Matthias Egersdörfer & Lothar Gröschel "Das Lachen des Grünspechts"
Als fränkischer Kabarettist ist er bekannt und gefürchtet: Matthias Egersdörfer. Außerdem ist "Egers" auch Leadsänger der Band "Fast zu Fürth" – und er ist Buchautor. Nun hat er gemeinsam mit Bandmitglied Lothar Gröschel ein Buch über ihre muskalischen Anfänge geschrieben: "Das Lachen des Grünspechts",
Matthias Egersdörfer gehört zu den bekanntesten Kabarettisten aus Franken. Außerdem kennt man Egersdörfer als Leadsänger seiner Band "Fast zu Fürth" und als Buchautor. Zuletzt erschien von ihm 2019 im Rowohlt Verlag der Roman "Vorstadtprinz" über seine Kindheit im Nürnberger Land.
Jetzt hat sich der Kabarettist einem weiteren Kapitel seiner Autobiographie gewidmet. Zusammen mit Bandmitglied Lothar Gröschel hat Egersdörfer einen Roman über die Anfänge der Band vor 30 Jahren geschrieben. Er trägt den vielversprechenden Titel "Das Lachen des Grünspechts“.
"Ich kauf beim Aldi nicht mehr ein,
geh auch beim Lidl nicht mehr rein,
hol mir bei Norma keinen Kuchen,
will auch bei Penny nichts versuchen"
Song von 'Fast zu Fürth'
So kennt man "Fast zu Fürth" seit rund 30 Jahren. Die fränkische Boyband der mittlerweile reiferen Herren besticht durch ihre spezielle Mischung aus dadaistischen Texten, Volksmusik, Kerwa-Techno und Nonsens-Kabarett. Doch wie alles begann, wissen nur die wenigsten. Dass man darüber mal ein Buch schreiben sollte, heckten Leadsänger Matthias Egersdörfer und Mitmusiker Lothar Gröschel auf einer Tournee aus.
"Die großartige Boygroup 'Fast zu Fürth' wurde nach Davos eingeladen. Da hat man eine ziemlich lange An- und Abfahrt. Und irgendwie haben wir dann festgestellt, dass – wenn wirklich sich mal jemand bereit erklärt, ein Konzert von uns anzuschauen – dass es dann oft passieren kann, dass es den Leuten auch gefällt. Aber dass sich das noch nicht zahlenmäßig herumgesprochen hat, dass das schön sein kann. Und da dachten wir: Um das Ganze anzufeuern, schaffen wir jetzt mal ein Grundlagenwerk. Dass die Leute sich auch unabhängig von uns einarbeiten können in die Materie." Matthias Egersdörfer
Dass dieses Grundlagenwerk weder ein Sachbuch noch ein Merchandisingprodukt für Fans werden würde, dürfte nach dieser echt Egersdörferschen Antwort wohl klar sein.
"Tatütata, die Fegefeuerwehr ist da."
Song von Fast zu Fürth
Anfangs fehlte es an der Zeit den Buchplan auch umzusetzen. Doch dann kam Corona mit seinen Lockdowns und der Unmöglichkeit aufzutreten. Also setzten sich Egersdörfer und Gröschel hin und schrieben "Das Lachen des Grünspechts" – einen autofiktionalen Roman über eine Gruppe von Freunden, die aus Bummelstudenten und Azubis besteht, die Anfang der 1990er-Jahre für 500 Mark ein altes Bauernhaus in der Fränkischen Schweiz mieten und dort eine WG gründen. Auch ein vermüllter Kuhstall gehört dazu, der die Fantasie der jungen Franken als Veranstaltungsort freisetzt.
"'Dann sollten wir aber unbedingt den ganzen Scheißdreck erst einmal wegräumen', mahnte der Gerstenhauer, doch der Moll widersprach entschieden: 'Nein, nein, völlig falsch. Das alles muss genau so liegen bleiben. Wir beleuchten den Dreck, wir illuminieren das Elend – ganz subtil und raffiniert. Ich sage nur Friedrich Wilhelm Murnau, Expressionismus, psychologische Kameraführung …'
Und der Egersdörfer knüpfte nahtlos an: 'Psychodelische Lampen, wo’s dir schummrig wird beim Zuschauen. Spärlich bekleidete Weiber, die Dada-Gedichte vortragen …'
So fing sie denn an, zu klappern, die Mühle des fröhlichen Irrsinns, und die Bächlein des Leichtsinns und der Leidenschaft trieben schwungvoll das Mahlwerk an, mit dem die Freunde voller Inbrunst die ihnen zur Verfügung stehenden zwei Sack Vernunft in kürzester Zeit gänzlich zerkleinerten"
Zitat aus 'Das Lächeln des Grünspechts'
Es entstand der legendäre Kulturverein Winterstein. Der Kuhstall wurde aufgeräumt und geweißelt und Kultur aufs Dorf geholt mit Austellungen, Konzerten und Lesungen. Sogar H.C. Artmann war dort. Und schließlich griffen die jungen Kulturveranstalter selbst zum Instrument und gründeten die Band "Fast zu Fürth".
"Kleckern ist einfach."
aus Song von 'Fast zu Fürth'
Die Erlebnisse vor 30 Jahren in der fränkischen Provinz bieten viel verschwurbelten Humor und reichlich Gschmarri in barock ausladender Sprache, die mitunter an Jean Paul erinnert. Ganz eindeutig aber stand Eckard Henscheid Pate. Der hatte in den 80er-Jahren einen Riesenerfolg mit der "Trilogie des laufenden Schwachsinns", die Lothar Gröschel und Matthias Egersdörfer ausgiebig studiert haben.
"'Der Henscheid hat ganz andere Sachen geschrieben, als man damals in dieser deutschen Hochkulturliteratur zu lesen bekommen hat' 'Mir hat mein Schwager irgendwann 'Geht in Ordnung – sowieso – genau' empfohlen, und das würde ich tatsächlich als mein Humorevangelium bezeichnen. Und was ich rausgelesen habe, ist, dass man den Mikrokosmos, in dem man sich befindet, dass man den genau beschreibt, möglichst genau beobachtet, was da stattfindet, und dann ergibt sich das mit dem Humor fast von allein."
Lothar-Gröschel und Matthias Egersdörfer
Im Roman rauchen die jungen Freunde wie die Schlote und vernichten ganze Armadas fränkischen Biers. Heute geht es bei Egersdörfer und Gröschel solider zu. Die Einnahme von Stimulanzien beim Schreiben hielt sich in Grenzen. Und das gemeinsame Schreiben verlief relativ reibungslos.
"'Angefangen haben wir mit einer Idee, dass wir gegenseitig kommentieren mit ganz viel Vermerken, die der andere im anderen Text macht. Das war eine ziemlich wirre Idee und das hat uns Gottseidank der Verleger ausgeredet. Und dann hat es sich ziemlich schnell ergeben, dass einer zu schreiben angefangen hat und der nächste hat dann darauf geantwortet.'
'Und dieses abwechselnde Schreiben war ganz schön. Für mich war es immer wieder total spannend, wenn ich die neue Lieferung bekommen habe zu gucken, was gerade kommt."
Lothar-Gröschel und Matthias Egersdörfer
Info & Bewertung
Matthias Egersdörfer und Lothar Gröschel: Das Lachen des Grünspechts, mit Illustrationen von Jörg Liebsch, Fürth 2023, Starfruit Verlag, 248 Seiten, 26,00 Euro, ISBN 978-3-922895-54-1
"Das Lachen des Grünspechts" hat zwei Perspektiven, liest sich aber wie aus einem Guss. Egersdörfer und Gröschel sind halt seit Jahrzehnten Freunde und haben einen gemeinsamen Ton gefunden. Es ist ein unterhaltsames und humorvolles Buch, das aber auch Tiefgang hat. Ein autofiktionaler Roman, der ein Stück fränkischer Kulturgeschichte erzählt und in die 1990er-Jahre zurückblickt, die einmal eine hoffnungsvolle Zeit des Aufbruchs war.
"Der Tach ist hie."
aus Song von 'Fast zu Fürth'
Der humoristische Roman "Das Lachen des Grünspechts" von Matthias Egersdörfer und Lothar Gröschel ist im Starfruit-Verlag erschienen, hat 248 Seiten, ist lustig illustriert und kostet 26,00 Euro.
Am Dienstagabend (26.09.23) ist die musikalische Premierenlesung der beiden Autoren im Nürnberger Literaturhaus. Beginn ist 19.00 Uhr. Es gibt noch Karten.