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Ringbandstenose Was hilft gegen den "Schnappfinger"?

Das Problem beim "Schnappfinger": Einer der Finger hakt, meist Daumen, Mittel- oder Ringfinger. Wird er gebeugt, bleibt er hängen und kann nur mit Kraftaufwand oder mit Hilfe der anderen Hand wieder gestreckt werden. Was hilft?

Von: Julia Richter

Stand: 12.06.2023

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Beim sogenannten Schnappfinger handelt es sich um eine recht häufige Erkrankung der Hand, die auch als schnellender Finger oder Tendovaginitis stenosans bekannt ist. Einer der Finger hakt. Wenn er gebeugt wird, bleibt er erst einmal hängen und kann nur mit Kraftaufwand oder mit Hilfe der anderen Hand wieder gestreckt werden. Im späteren Verlauf schnellt der Finger aus dem Gelenk.

Betroffen sind meist Daumen, Mittel- oder Ringfinger. Schuld ist eine Sehnenscheidenentzündung, die Ringbandstenose.

Typische Beschwerden: Steifheit, Druckschmerz, Verdickungen

Daniele unterrichtet Französisch. Seit der Pandemie - also schon seit längerer Zeit - vor allem online. Daher tippt sie sehr viel mehr als früher. Dadurch werden die Finger mehr beansprucht als sonst.

"Eines Morgens ging es los: Ich wurde wach, man streckt sich, und da habe ich bemerkt, dass der Mittelfinger machte klack-klack machte. Da habe ich gedacht, das ist komisch, irgendetwas stimmt nicht in diesem Finger."

Daniele, Schnappfinger-Patientin

Die Beschwerden werden auch im Alltag immer lästiger – beim Kartoffelschälen oder beim Öffnen der Wasserflasche: Der Finger hakt, als ob eine Spannung darauf wäre.

Bei simplen Handgriffen springt Finger aus Gelenk

So ging es auch bei Paul Mader los: Inzwischen springt sein Finger quasi von selbst aus dem Gelenk und das mehrmals täglich bei den simpelsten Handgriffen.

"Wenn der Finger schnappt, dann ist das ein ganz erheblicher Schmerz. Da gibt es viele Tätigkeiten: Wenn Sie eine Türklinke in die Hand nehmen, müssen Sie die Hand beugen. Wenn Sie mit der Hundeleine gehen, zieht der Hund manchmal. Sie müssen die Hand beugen. Auch wenn Sie eine Dose öffnen. Da ist immer ein Schmerz. Der ist manchmal größer, manchmal kleiner, aber er ist immer präsent."

Paul Mader, Schnappfinger-Patient

Los geht es meist mit einer Steifheit und druckschmerzhaften Schwellungen, später sind knötchenartige Verdickungen zu spüren. Im fortgeschrittenen Stadium tritt das Schnapp-Phänomen auf.

Ursache für Schnappfinger oft unklar

Die Untersuchung beim Handchirurgen zeigt, dass Daniele an einer Ringbandstenose leidet - auch Tendovaginitis stenosans genannt. Eine der häufigsten Erkrankungen der Hand. Frauen trifft es häufiger als Männer.

"Die Ringbandstenose entsteht dadurch, dass die Sehnen in sehr engen Kanälen an den Fingern entlanggleiten, die werden also von sogenannten Ringbändern am Knochen gehalten. Und wenn sich da eine Entzündung bildet, kommt es zu einer Volumenzunahme in diesem Kanal, und die Sehnen werden dann an diesen Engstellen eingeengt. Wenn der Patient dann schläft, bildet sich da ein kleiner Knubbel, und wenn der Patient dann den Finger bewegen möchte, kommt es zu diesem typischen Schnapp-Phänomen."

PD Dr. med. Elias Volkmer, Handchirurg, MHAND, München

Knötchen an der Innenseite der Hand

Die genaue Ursache ist oft nicht bekannt. Schuld sein können entzündliche Erkrankungen wie etwa Gicht, Rheuma oder Diabetes mellitus. Oft bleibt der Auslöser aber unklar.

"Typischerweise kommt es zu der Ringbandstenose oder dem Schnappfinger in der zweiten Lebenshälfte. Ursachen sind starke Beanspruchung und Überbelastung. In der Folge kommt es zu Entzündungen. Entzündungen bedeuten eine Volumenzunahme im Beugesehnenkanal und eine verstärkte Einengung. Das Alter spielt insofern eine Rolle, als die Ringbänder einfach steifer und rigider werden mit der Zeit."

PD Dr. med. Elias Volkmer, Handchirurg, MHAND, München

Behandlung: Schonende Schiene oder OP

Bei der Tastuntersuchung spürt der Arzt bei manchen Patienten an der Innenseite der Hand richtige Knötchen. Die Sehnenscheidenentzündung kann sich auch im Ultraschall zeigen. Behandeln kann man sie konservativ oder durch eine OP.

Daniele möchte auf jeden Fall warten, ob die Beschwerden auch ohne Eingriff wieder weggehen. Durch das Tragen einer speziellen Schiene wird die Sehne geschont, das will sie versuchen.

Empfohlen werden auch ergotherapeutische Übungen. Daniele soll nun täglich Hand und Unterarm ausstreichen und dann die Lymphknoten am Oberkörper sanft massieren.

Regelmäßige Übungen können helfen

Gut sind auch spezielle Dehnübungen für die Beugesehne und die Beugemuskulatur. Dazu einfach die Handfläche flach auf den Tisch legen den Arm strecken, und mit dem Oberkörper nach vorne gehen. Das Ganze sollte man drei bis vier Mal täglich machen und das ein oder sogar zwei Minuten halten. Eine weitere Übung: den Arm ausstrecken mit der Handoberseite zum Gesicht, den betroffenen Finger zum Körper ziehen und halten.

Daniele macht die Übungen ein paar Wochen, zudem geht sie ein paar Mal zur Stoßwellentherapie. Studien zeigen, dass Patienten davon profitieren können.

"Das hat mir sehr gut getan. Ich kann meine Finger jetzt sehr schön ausstrecken, ich habe irgendwie keine Hindernisse mehr."

Daniele, Schnappfinger-Patientin

"Was man noch machen kann: Kortison direkt an die Sehne spritzen. Man muss nur bedenken, dass Kortison Sehnen beschädigen kann. Deshalb darf man das nicht zu oft machen. Ich selber empfehle das als einmalige Behandlung."

PD Dr. med. Elias Volkmer, Handchirurg, MHAND, München

Ab wann ist eine Operation sinnvoll?

Das alles hat Paul Mader schon hinter sich: Er kämpft immer noch mit seinen Beschwerden. Die Kortison-Behandlung hat geholfen, allerdings nicht langfristig. Inzwischen schnappt der Finger mehrmals täglich.

"Wenn die Schmerzen dauerhaft bestehen, dann ist es so, dass oft auch dieses Schnapp-Phänomen entsteht, das eigentlich meist ein irreversibler Vorgang ist. Und in dieser Situation hilft eigentlich nur noch die Operation. Das heißt, in Lokalanästhesie, ambulant, wird dieses Ringband gespalten und damit das mechanische Hindernis beseitigt. So kann die Sehne ausheilen. Der Patient hat keine Schmerzen mehr."

Univ.-Prof. Dr. med. Riccardo Giunta, Direktor der Abteilung für Handchirurgie, LMU Klinikum, München

Nach 20 Minuten ist OP beendet

Die Untersuchung zeigt: In der betroffenen Hand hat die Kraft schon nachgelassen. Deswegen ist Paul Mader froh, dass er bald operiert wird.

Bei der OP kann der Patient den Finger die ganze Zeit bewegen. Der Eingriff erfolgt unter Blutleere. Über einen kleinen Schnitt gelangt der Arzt zum Ringband, durch das die Sehne hindurchläuft. Dieses Ringband wird jetzt in der Längsachse durchtrennt, das entzündete Gewebe entfernt. Damit hat die Sehne wieder Platz.

Der Test zeigt: Das Schnappen ist sofort weg. Paul Mader kann alle Finger wieder problemlos bewegen. Nach 20 Minuten ist es geschafft. Der Patient bekommt am Ende einen Verband.

"Nach der Operation muss der Patient sofort bewegen im Grunde, dass ist am Anfang schmerzhaft, wir werden ihn darüber auch genau aufklären, dass dies notwendig ist, sonst drohen Verklebungen. Es ist natürlich auch eine Wundheilung notwendig. Die Fäden, die wir eingebracht haben, bleiben für 14 Tage, alle drei bis vier Tage ist ein Verbandwechsel nötig. Und danach eigentlich nur eine Narbenpflege."

Univ.-Prof. Dr. med. Riccardo Giunta, Direktor der Abteilung für Handchirurgie, LMU Klinikum, München

Patientin Daniele hofft, dass sie erst einmal um einen solchen Eingriff herumkommt. Sie ist froh, dass sie die Beschwerden derzeit gut im Griff hat.


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