Root Leeb Hero
Die in Würzburg geborene und in Unterfranken aufgewachsene Root Leeb ist Malerin und Autorin. Mit "Hero" hat sie nun ihren dritten Roman vorgelegt - ein Roman über Familie, Liebe und Tod.
Hero Wieland ist ein Familienpatriarch wie er im Buche steht. Ein belesener Unternehmer, knapp über siebzig, streng, vernünftig, gebildet, bestimmend. Das Kraftzentrum einer Großfamilie, die aus einer eher stillen Ehefrau, fünf nicht so ganz wohlgeratenen Kindern und diversen Enkeln und Urenkeln besteht. Doch die Diagnose Nierenzellkarzinom beim Familienoberhaupt bringt das Gefüge der Wielands wesentlich ins Wanken. Denn es stellt sich heraus, dass die Mitglieder des Clans wenig miteinander gemeinsam haben, sie keinen vernetzten Verbund bilden, sondern dass der dominierende Vater die Familie in bilateralen Beziehungen zusammenhält.
"Mit einer großen Familie verhält es sich wie mit Locken oder schwarzen Haaren oder mit anderen Dingen, mit denen man zur Welt kommt und die man nicht selbst gewählt hat. Wer sie hat, versucht sie loszuwerden oder zu verändern."
Buchzitat aus 'Hero'
Je mehr der kranker werdende Hero Wieland die Zügel aus der Hand geben muss, desto mehr entwickeln sich in dieser Familie plötzlich eigenständige Beziehungen. Ein Lernprozess für alle Mitglieder – auch für den Patriarchen, der sich eine immer freiere und unbekümmerte Haltung erwirbt je näher es für ihn ans Sterben geht. Der literaturliebende Hero will nicht so enden wie der einsam sterbende Dichter Tolstoi, was ihm schließlich auch gelingt. Doch bei ihrem Roman stand nicht nur Tolstoi, sondern noch ein anderer Weltliterat Pate, erzählt die Autorin Root Leeb.
"Auslöser war eigentlich Shakespeare. Das King Lear-Drama hat mich immer sehr fasziniert mit dieser nicht richtig wahrgenommenen Tochter. Das war das eine. Das andere war: Ich komme selbst aus einer Großfamilie, sogar noch größer als die hier Geschilderte. Und die starke Vaterpersönlichkeit gab es auch. Es war ein Zusammenspiel. Im Laufe meines Lebens habe ich bei großen Familien gesehen: Dort gibt es immer ein Kind, das nicht richtig wahrgenommen wird. Und meistens ist es das in der Mitte. Die Ältesten haben ein nicht immer beneidenswertes Päckchen auf den Schultern zu tragen, die Jüngsten sicher auch. Aber die Unsichtbaren sind in der Regel die in der Mitte."
Autorin Root Leeb
Info & Bewertung
Root Leeb: Hero, Cadolzburg 2012, Ars Vivendi Verlag, 224 Seiten, 16,90 Euro, ISBN 978-3-86913-175-7
Erzählt wird dieser beeindruckende Roman aus zwei Hauptperspektiven: Der der mittleren Sandwich-Tochter Nele, die ihre vermeintliche Unsichtbarkeit vertreibt, indem sie sich einen schwarzen Freund wählt und in Ich-Perspektive berichtet, und der von Vater Hero, über den in der dritten Person referiert wird. Drum herum kommen in kurzen Kapiteln die einzelnen Familienmitglieder zu Wort, um Heros Geschichte facettenartig zu beleuchten. Geschrieben ist dieses Familienkaleidoskop in einer ebenso lakonischen wie poetischen Sprache, die niemals kitschig wird, sondern erdenschwere Dinge mit einer bezaubernden Leichtigkeit verhandelt. Es stimmt tatsächlich: Sterben ist nicht lustig. Aber wenn Root Leeb es wirklichkeitsnah, einfühlsam und sanft humorvoll beschreibt, verliert es seinen Schrecken.
Zur Person: Root Leeb
Die 1955 in Würzburg geborene und in Unterfranken aufgewachsene Root Leeb ist als Zeichnerin und Malerin bekannter als Autorin. Sie hat u.a. schon viele Bücher ihres Mannes, des Erzählers Rafik Schami, mit herrlich farbigen Impressionen illustriert und verschönert. In großen Abständen meldet sich Root Leeb aber auch selbst als Romanautorin zu Wort. Nach "Tramfrau" (1994/2003), in dem sie ihre Erfahrungen als Straßenbahnfahrerin in München thematisiert – sie hat diesen Beruf nach einem Studium der Germanistik, Philosophie und Sozialpädagogik sechs Jahre lang ausgeübt – und nach "Mittwoch Frauensauna" (2001), wo sie sich auf einfühlsame und humorvolle Weise mit den Wechseljahren beschäftigt, legte Root Leeb ihren dritten Roman vor. Er heißt "Hero", ist im fränkischen Ars Vivendi Verlag erschienen und handelt vom letzten Lebensjahr eines Familienpatriarchen.
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