfohlene Laser-Methode kostet 5000 Euro. Lasern wird meist von der Krankenkasse nicht gezahlt.

"Ich stelle mir das einfach so vor, dass es ja auch eine Investition in die Zukunft ist. Brillen sind ja auch nicht ganz günstig. Wenn man da sein Leben lang die nächsten 40, 50, 60 Jahre sich immer neue Brillen kaufen muss, da denke ich mir schon, dass sich dieser Lasereingriff auch finanziell lohnen könnte."

Korbinian Wolf

Mögliche Komplikationen nach der OP

Augen OPs zur Korrektur von Fehlsichtigkeit haben Risiken, über die man auf jeden Fall nachdenken sollte. In einer Facebook-Gruppe, organisiert von Menschen, die nach solchen OPs Probleme wie trockene Augen, Blendempfindlichkeit und Sehstörungen haben, ist Benedikt aus dem Saarland. Seit der Laserbehandlung in einer Privatklinik vor über einem Jahr sieht er Doppelbilder. Farben sieht er nur noch blass. Bereut er den Eingriff gemacht zu haben?

"Auf jeden Fall. Es ist so, dass ich meinen Beruf nicht mehr ausüben und dass ich nicht mehr am PC arbeiten kann. Das Lesen fällt mir sehr schwer. Für mich ist das ein Alptraum, den ich durchlebe."

Benedikt

In einer unabhängigen Klinik sagte man ihm hinterher, dass seine Augen aufgrund der Pupillengröße für den Eingriff nicht geeignet waren. Sich genau zu informieren, lohnt sich. Eine OP am gesunden Auge sollte man nur riskieren, wenn man ganz sicher ist, in den richtigen Händen zu sein. Veronika aus Innsbruck ist sich sicher. Sie ist gut voruntersucht und aufgeklärt worden und wartet auf ihre OP in der Augenklinik der LMU München.

"Ich bin auch Sportlehrerin und die Brille ist dann generell sehr ungünstig. Ich bin auch sonst viel am Berg unterwegs, schlafe auch manchmal draußen. Und da immer alles mitzuschleppen, das Linsenmittel, die Linsengefäße, das ist einfach nicht so fein und gemütlich."

Veronika

Noch hat sie -3,75 Dioptrien. Die will sie loswerden. Leiter des Augenlaserzentrums ist Prof. Wolfgang Mayer. Er wird die Operation durchführen. Kann jetzt noch etwas schiefgehen?

"Im Prinzip nicht, der Laser führt eins zu eins aus, was man programmiert. Entscheidend ist die Vorsorge, sprich präoperative Messung und Diagnostik. Dass man da nichts übersieht, dass das Auge eigentlich gar nicht geeignet wäre zum Lasern. Und wenn das ausgeschlossen ist, kann ich die Behandlung entsprechend der Werte durchführen."

Prof. Dr. med. Wolfgang Mayer, Augenklinik der LMU München

Laserbehandlung SMILE

Veronikas Behandlung heißt SMILE: Small Lense Extraction. Der Laser wird eine dünne Scheibe aus ihrer Hornhaut schneiden. So wird der zu lange Augapfel kürzer, der Brennpunkt soll sich entsprechend verschieben und die Kurzsichtigkeit verschwinden.
Dazu wird ein Interface an die Hornhaut des Patienten angedockt und die Verbindung zum Laser hergestellt. In wenigen Sekunden ist der eigentliche Eingriff schon vorbei.

Anschließend wird das gelöste Gewebe der Hornhaut entfernt. Dazu lockert Prof. Mayer das Lentikel mit feinen Instrumenten. Die Scheibe hat der Laser nicht von der Oberfläche, sondern aus dem Inneren der Hornhaut geschnitten. Das ist schonender fürs Auge. Anschließend folgt die gleiche Prozedur beim zweiten Auge. Gespürt hat die Patientin nichts und Prof. Mayer ist zufrieden.

"Perfekt gelaufen. Innerhalb der nächsten Stunden erholt sich das, sie geht dann heute schon ohne Brille nach Hause."

Prof. Dr. med. Wolfgang Mayer, Augenklinik der LMU München

Für die Heilung braucht es Tränenersatz, Kortison und vorbeugendes Antibiotikum. Noch ist Veronikas Blick etwas verschwommen, aber am nächsten Morgen soll sie schon mit klarer Sicht aufwachen. Vier Tage später hat sie sich schon an ihr neues Lebensgefühl gewöhnt. Für sie ein Schritt zu mehr Freiheit.

"Ich bin grade in Italien beim Klettern, das erste Mal ohne Brille und ohne Linsen. Es ist immer noch ein seltsames, aber erfreuliches Gefühl, aufzuwachen und nicht gleich nach der Brille zu greifen zu müssen."

Veronika

Sehen ohne Brille: Wenn Lasern nicht helfen kann

Doch nicht immer hilft das Lasern. Prof. Siegfried Priglinger bespricht mit einer Patientin den Eingriff, den sie benötigt, um ihre Brille loszuwerden. Sie hat fast 10 Dioptrien und eine Hornhautverkrümmung - zu viel zum Lasern.

"Immer dann, wenn eine Laserbehandlung nicht möglich ist, müssen wir eine andere Methode anwenden. Hier ist das die so genannte ICL-Implantation, das heißt Implantable Collamer Lense, im Grunde so etwas wie eine Kontaktlinse, die dann ins Auge implantiert wird, zwischen die Iris und die eigene Linse."

Prof. Siegfried Priglinger, Augenklinik und Poliklinik des LMU Klinikums München

Die Linse wird zusammengefaltet durch einen engen Kanal hinter die Hornhaut geschoben, wo sie sich auffaltet. Anschließend wird sie in die richtige Position gebracht. Schon am Tag nach der OP sollte die Patientin fast klar sehen, manchmal braucht das Gehirn einige Tage, um sich ans neue Sehen zu gewöhnen. Wie beim Lasern kommt es auch hier auf die Diagnostik vor der OP an, um Nebenwirkungen zu vermeiden. Doch wie findet man heraus, ob man in der ausgewählten Klinik wirklich in guten Händen ist?

"Erstens: Man sollte sich immer eine Klinik aussuchen, die wirklich alles anbietet, alle Methoden, die es aktuell gibt, und die auch in möglichst höher Stückzahl. Weil dann muss derjenige, der den Eingriff durchführt, sich nicht auf eine Methode beschränken, sondern kann immer die beste Methode aussuchen. Punkt 2: Es ist einfach wichtig, dass Sie Kontakt zum Operateur haben, dass der Patient weiß, wer ihn operieren wird. Denn derjenige kann am besten abschätzen, ob das Risiko gering oder doch etwas größer ist."

Prof. Siegfried Priglinger, Augenklinik und Poliklinik des LMU Klinikums München

Für Patienten ist beeindruckend, was heute technisch alles möglich ist. Aber alle sollten sich bewusst sein, was für ein besonderes Organ das Auge ist und wieviel wichtige Arbeit es jeden Tag leistet. Grund genug, sich gut um seine Augen zu kümmern und bei geplanten Eingriffen sich vorher umfassend zu informieren.


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