Corona-Krise Studentenleben ganz anders: Wie sich Studium, Job und Alltag jetzt verändern
Das Sommersemester 2020 beginnt. Doch vieles ist nicht mehr so, wie es war. Wie geht es weiter an den deutschen Hochschulen? Was ändert sich für die Studierenden? Wie kommen sie mit dem digitalen Unterricht zurecht? Und was fehlt ihnen am meisten? Über all das haben wir mit Studieren in ganz Deutschland gesprochen.
Normalerweise kämen die Student*innen jetzt ausgeruht aus den Semesterferien: viele hätten eine Reise gemacht, am Strand gechilled, eine interessante Stadt entdeckt, endlich in Ruhe die Uni-Unterlagen geordnet und sich perfekt vorbereitet auf die kommenden Vorlesungen. Aber: alles ist jetzt durch die Corona Krise anders.
Forschungsprojekt geplatzt
Mathias, 23 Jahre, 8. Semester studiert Soziologie an der Technischen Universität Berlin
Ich arbeite als studentische Hilfskraft an der Uni und unser Forschungsprojekt kann jetzt nicht mehr so, wie wir es geplant hatten, weitergeführt werden. Wir beschäftigen uns mit der Umgestaltung von Straßenzügen, wie sie gerechter zwischen Fußgängern, Radfahrern und Autos aufgeteilt werden können. Eigentlich wollten wir demnächst nach Wien fahren, denn dort gibt es schon solch neue Begegnungszonen. Die Exkursion fällt jetzt erstmal aus.
Was fehlt dir persönlich?
Meine Eltern, die in Frankfurt wohnen, habe ich in diesem Jahr überhaupt noch nicht gesehen. Ich vermisse unsere Familientreffen und ich mache mir Sorgen um meinen Vater, der zur Risikogruppe gehört. Meine Freunde fehlen mir natürlich auch – Treffen finden ja nur noch online statt. Wie sich diese Art von „physical distancing“ in unserem sozialen Gedächtnis verankern wird, wird sich erst noch zeigen. Möglicherweise schleicht sich ein permanenter Angst-Zustand anderen Menschen gegenüber ein. Oder genau das Gegenteil: dass nach einer Lockerung der jetzigen Kontaktverbote viel zu viele Treffen stattfinden und alles übertrieben wird.
WG ist gerade kein Zuhause
Alix, 19 Jahre, 2. Semester studiert Kunstgeschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn
Anfang der Semesterferien bin ich nach Frankfurt zu meinen Eltern gefahren und habe eine Seminararbeit geschrieben. Jetzt stecke ich hier irgendwie fest. Eigentlich wohne ich in Bonn mit vier Mitbewohnerinnen in einer WG, aber keine von ihnen ist bisher in unsere Studentenwohnung zurückgekehrt - ganz alleine möchte ich nicht in die vielen Zimmer zurück. Das Studentenleben, das für mich ja gerade erst angefangen hat, geht jetzt erstmal nicht weiter.
Meine Uni ist sehr gut organisiert und vorbereitet, finde ich. Es wird wohl ein reines Online-Sommersemester geben und das verbringe ich, wie es aussieht, bei meinen Eltern in meinem Kinderzimmer. Die praktischen Übungen an der Uni, beispielsweise ein Fotokurs, werden wahrscheinlich nicht stattfinden. Das finde ich sehr schade; ich hatte mich schon richtig darauf gefreut.
Was fehlt dir persönlich?
Ich vermisse, wie alle anderen auch, meine Freunde. Es fühlt sich komisch an, meine beste Freundin, die eine Straße weiter weg wohnt, nicht besuchen zu dürfen.
Sehr gerne möchte ich mal wieder in der Sonne in einem Café sitzen und einfach die Atmosphäre dort genießen. Aber im Großen und Ganzen bin ich gut gelaunt, mir ist nicht langweilig. Manchmal frage ich mich aber schon: wann kann ich mein Leben wieder zurückhaben?
Rezept für "Bananenbrot à la Alix"
Zutaten:
3 reife Bananen
200 g geriebener Apfel, Apfelmus oder Apfelmark
200 g Dinkelmehl gemischt mit Kokosmehl (wenn man mag)
1/2 Packung Backpulver
2 Eier
Zimt
1 TL Kokosblütenzucker und/oder 1 TL Ahornsirup
Zubereitung:
- Den Apfel reiben und mit den gestampften Bananen in eine Schüssel geben. Die Eier dazu und zu einem Brei verrühren.
- Backpulver, Mehl, Zimt und Zucker hinzugeben.
- In eine längliche Kuchenform geben und bei 180 Grad Umluft etwa 40 Minuten backen.
Studentenjob ist weg
Denise, 24 Jahre studiert im 2. Semester Masterstudiengang Health Science an der Technischen Universität München
Die größte Veränderung ist, dass mein Studentenjob in der Gastronomie weggefallen ist. Alle Kneipen und Restaurants haben ja geschlossen und somit auch das italienische Lokal, in dem ich gearbeitet habe, um mein Studium zu finanzieren.
Über eine Agentur habe ich einen neuen Job gefunden: Regale einräumen in einem Supermarkt. Zweimal die Woche für acht Stunden – das ist ok. Mehr Schichten bekomme ich gar nicht, weil ja gerade viele Studierende nach neuen Jobs suchen.
Im kommenden Semester wird vieles oder sogar alles online an der Uni gemacht. Das finde ich für die Vorlesungen gar nicht so schlecht. Ich kann selbst entscheiden, wann und wie viele ich mir anschaue. Wie es mit den Seminaren sein wird, kann ich mir gerade noch nicht so richtig vorstellen: wir arbeiten dort sehr praxisbezogen auch in Gruppen. Wie wird das jetzt wohl werden?
Was fehlt dir persönlich?
Eindeutig der Körperkontakt zu lieben Menschen. Jemanden zur Begrüßung oder beim Abschied umarmen und auch selbst umarmt zu werden. Das fehlt mir sehr. Überhaupt: mich einfach frei bewegen zu können, abends mit Freunden mal wieder in eine Bar gehen und zusammen sein.
Andererseits habe ich jetzt viel Zeit für mich selbst. Normalerweise sagt man ja so oft: „Ich habe hierfür keine Zeit und dafür auch nicht“. Jetzt gibt es die Zeit und plötzlich schreibe ich Dinge auf, ich meditiere, schaue mir die Natur beim Spazieren gehen an. Ich kümmere mich mehr um meine psychische Gesundheit und die körperliche, ich jogge zum Beispiel wieder.
Einstieg in den Beruf ist unsicher
Lion, 30 Jahre studiert im 9. Semester Lehramt Mittelschule an der Ludwig-Maximilians-Universität München
Die Staatsexamensprüfungen sind seit Mitte März auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Zwei fehlen mir noch, ich bin aber zuversichtlich, dass sie spätestens im Mai stattfinden werden. Mein Lernplan ist durcheinander geraten und es ist nicht einfach, auf eine Prüfung zu lernen, zu der es keinen festen Termin gibt.
Für das Referendariat, das im September starten soll, habe ich mich angemeldet.
Aber was passiert, wenn ich eine der Prüfungen nicht geschafft habe oder nicht schaffen werde? Kann ich die bis August nachschreiben?
Letztendlich finde ich, dass die Kommunikation mit der Uni Online gut funktioniert. Auch die Videochat-Lerngruppe ist abwechslungsreich und lustig. Ich glaube, Schule und Lernen sind digital möglich. Und falls nochmal ein Virus kommen sollte, sind wir mit den jetzigen Erfahrungen besser vorbereitet.
Was fehlt dir persönlich?
Freunde, Familie – klar! Aber auch der Basketballverein, das Trainieren in der Gruppe. Es gibt virtuelle Trainingseinheiten,aber das ist nicht dasselbe als mit- und gegeneinander zu spielen. Genau das Gleiche gilt für den Chor. Unsere Chorproben finden jetzt mit Skype statt. Das akustische Signal kommt meistens verzögert an. Aber Spaß haben wir trotzdem und wir üben einfach weiter - wir wollen doch auch irgendwann mal wieder auftreten.