Dritthäufigste Todesursache Sepsis – eine unterschätzte Gefahr
Sie ist die dritthäufigste Todesursache in Deutschland und findet trotzdem in der Öffentlichkeit kaum Beachtung: Ärztinnen und Ärzte mahnen seit Jahren, dass der Kampf gegen Sepsis mehr Aufmerksamkeit benötigt.
Monika Heyne hat eine besonders bewegende Leidensgeschichte hinter sich. Ein einfaches Mittagessen zu kochen ist für sie eine echte Herausforderung. Mit speziellen magnetischen Kochutensilien, die sie an ihre Küchenhandschuhe befestigt, meistert sie Schnitzel, Spinat und Bratensoße.
Monika Heyne ist amputiert, beide Hände und beide Unterschenkel mussten in Folge einer Sepsis entfernt werden. Dabei hatte alles relativ harmlos angefangen: mit einer leichten Lungenentzündung.
Künstliches Koma und Intensivstation
Mit Verspätung wird sie mit dem Krankenwagen ins Klinikum Großhadern in München gebracht. Sie wird in ein künstliches Koma versetzt, kämpft auf der Intensivstation um ihr Leben. Dr. Ines Schröder erinnert sich gut an die Patientin, die sie als Intensivmedizinerin betreut hat.
"Die Sepsis ist grundsätzlich ein lebensbedrohliches Krankheitsbild. Eine Sepsis kann man nur bekommen, wenn man eine Infektion hatte. Der eigene Körper reagiert überschießend auf diese Infektion und regt damit ganz viele Kreisläufe an, die dann zu einer Teufelsspirale führen können."
PD Dr. med. Ines Schröder, Intensivmedizinerin, Klinikum Großhadern
Ehemann muss folgenschwere Entscheidungen treffen
Eine Teufelsspirale, die im Organversagen enden kann. Bei Monika Heyne führt die Sepsis zu absterbenden Extremitäten. Während sie im Koma liegt muss ihr Mann Patrick schwere Entscheidungen treffen.
"Dann kam die Diagnose, dass die Amputation benötigt wird. Da musste ich den Ärzten das Okay geben. Das war schon wirklich sehr, sehr schwierig: Der Gedanke, was sich dann alles ändert, wie schlimm das sein wird, gerade für Moni."
Patrick Heyne, Ehemann von Monika Heyne
Eine der häufigsten Todesursachen
Jedes Jahr sterben in Deutschland rund 85.000 Menschen an einer Sepsis. Sie ist damit die dritthäufigste Todesursache. Eine Blutvergiftung entsteht eben nicht nur durch äußere Verletzungen, rostige Nägel und verunreinigte Wunden. Bei den meisten Sepsis-Patienten, die Dr. Ines Schröder behandelt, sind Infektionen im Körper der Auslöser, Lungenentzündungen, besonders häufig auch Harninfektionen. Die Therapie erfolgt mit Medikamenten, vor allem Antibiotika. Dabei zählt jede Minute, je früher die Therapie beginnt, desto größer sind die Überlebenschancen.
Künstliche Intelligenz und Big-Data-Modelle
Hoffnung macht die Forschung. Künstliche Intelligenz und Big-Data-Modelle könnten in Zukunft den Verlauf einer Sepsis bei Patienten vorhersagen. Fortschritte gibt es auch in anderen Bereichen.
"Es ist so, dass wir in der Diagnostik sehr viel besser und sehr viel schneller geworden sind. Da gibt es mittlerweile Tests, die ganz schnell die Erreger und auch die Resistenzen der Erreger finden."
PD Dr. med. Ines Schröder, Intensivmedizinerin, Klinikum Großhadern
Sepsis und Diabetes
Besonders für Diabetiker ist die Sepsis eine ernste Bedrohung. An der Schön-Klinik in Harlaching gehört der Kampf gegen Sepsis bei Patienten mit diabetischem Fuß zum Alltag. Entscheidend ist es, schnell das richtige Antibiotikum geben zu können.
"Letzten Endes ist es immer dann gefährlich, wenn eine Stelle da ist, an der Sekret abfließen kann, die auf einmal zugeht, so dass in der Tiefe sich dann das Sekret ansammeln kann und eitrig wird. Dann kann es eben vom Körper nicht mehr abgebaut werden oder abfließen. Es ist wichtig, zunächst Diagnostik zu machen, dazu nimmt man Kulturen aus dem Blut ab, also man macht eine Blutabnahme, weil bei der Sepsis ja der Erreger im Blut ist."
Dr. med. Kathrina Pfahl, Unfallchirurgin, Schön Klinik Harlaching
Leben nach der Sepsis
Monika Heyne lässt sich trotz Amputationen nicht unterkriegen. Jede Woche fährt sie ins Klinikum, um ihren Körper für das Leben ohne Beine und Hände fit zu halten. Besonders schwer fällt es ihr, beim Gehen das Gleichgewicht zu halten.
Genau angepasste Roboterprothese für die Hand
Monika macht stetig Fortschritte, im Moment wird eine spezielle Roboterprothese für sie angepasst, die sie scherzhaft als "Terminator-Hand" bezeichnet. Wichtiger als alle Hilfsmittel ist aber die Motivation, die Kraft mit einer derart schweren Situation umzugehen.
Monika Heyne ist es wichtig, dass ihr Beispiel anderen Menschen hilft. Und dass sie aufmerksam macht auf das Thema Sepsis, das nach wie vor viel zu wenig Beachtung findet.