Prof. Dr. Nina Nestler, Rechtswissenschaftlerin Dual-Use-Risiko im Strafrecht - wie die global vernetzte Welt unsere Strafrechtsordnung verändert
Software, Werkzeuge zum Schneiden oder Sensoren: Sie sind Beispiele für „Dual Use Waren“; einerseits nützlich, andererseits können sie in den falschen Händen zu Waffen werden. Die Strafrechtlerin Prof. Dr. Nina Nestler beschäftigt sich damit, wie das Strafrecht dem Missbrauch gerecht werden kann.
Was hat Software zum Erstellen digitaler Signaturen gemeinsam mit Kugellagern, optischen Sensoren oder Werkzeugen zum Schneiden von Metallen und Keramiken? Antwort: alles sind sogenannte Dual-Use-Waren. Alle sind wichtig und nützlich, aber alle können in den falschen Händen gefährlich sein, weil sie auch wichtige Bestandteile für die Herstellung, etwa von Waffen und Kriegsgerät sein können. Wer also bestimmte Software im Internet ohne Genehmigung zum Download bereitstellt, kann sich nach dem Außenwirtschaftsgesetz strafbar machen. Dort werden Verstöße gegen die Dual-Use-Verordnung der Europäischen Union mit Strafe bedroht.
Das Strafrecht versucht den Risiken einer missbräuchlichen Verwendung dieser eigentlich harmlosen Gegenstände zu begegnen. Das Problem dabei: Die Realität wird immer komplexer, Gegenstände, Software und Technologie werden immer multifunktionaler, Risiken werden unvorhersehbarer und in ihrer Wirkung oft auch unkalkulierbar. Das zu regeln, ist mit herkömmlichen Mitteln nicht möglich. Nina Nestler beschäftigt sich mit den Antworten, die die Strafrechtsordnung für solche hochaktuelle und juristische Fragestellungen finden kann.
Kurzvita:
Nina Nestler studierte Rechtswissenschaft an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Nach dem Ersten Staatsexamen folgten das Referendariat und das Zweite Staatsexamen im Jahr 2007. Sie promovierte und habilitierte an der Universität Würzburg und wurde 2013 mit dem Röntgenpreis der Universität ausgezeichnet. Seit April 2014 ist sie Inhaberin des Lehrstuhls für Strafrecht III (Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschaftsstrafrecht und internationales Strafrecht) an der Universität Bayreuth. Nina Nestler war von 2015 bis 2022 stellvertretende Vorsitzende der Ethikkommission der Universität Bayreuth, Studiendekanin der Fachgruppe Rechtswissenschaft, seit 2017 ist sie Mitherausgeberin der Zeitschrift Jura – Juristische Ausbildung und Von 2015 bis 2022 war sie Direktorin der Forschungsstelle für angewandtes Strafrecht. Ihre Forschungsgebiete liegen an der Schnittstelle von Wirtschaftsstrafrecht und Internationalem Strafrecht; aktuelle Themen sind Dual Use Research of Concern, Finanzsanktionen sowie Compliance in exportierenden mittelständischen Unternehmen. Seit 2020 und noch bis Juni 2025 ist sie Direktorin der Forschungsstelle für angewandtes Strafrecht (FAS). Seit Oktober 2022 ist sie Vizepräsidentin für Internationalisierung, Chancengleichheit und Diversity der Universität Bayreuth.