Metabolic Balance Erfolgsgeheimnis einer oberbayerischen Diät
Eine neue Abspeck-Methode erobert derzeit die Welt: Metabolic Balance. Entwickelt wurde sie in der kleinen Marktgemeinde Isen im Landkreis Erding. Doch inzwischen schwören selbst Hollywood-Schauspielerinnen darauf. Was halten Ernährungsmediziner von dem Konzept?
Der Diätmarkt ist hart umkämpft und unübersichtlich. Mit immer ausgefeilteren Erfolgsrezepten locken die Anbieter Abnehmwillige, und machen dabei vor allem selbst gute Geschäfte. Eine dieser viel diskutierten Diäten kommt aus Bayern: Sie heißt „Metabolic Balance“ (Gleichgewicht des Stoffwechsels). Dahinter verbirgt sich ein Diät-Konzept, das sein Erfinder, der Isener Landarzt Dr. Wolf Funfack, sehr erfolgreich als sogenanntes Stoffwechselprogramm vermarktet.
Die Kernidee
Aus einer Blutanalyse werden mit Hilfe einer selbst entwickelten Software individuelle "maßgeschneiderte" Ernährungspläne errechnet. Trotz der Kritik vieler Ernährungswissenschaftler an dieser Methode ist die Nachfrage enorm: bereits über eine halbe Million Menschen sind Kunden.
Eine bayerische Idee
Angefangen hat das Ganze vor gut zehn Jahren in Isen, einer beschaulichen 5.000 Einwohnergemeinde im südlichen Landkreis Erding. Dr. Wolf Funfack war hier als Landarzt tätig. In seiner Praxis versuchte der Ernährungsmediziner schon damals, Menschen beim Abnehmen zu helfen. Die Diäten, die damals auf dem Markt waren, hatten aber meist nur kurzfristige Erfolge und Funfack musste feststellen, dass seine Patienten immer wieder von Jojo-Effekten eingeholt wurden.
Über die Jahre fiel ihm außerdem auf, dass bei verschiedenen Menschen unterschiedliche Methoden unterschiedlich gut funktionierten. Und so begann er, selbst eine Methode zu entwickeln, basierend auf seinen Erfahrungen und der Vorstellung, dass nur eine maßgeschneiderte, individualisierte Diät jedem einzelnen Patienten wirklich gerecht werden könne.
Drei Mahlzeiten, dazwischen Pause
Aus den altbekannten Diäten kombinierte er die aus seiner Sicht sinnvollsten Aspekte zu einem Grundgerüst aus acht Regeln:
Acht Regeln
- Die wichtigste Regel, so Funfack, ist, drei Mahlzeiten pro Tag einzunehmen.
- Dazwischen sollte man ausreichend Pausen machen - mindestens fünf Stunden, um dem Körper Gelegenheit zu geben, die Sachen auch wirklich zu verdauen.
- Eine Mahlzeit sollte nicht länger als eine Stunde dauern.
- Nach 21.00 Uhr sollte gar nicht mehr gegessen werden.
- Die einzelnen Mahlzeiten dürfen jeweils nur eine Sorte Eiweiß enthalten.
- Zu Beginn, in der ersten Umstellungsphase, darf kein Öl oder Fett verwendet werden.
- Obst wird immer am Ende jeder Mahlzeit gegessen.
- Grundsätzlich sollte man jeden Tag mindestens 2 Liter Wasser trinken.
Das klingt dem ersten Eindruck nach ähnlich wie viele andere Diäten und tatsächlich sind die Regeln im Einzelnen nichts Neues.
Individueller Ernährungsplan
Das Besondere an Metabolic Balance, und gleichzeitig Kern der Geschäftsidee, ist die Individualisierung: Jeder Kunde bekommt einen ganz eigenen, exklusiv ausgearbeiteten Ernährungsplan - für einen stolzen Preis: Um die 400 Euro kostet das Paket. Dafür wird der Kunde gewogen, gemessen und kurz untersucht. Mittels einer Blutanalyse errechnet eine Software in der Metabolic Balance-Zentrale dann einen detaillierten Ernährungsplan.
Der Ernährungsplan gibt zum Beispiel vor:
Zu Mittag: exakt 120 g Fisch, aber nur zweimal die Woche, und 125 g Gemüse - aus circa 50 vom Computer ausgewählten Sorten.
Alternativ: 120 g Pilze (Shiitakepilze, Austern- oder Steinpilze) dazu wieder exakt 125 g Gemüse.
Das Individuelle daran: Dem einen Kunden wird in seinem Plan zum Beispiel von Fenchel abgeraten, dem anderen etwa Straußenfleisch ans Herz gelegt.
"Die Blutwerte werden in ein Computersystem eingegeben, in dieses ist der Bundeslebensmittelschlüssel eingearbeitet, eine riesengroße Tabelle, in der alle verfügbaren Lebensmittel beinhaltet sind, mit ihren Inhaltsstoffen. Und das Computerprogramm sucht jetzt, zum Beispiel bei einer Patientin, die einen niedrigen Eisenwert hat, Lebensmittel aus, die ausreichend Eisen zur Verfügung stellen. Oder das Computerprogramm lässt bestimmte Lebensmittel weg, wenn bestimmte Werte bei ihr zu hoch sind."
Dr. Wolf Funfack
Blutanalyse umstritten
Nach welchen Schlüsseln und mit welcher Methode genau diese Angaben vom Computer berechnet werden, bleibt ein gut gehütetes Geschäftsgeheimnis. Der Ansatz von Metabolic Balance, aus einer Blutanalyse so detaillierte Ernährungspläne abzuleiten, ist umstritten. Nach Ansicht vieler Ernährungsexperten werden hier Zusammenhänge behauptet, die so zumindest wissenschaftlich nicht schlüssig sind.
"Man kann aus einem Laborprofil nicht ableiten, was jemand zu essen braucht."
Prof. Dr. Hans Hauner, Ernährungsexperte, TU München
Prof. Dr. Hans Hauner leitet das Ernährungszentrum der TU München. Für ihn ist Metabolic Balance ein ganz normales Gewichtsabnahmeprogramm, mit dem man auch nicht mehr abnimmt als mit anderen. Allerdings:
"Es gibt ein paar Merkwürdigkeiten, wie dieser seltsame Bluttest am Anfang, für den es keinen Grund gibt. Bei Metabolic Balance werden ja anfangs dreißig, vierzig Laborwerte gemessen, um daraus ein individuelles Ernährungsprogramm abzuleiten, das ist natürlich nicht möglich. Das sind zum Teil ganz allgemeine Laborwerte, die durch viele Faktoren beeinflusst werden können. Man kann aus einem Laborprofil nicht ableiten, was jemand zu essen braucht."
Prof. Dr. Hans Hauner
Die Beratung der mittlerweile mehreren hunderttausend Klienten übernehmen von Dr. Funfack ausgebildete und zertifizierte Betreuer. Im Grunde kann sich jeder, auch ganz ohne Vorkenntnisse, in 17 Tagen und für circa 2.500 Euro zum Metabolic Balance Berater ausbilden lassen, und so an Dr. Funfacks Geschäftsidee mitverdienen.
Vier Phasen
Der Metabolic Balance Plan sieht vier Phasen vor:
- Er beginnt mit zwei Vorbereitungstagen, in denen zuerst mithilfe von Abführmittel der Darm komplett entleert wird, und dann nur wahlweise Obst, Gemüse, Kartoffeln oder Reis gegessen werden darf.
- Anschließend folgt eine mindestens 14-tägige strenge Umstellungsphase mit einem exakten Ernährungsplan, individuell vorgeschriebenen Nahrungsmitteln und strikten Mengenangaben - ganz ohne Alkohol und Süßes. Auch Kohlenhydrate wie Reis oder Nudeln sind verboten.
- Nach der gewünschten Gewichtsreduktion folgt in der dritten Phase dann eine gelockerte Umstellung.
- Abschließende folgt eine Erhaltungsphase.
Besonderes Augenmerk wird bei Metabolic Balance auf die Trennung der unterschiedlichen Eiweißsorten gelegt. Ernährungswissenschaftler, wie der Münchner Professor Hans Hauner, halten auch diese Unterscheidung für nicht relevant - ebenso wenig, wie die grammgenauen Vorgaben und detaillierten Empfehlungen ganz bestimmter Lebensmittelsorten.
"Das ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. Gerade bei Gemüse ist sehr wenig Energie enthalten. Es spielt sicherlich keine Rolle, ob man jetzt 80 g Kohl isst oder 120 g."
Prof. Dr. Hans Hauner
Auch die praktische Umsetzung der Diät im Alltag ist schwierig. Für die Klienten bedeuten die Vorgaben, dass sie in diesen ersten beiden Wochen, der sogenannten strengen Phase, mühsam mit der Waage kochen müssen.
Das wahre Erfolgsgeheimnis
Trotz aller Kritik zeigt sich in der Praxis, dass Metabolic Balance vielen Kunden geholfen hat abzunehmen. Wahrscheinlich ist das wahre Erfolgsgeheimnis auch relativ einfach: Wer 400 Euro ausgibt, um abzunehmen, ist auch motiviert, es tatsächlich zu tun. Und jeder, der wenig Fett und kaum Kohlenhydrate zu sich nimmt, dafür aber Gemüse und Eiweiß isst, wird abnehmen, wie ja auch viele andere LowCarb Diäten zeigen.
Wer sich die 400 Euro sparen will, dem hilft ein einfacher Ratschlag des Ernährungswissenschaftlers Prof. Dr. Hans Hauner beim Abnehmen:
"Man braucht diesen komplizierten Plan nun wirklich nicht. Man kann sich auch mit ganz einfachen Lebensmitteln des normalen Verzehrs kaloriengerecht ernähren, genauso Gewicht abnehmen und dieses Gewicht halten. Dieser Aufwand ist nicht unbedingt notwendig, man schafft es auch mit ganz einfachen Mitteln."
Prof. Dr. Hans Hauner
Letztlich führt also auch hier nichts an den altbekannten und bewährten Abnehmregeln vorbei: Wer sich vernünftig und abwechslungsreich ernährt und sich vor allem viel bewegt, und so mehr Kalorien verbraucht als er aufnimmt, der ist auf jeden Fall auf einem sehr guten Weg zum Idealgewicht.