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Anne Borel Ruf mich an wenn Du tot bist

"Ruf mich an wenn Du tot bist" ist das Erstlingswerk der Französin Anne Borel, die seit zwanzig Jahren in Franken lebt, liebt und arbeitet. Am Anfang des Romans steht eine skurrile Idee: Eine Frau legt ihrem verstorbenen Vater bei der Beerdigung sein eingeschaltetes Handy mit in den Sarg.

Von: Corinna Mielke

Stand: 24.01.2012

Buchcover: Ruf mich an, wenn Du tot bist! | Bild: ars vivendi; Montage: BR-Studio Franken

Seit dem Begräbnis waren drei Tage vergangen. Anouk hatte eigentlich ihrer Freundin versprochen, nicht die Handynummer ihres toten Vaters anzurufen. Aber die Versuchung war zu groß.

"Tüüt, tüüt ... Es rauschte. Plötzlich meldete sich eine Stimme: 'Hab keine Angst, ich bin's …' Anouk stieß einen Schreckensschrei aus [...] Voller Entsetzen starrte sie auf den Apparat und bewegte sich nicht von der Stelle. Es dauerte einige Sekunden, bis sie ihre Verwirrung überwunden hatte. Sie hob das Telefon auf, legte es hastig auf den Schreibtisch und eilte, ohne zu zögern, in die Küche."

Buchzitat

Die Geschichte entstand, erzählt Anne Borel, weil sie ihren Freunden immer sagte, dass sie mit ihrem Handy beerdigen werden wolle. "Weil ich gern mit meinen Freunden telefoniere", so Borel im BR-Interview. "Ich glaube, ich habe ein Problem mit dem Tod. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es einfach zu Ende ist. Und für den Fall der Fälle dass es weiter geht, möchte ich das auch melden und meine Freunde anrufen: Bitte holt mich raus.

Buchtipp: "Ruf mich an wenn du tot bist"

Im Buch  tut sich Anouk auch erst schwer damit, dass das Leben des Vaters einfach zu Ende ist, und damit für ihr eigenes Dasein abrupt ein neues Kapitel beginnt. Auf einmal ist sie Geschäftsführerin der väterlichen Firma, muss den Verlust ihres Vaters verarbeiten, mit dem sie ein eingespieltes Team war - und dann antwortet am Handy ihres toten Vaters auch noch jemand. In einer  komisch-makabren Szene hilft der Pfarrer, Anouks Vater zu exhumieren, bzw. das Handy. Doch Anouk legt schließlich das Handy wieder zu dem Toten zurück. Erst jetzt beginnt sie, Schritt für Schritt, sich ihrem plötzlichen Alleinsein zu stellen.

"Was macht man, wenn jemand rangeht? Darüber zu schreiben hat mich am Anfang amüsiert. [...] Würde man in diesem Moment wirklich die richtigen Worte finden? Gibt es die Möglichkeit, etwas nachzuholen, wenn man es ein Leben lang nicht gemacht hat?"

Anne Borel

Damit die Geschichte dennoch keinen allzu schweren Ton bekommt, gibt es den Kater Arthur,  die beste Freundin, bei der Anouk wohnen kann, heiter-realistische Einblicke in die Welt der E-Mails und Präsentationen, und es gibt den vielversprechenden Unternehmensberater Ivan Barthes, mit dem Anouk sich rein dienstlich immer wieder treffen muss.

Wie ihre Hauptfigur ist auch Anne Borel eine erfolgreich im Beruf stehende, attraktive, zu Tiefgang begabte Frau. Auf die Frage, ob sie ihrem Vater bei der Beerdigung ein Handy mitgeben wird, lacht sie: "Er will keins. Ich habe ihn schon gefragt. Er hasse Telefonieren und er sagte, dass es schon genug ist, wenn Leute ihn jetzt anrufen."

Info und Bewertung

Wertung: 3 Frankenrechen von 5 | Bild: BR

Anne Borel: Ruf mich an wenn Du tot bist! Aus dem Französischen von Steffen Radlmaier. Ars Vivendi 2011, 206 Seiten, ISBN 978-3-86913-053-8

Leicht fließt die Sprache des Romans dahin, segelt manchmal auf die Klischees von Frauenzeitschriften zu, um dann jedes Mal kurz vorher abzudrehen. Anne Borel hat auf Französisch geschrieben, übersetzt hat es ihr Steffen Radlmeier. Er habe das ganz toll gemacht. "Der Vorteil war, dass ich mich einmischen konnte." Ihr Deutsch sei nicht gut genug, um das Buch in Deutsch zu schreien. "Aber mein Passivdeutsch ist gut genug, um das Übersetzte zu beurteilen."

"Ruf mich an wenn Du tot bist" lässt sich als amüsante Geschichte auf der Bettkante lesen. Und es bleibt jedem Leser unbenommen, die zwischen den Zeilen mitschwingende Nachdenklichkeit zu übergehen, wenn man das möchte. Dieser kleine, leichte Roman hört zwar mit dem Prinzip Hoffnung auf - und der Wahrheit, dass Liebe alle Wunden heilt - ob es aber ein absolutes Happy End gibt, bleibt glücklicherweise trotzdem in der Schwebe.

Anne Borel

Anne Borel ist Jahrgang 1966 und auf einem Bauernhof in der Normandie aufgewachsen. Nach ihrem sprachwissenschaftlichen Studium zog sie 1991 nach Deutschland, wo sie jetzt lebt und arbeitet. Nach verschiedenen Kurzgeschichten ist "Ruf mich an, wenn du tot bist!" ihr erster Roman.


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Beisig, Simone, Mittwoch, 12.März 2014, 22:47 Uhr

1. Lesung am 12,03.14

Hallo Frau Borel, liebe Anne, danke für den unterhaltsamen Abend und die schöne Lesung. Ich finde es gut, wie Sie die verschiedenen Möglichkeiten des Lebens nach dem Tod mit Ihren Freundinen erörtern. Köstlich amüsiert habe ich mich über die Passage wie der Sarg wieder ausgegraben wird (fränkischer Humor?). Ihr Buch macht auf jeden Fall noch die Runde in unserm Frauenkreis. Alles Gute, herzlichst Simone

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