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Mietrecht Eigenbedarfskündigung - sofort raus aus der Wohnung?

Ein Mieter kann unter Einhaltung der gesetzlichen Frist seine Wohnung jederzeit grundlos kündigen. Der Vermieter kann das nicht, er benötigt in der Regel einen Kündigungsgrund. Oft wird eine Kündigung dann mit dem sogenannten "Eigenbedarf" begründet. Ob das immer berechtigt ist und was Sie als Mieter tun können und als Vermieter wissen sollten, erklärt Rechtsanwalt Markus Saller.

Stand: 13.06.2022

Kündigungsbrief auf einer PC-Tastatur | Bild: BR / MEV / Christian Albert

Was Eigenbedarf genau bedeutet

Eigenbedarf ist ein Begriff im Mietrecht, der einen besonderen Kündigungsgrund beschreibt. Die wichtigsten Voraussetzungen für eine gültige Eigenbedarfskündigung sind:

  • Der Vermieter selbst oder ein naher Angehöriger wollen die Wohnung nutzen.
  • Die Kündigungsfristen wurden eingehalten.
  • Die Kündigung wurde konkret begründet und die Gründe können vom Mieter nachgeprüft werden.

Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) muss der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses haben. Zum Beispiel, wenn er die Räume für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt.

  • Zu den Familienangehörigen zählen laut Gesetzgeber Kinder, Eltern, Großeltern, Enkel, Geschwister, Nichten und Neffen des Eigentümers. Wer nicht dazu zählt, sind: geschiedene Ehepartner und entferntere Verwandte wie Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen, Schwager und Schwägerinnen. Ausnahme: Zwischen ihnen und dem Vermieter besteht ein besonders enger Kontakt (so die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs).
  • Angehörige des Haushalts können Personen sein, die dauerhaft beim Wohnungseigentümer leben und keinen eigenen Haushalt führen. Zum Beispiel: Pflegekinder, Lebensgefährten und deren Kinder, aber auch Hausangestellte wie Pflegepersonal und Haushaltshilfen.

Die Angehörigkeit zur Familie oder zum Haushalt als Kündigungsgrund

Die reine Zugehörigkeit reicht als Kündigungsgrund nicht aus. Der Vermieter muss den Bedarf immer auch begründen. Zum Beispiel damit, dass die Wohnung günstiger ist oder näher am Arbeitsplatz liegt. Auch, wenn wegen einer Heirat, Nachwuchs oder Krankheit mehr Platz benötigt wird.

Der Vermieter kann auch kündigen, wenn er die Wohnung beruflich nutzen will, etwa als Praxis oder Anwaltskanzlei. Auch die Nutzung als Zweitwohnung oder Ferienwohnung kann erlaubt sein – es kommt allerdings immer auf den Einzelfall und die Begründung an.

Wenn die Begründung für den Eigenbedarf fehlt, ist die Kündigung unwirksam. In diesem Fall muss der Mieter nichts tun: Also nicht widersprechen, er muss auch nicht ausziehen und kann erstmal abwarten, was geschieht.

Kann der Vermieter wegen Eigenbedarf kündigen, wenn er die Immobilie verkaufen will?

Der geplante Verkauf einer Immobilie stellt grundsätzlich keinen Kündigungsgrund dar. Auch der spätere neue Eigentümer kann nicht einfach so wegen Eigenbedarf kündigen, sondern nur bei Vorliegen der entsprechenden Gründe.

Allerdings auch nur, wenn keine Kündigungssperrfrist gilt. Diese besteht dann, wenn ein Mehrfamilienhaus während der Mietzeit in einzelne Eigentumswohnungen gemäß WEG (Wohnungseigentümergemeinschaft) aufgeteilt wurde.

Der Mieter muss nicht sofort ausziehen

Es gelten die normalen, gesetzlichen Kündigungsfristen. Die richten sich nach der Dauer des Mietverhältnisses. Bei einer Mietdauer bis zu 5 Jahren beträgt die Kündigungsfrist 3 Monate, bei einer Mietdauer bis zu 8 Jahren sind es 6 Monate, und wer länger als 8 Jahre in der Wohnung lebt, hat 9 Monate Zeit bis zum Auszug. Bei sehr alten Mietverträgen kann es sogar noch längere Fristen geben.

Der Mieter kann von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch machen.

Ein Widerspruch hat vor allem dann Aussicht auf Erfolg, wenn die Kündigung des Mietvertrags wegen Eigenbedarf unzulässig ist oder der Mieter einen Härtefall nachweisen kann. Entweder zieht der Vermieter seine Kündigung zurück oder es muss ein Gericht entscheiden, ob der Bedarf des Mieters oder der des Vermieters an der Wohnung schwerer wiegt.

Wann liegt ein Härtefall vor?

Eine unzumutbare Härte kann vorliegen bei: Krankheit, Schwangerschaft, anstehenden Prüfungen oder einer langen Mietdauer mit einer starken Verwurzelung im sozialen Umfeld.

  • Achtung: Auch hier kommt es immer auf den Einzelfall an. Ein hohes Alter zum Beispiel macht einen Mieter noch nicht zum Härtefall.

Wenn Mieter keine neue Wohnung finden, kann auch das als Härtefall zählen. Allerdings müssen Mieter beweisen, dass sie alles getan haben, um eine Ersatzwohnung zu finden, zum Beispiel einen Makler beauftragt oder Inserate geschaltet. Der Hinweis auf einen angespannten Wohnungsmarkt allein reicht nicht.

Letztlich muss das Gericht eine Abwägung dahingehend vornehmen, ob der Eigenbedarf und damit das Interesse des Vermieters oder die vom Mieter eingewendete Härtefallregelung überwiegt.

Und wenn der Mieter das Gefühl hat, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht wurde?

Der Mieter muss nachprüfen können, dass gemäß den gesetzlichen Bestimmungen tatsächlich Eigenbedarf des Vermieters vorliegt. Deswegen muss der Eigenbedarf in der Kündigung ausführlich begründet werden. Sollte der Bedarf tatsächlich nicht bestehen, gilt der Kündigungsgrund als nicht nachgewiesen und evtl. sogar als vorgetäuscht.

Dann ist wiederum der Mieter in der Pflicht: Er muss die Vortäuschung beweisen und kann Schadenersatz fordern. Kann dem Vermieter tatsächlich Betrug nachgewiesen werden, kann das für ihn teuer werden und strafrechtliche Konsequenzen haben.

Wenn der Mieter einfach nicht ausziehen will

Dann kann der Vermieter Räumungsklage erheben und im äußersten Fall die Wohnung zwangsräumen lassen.

Diese drastischen Mittel können aber langwierig und teuer werden, weshalb die meisten Eigentümer den Mietern einen Mietaufhebungsvertrag und eine Geldsumme anbieten, damit sie ausziehen.

Für Vermieter gilt: Da das Kündigungsschreiben sehr sorgfältig zu verfassen ist und eine ganze Reihe von Formalitäten zu beachten sind, ist es empfehlenswert, sich vorab von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen. Dies gilt umso mehr dann, wenn mit einem Widerspruch durch den Mieter zu rechnen ist.  

Gut zu wissen:

Die Auseinandersetzungen, die im Zusammenhang mit Eigenbedarfskündigungen vor Gericht ausgetragen werden, haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Keine andere Kündigungsmöglichkeit durch den Vermieter ist so umstritten und führt zu so vielen Rechtsstreitigkeiten wie die Kündigung bei Eigenbedarf. Deshalb sollten Sie im Einzelfall einen rechtlichen Beistand zu Rate ziehen.

Viel Erfolg wünschen Rechtsanwalt Markus Saller und "Wir in Bayern"!


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