Franken - Buchtipps


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Geburtstag eines Poeten Eugen Gomringer wird 90

Ihm ist etwas gelungen, was nur ganz wenigen Autoren glückt: Er ist ein Erfinder im Bereich der Poesie. Eugen Gomringer - von Hermann Hesse gelobt und in Franken daheim. Der Poet wird heute 90 Jahre alt.

Von: Dirk Kruse

Stand: 20.01.2015 | Archiv

Eugen Gomringer | Bild: BR/Markus Konvalin

Er ist Schweizer, wurde am 20. Januar 1925 in Bolivien geboren, lebt seit mehr als 40 Jahren in Oberfranken und ist einer der bedeutendsten Lyriker und Kunstkenner der Gegenwart - die Rede ist von Eugen Gomringer. Seit 1951 hat Gomringer die Weltpoesie um eine ganz neue Spielart bereichert: Die Konkrete Poesie, als deren Vater er seitdem bezeichnet wird.

Auf das Wichtigste reduziert

Gomringer studierte Nationalökonomie, Kunst- und Literaturgeschichte in Bern und Rom. Im Anschluss absolvierte er ein Volontariat bei einer Tageszeitung bis 1953. Als junger Mann schrieb Gomringer Sonetten in der Nachfolge Stefan Georges und schickte sie Hermann Hesse, der diese Verse lobte. Doch dann entdeckte Gomringer 1944 auf einer Ausstellung in Basel die Konkrete Kunst. Reduzierte Kunstwerke waren das, gestaltet aus einfachen Farben und Formen, wie Kreis oder Quadrat. Die radikale Einfachheit wollte Eugen Gomringer in der Sprache nachbilden - eine Revolution in der Poesie.

"Bei mir bestand diese Revolution darin, dass ich mich auf einzelne Lettern und Buchstaben des Alphabets und einzelne Worte und ganz kurze Sätze bezog. Wobei aber jedes Wort seine eigene Betonung seine eigene Bedeutung erhält."

Eugen Gomringer

Statt Verse zu schmieden, setzte Gomringer seit 1951 schlichte Wörter zueinander in Beziehung, Konstellationen nannte er das. Durch die bloße Anordnung von Wörtern und ihre gezielte Umgruppierung, also durch das dichterische Design, entstanden Beziehungen, ergaben sich Sinn und Schönheit. Der Begriff von der Konkreten Poesie wurde von ihm selbst geprägt.

In den 1960er-Jahren war Gormringers Form der Lyrik überaus populär und fand Eingang in die Werbung. Ein Jahrzehnt später begann das öffentliche Interesse bereits zu schwinden. Ab 1976 wird der Wahloberfranke in der akademischen Lehre aktiv. Der Wahloberfranke lebt in Rehau, wo er seit dem Jahr 2000 zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn das "Institut für Konkrete Kunst und Poesie" leitet.

Unterstützung aus der Industrie

Der Unternehmer und Politiker Philipp Rosenthal, der den Lyriker und Kunstexperten Eugen Gomringer als Kulturbeauftragter der Rosenthal AG in Selb 1967 nach Oberfranken holte, soll einmal zum Dichter gesagt haben: "Ihre Begrenzung ist der Schweizer, aber ihre Möglichkeit ist der Indianer." Eine gute Beobachtung, wenn man das schweizerische väterliche Erbgut für messerscharfen Intellekt stehen lässt und das bolivianische mütterliche Erbgut für kreativen Spieltrieb. Diese beiden Seelen vereint Gomringer nicht nur in seiner Brust, sondern auch in seinem Werk.

Schweigende Lyrik

Gomringers Gedicht "Schweigen"

Visuelle Gedichte, wie das berühmte "Schweigen", das 14 mal aus dem Wort schweigen besteht, aber in der Mitte eine Lücke lässt und so das Schweigen versinnbildlicht, gehören längst zum Hausschatz deutscher Gedichte und haben Einzug in die Schulbücher gehalten. Gerade Kinder lieben diese leicht zu verstehende Konkrete Poesie und sie versuchen sich im Deutschunterricht selbst am Verfassen solcher Lyrik.

Eugen Gomringers Tochter Nora-Eugenie ist ebenfalls Autorin. Sie verhalf dem Poetry Slam in Deutschland zur Popularität. Seit 2010 leitet sie das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia in Bamberg.

Buchtipps mit Poesie und Konkretem

Wenn auch die hohe Zeit der Konkreten Poesie in den 1960er- und 1970er-Jahren lag, ist doch die Wieder- und Neubegegnung mit Gomringers nun klassisch gewordenem Werk eine ganz lohnende Lektüre. Der Autor ist so etwas wie der Cheftheoretiker des Konkreten. Es entstanden mal tiefschürfende, mal spielerische Aufsätze und Reden zur Konkreten Poesie und zur Konkreten Kunst.


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