Lothar Reichel Insel der Dämonen
Mit fränkischen Krimis wie "Kindertotenlieder", "Karfreitagszauber", "Walpurgisnacht" oder "Totengräberspuk" hat sich der gebürtige Schweinfurter Lothar Reichel ein begeistertes Publikum erschrieben. Nun hat er seinen ersten "Nicht-Krimi" veröffentlicht.
"Insel der Dämonen" ist ein schön gestaltetes Buch mit festem Einband, illustriertem Schutzumschlag und Lesebändchen, fast 500 Seiten dick. Inhaltlich und von der Aufmachung her ein ganz anderer Roman als die 200 Seiten starken Schweinfurt-Krimis in Taschenbuchformet, für die Lothar Reichel bekannt ist. Was bringt einen angesehenen Autor von fränkischen Regionalkrimis dazu, sich plötzlich mit dem Zauber des fernen Bali zu beschäftigen?
"Es war andersrum. Ich habe dieses Bali-Buch vor den Schweinfurt-Krimis geschrieben. Und es lag in Manuskriptform da und war gerade so im Werden, dass es gedruckt wird, und da sind die Schweinfurt-Krimis sozusagen dazwischen gekommen."
Autor Lothar Reichel
Denn Asien hat es dem vielgereisten bei Schweinfurt lebenden Radiojournalisten und studiertem Religionswissenschaftler schon immer angetan. Besonders die indonesische Insel Bali. Für ihn ein Seligkeitsort.
"Es klingt immer so pathetisch, wenn man das so sagt, aber selbst heute noch, wenn ich nach Bali komme, habe ich immer noch das Gefühl: Ich komme nach Hause. Dort stimmt es für mich. Es ist schön dort. Mich hat diese Kultur dort unglaublich fasziniert, die Musik, die Tänze, diese Tanzdramen. Ich finde die eigenartige Religion faszinierend, die dort alles durchdringt, Leben und Kunst, und eine ganz eigene Form des Hinduismus ist. Und die Menschen sind mir irgendwie sehr nahe. Ich habe mit denen irgendwo eine gemeinsame Ebene."
Autor Lothar Reichel
Und auf einer seiner vielen Reisen nach Bali, bekam Lothar Reichel dann auch die Inspiration für seinen Roman.
"Als ich am Anfang so auf Bali in den 80er- und 90er-Jahren war, habe ich immer gesehen, dass alle Touristen, und vor allem Touristinnen - es sind ja meist Frauen, die lesen - dass die alle das gleiche Buch gelesen haben. ‚Liebe und Tod auf Bali' von Vicki Baum, das ich auch kannte. Da dachte ich: Irgendwann müsste es mal in Deutschland einen zweiten Bali-Roman geben."
Autor Lothar Reichel
Und der ist Lothar Reichel aufs Glücklichste gelungen. In "Insel der Dämonen" wollen Mutter Amanda und Tochter Lena aus Deutschland, beide mit ihren eigenen Generationsproblemen beschäftigt, einen Strandurlaub auf Bali machen. Doch dann erliegen sie der Faszination der Tropen, tauchen ein in die exotische Inselwelt, unternehmen eine abenteuerliche Suche nach einem verschollenen Bild und ein weit zurückliegender Mord wird auch noch aufgeklärt. Die Abgründe der menschlichen Natur, gemixt mit einer guten Portion Humor, haben den Autor schon immer interessiert, nicht erst, seitdem er Kriminalromane schreibt. Raffiniert wird dieser spannend und süffig zu lesende Roman aber noch durch eine zweite Erzählebene. In der lässt er die Erfolgsschriftstellerin Vicki Baum, die in den 30er-Jahren einige Zeit auf Bali verbrachte, selbst zu Wort kommen.
"Alle hatten so viel gewusst und so viel prophezeit. Doch das, was wirklich geschehen würde, hat keiner geahnt. Und es wird auch nie jemand erfahren. Wenn ich es aufschreibe, dann nur, weil Schreiben das einzige Narkotikum ist, das bei mir Wirkung zeigt. Aber ich lasse diese Blätter zurück. So wird etwas von mir hierbleiben, wenn ich morgen gehen werde. Ich werde nur in Gedanken zurückkehren, wenn ich erneut über Bali schreibe. Aber das wird etwas ganz anderes sein, nicht die eigentliche Geschichte, und so werde ich die Welt täuschen. Man wird das andere lesen, sich damit zufrieden geben und nichts vom Wirklichen ahnen."
Buchzitat: Insel der Dämonen
Info & Bewertung
Lothar Reichel: Insel der Dämonen. Eine Geschichte von Liebe und Tod auf Bali. Roman, Würzburg 2015, Buchverlag Peter Hellmund, 494 Seiten, 24,00 Euro, ISBN 978-3- 939103-60-8
"Die eigentliche Geschichte ist, was sie in dieser Nacht auf Bali schreibt. Das ist meine Fiktion. Also bei mir sitzt eine Schriftstellerin desillusioniert vom Leben in der letzten Nacht auf Bali und schreibt darüber, dass sie ihre letzte große Liebe verloren hat und dass sie jetzt allmählich ins Alter kommt. Ich lasse offen, ob das Vicki Baum ist. Ich habe das gemacht, weil ich nichts Dokumentarisches über Vicki Baum im eigentlichen Sinne schreiben wollte. Manches von dem ist biographisch nachprüfbar, anderes ist reine Erfindung, wie es ein Romanschriftsteller sich so leisten darf." Autor Lothar Reichel
Um sich in Gestus und Ton der Vicki Baum richtig einzufühlen, hat Lothar Reichel diese Passagen extra mit der Hand geschrieben. Das ist dieser Rollenprosa gut bekommen. "Insel der Dämonen" ist eine farbenreiche, spannende und unterhaltsame Lektüre, die einem Lust macht, den nächsten Urlaub auf Bali zu verbringen. Und egal, ob Krimi oder Bali-Roman: Lothar Reichel ist einfach ein guter Geschichtenerzähler.
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