Dieter Richter Jean Paul - Eine Reise-Biographie
Der 250. Geburtstag des fränkischen Dichters Jean Paul im Frühjahr 2013 wirft seine Schatten voraus. Über den schwierig zu lesenden Bayreuther Klassiker ist eine kleinen Biographie anhand von Jean Pauls Reisen erschienen - allerdings kam der Romancier nie über Deutschlands Grenzen hinaus. Eine Biografie von dem in Hof geborenen Hochschulprofessor Dieter Richter, der derzeit in Franken auf Lesetour ist.
"Jede Reise verwandelt das Spießbürgerliche und Kleinstädtische in unserer Brust in etwas Weltbürgerliches und Großstädtisches", beschreibt Jean Paul das Reisen. Rund 75 Mal machte sich der unstete Autor des "Hesperus", des "Titan" und der "Flegeljahre" auf in die Ferne. Anfangs als armer Poet legte er von Hof aus viele Strecken zu Fuß zurück. Später dann, als er sich ein Rang erschrieben und mehr Geld zur Verfügung hatte, reiste er per Kutsche oder Extrapost.
Reisen spiegeln Leben
Dieter Richter, geboren und aufgewachsen in Hof und bis 2004 Literaturprofessor in Bremen, beschäftigt sich immer wieder mit dem Dichter aus dem Frankenwald. Er stellte fest, dass sich Jean Pauls Biographie auch anhand seiner vielen Reisen erzählen lässt.
"Jean Paul war ein großer Reisender. Er hat selber mal von seinem Reiseleben gesprochen. Und das Motiv des Reisens ist auch in seinen Werken ein Leitmotiv. Deshalb ist es möglich, das Leben anhand seiner Reisen zu erzählen."
Buchautor Dieter Richter
Meer blieb Jean Paul verwehrt
Weit kam der in Wunsiedel geborene Dichter allerdings nicht auf seinen zahlreichen Reisen. Hauptsächlich war er in Mitteldeutschland unterwegs, in Thüringen, Sachsen und Franken. Sein nördlichster Punkt war Berlin, sein südlichster München. Die damaligen Sehnsuchtsorte der Deutschen, Italien und die Schweiz, hat er nie gesehen. Und auch nicht das Meer.
"Das Motiv der Italienreise taucht auf, aber es fehlte ihm nicht, dass er es nicht gesehen hat. Er sagt: Auch wer nach Italien reist, muss den blauen Himmel im Herzen mitbringen. Und wer in die Schweiz reist, muss die Berge im Herzen haben. Das ist sehr typisch für Jean Paul: Die Anschauung interessierte ihn nicht, und dass er nicht in Italien war, juckte ihn im Grunde nicht besonders."
Buchautor Dieter Richter
Weimar, Coburg und Bayreuth
Jean Paul war weder Bildungsreisender, der Sehenswürdigkeiten abhakte, noch Erholungssuchender. Deshalb finden sich auch relativ wenige Reisebeschreibungen in seinen Briefen. Er äußerte sich eher über Menschen als über Städte und Landschaften. Besonders liebte er die mittleren Residenzstädte wie Meinigen, Weimar, Coburg und Bayreuth. Eine Kaufmannsstadt wie Nürnberg fand kaum Gnade vor seinen Augen.
"Das Theater ist mittelmäßig. Keine Straße ist so breit und lang wie die Friedrichstraße [in Bayreuth]; alles ist Gassengedärm, durch das man sich wie ein Stück verdautes Fleisch mit hundert Fragen windet."
Jean Paul
Fernweh und Heimweh
Doch immer wieder zog es Jean Paul magisch hinaus. Reisen war für ihn eine Art Droge, ein Rausch. Er sehnte sich in Ferne und Freiheit, doch kaum unterwegs, freute er sich schon wieder auf zu Hause. Womöglich suchte er in der Fremde die fränkische Heimat. Denn drei Dinge brauchte er im Leben: Berge, Bücher und bitteres, braunes Bier.
"Jean Paul ist tatsächlich schwer zu lesen. Und man sollte in kleinen Dosen mit ihm beginnen. Niemand liest hundert Gedichte hintereinander, sondern man liest eines."
Buchautor Dieter Richter
Kleine Sprachkunstwerke
Für den Einstieg in das Textgebirge Jean Pauls sollte man daher nicht mit den dicken Romanen beginnen, rät Dieter Richter, sondern mit den kleineren Novellen und Erzählungen. Dem "Leben des vergnügten Schulmeisterlein Maria Wutz in Auenthal" etwa oder "Des Luftschiffers Gianozzos Seebuch". Hier findet sich ein ebenso eigenwilliger wie humorvoller Autor."Man wird belohnt durch kleine Sprachkunstwerke, Juwelen, die leuchten. Nicht umsonst gab es schon 1823 eine Veröffentlichung von Jean Paul’schen Aphorismen," schwärmt Richter. Die geistigen Sinnsprüche sind noch heute unglaublich beliebt, wie beispielsweise folgender:
"Jede Gesundheit endet einmal tödlich, spätestens mit siebzig, achtzig Jahren"
Jean Paul
Jean Pauls Gesundheit endete schon vor der Zeit tödlich im Alter von 62 Jahren. Sein von übermäßigen Bier-, Wein-, Kaffee- und Opiumgenuss aufgeschwemmter Körper vermochte die Last des Erdenlebens und des Reisens nicht länger zu tragen.
Buchtipp: Jean Paul - Eine Reise-Biographie
Info und Bewertung
Dieter Richter: Jean Paul. Eine Reise-Biographie, Berlin 2012, Transit Verlag, 144 Seiten, zahlreiche Schwarzweißabbildungen, 16,80 Euro, ISBN 978-3-88747-280-1
Dieter Richters Reise-Biographie über Jean Paul ist ein charmanter Einstieg in Leben und Werk des Dichters, die Lust macht, ihn endlich auch selbst zu lesen.
Am Donnerstagabend (22.11.12) liest Dieter Richter aus seinem Buch um 19.00 Uhr im Hofer Jean-Paul-Gymnasium vor. Freitagabend (23.11.12) wird das Buch um 19.30 Uhr im Rathaus von Schwarzenbach an der Saale vorgestellt.