Valentins Komik Tragikomik
Nicht alle Arbeiten Valentins bestehen in erster Linie aus wahnwitzigen Dialogen und absurden Logeleien, auch wenn sie nie fehlen. Manchmal inszeniert er auch soziale Realität in den Vordergrund. Bei Valentin heißt das, seine Protagonisten sind arm bis bettelarm.
Ehehölle ...
So auch im "Theaterbesuch". In diesem Film von 1934 wird die Kleinbürgerwelt eines alten Ehepaares (Valentin und Karlstadt) gehörig durcheinandergewirbelt, als es Theaterkarten für den Faust geschenkt bekommt - vermeintlich für die Vorstellung am selben Abend.
"Faust" - für Karlstadt eine willkommene Abwechslung vom Alltag, für Valentin dagegen der Horror schlechthin, den es mit allen Mitteln zu sabotieren gilt. Aber die Zeit drängt und die Organisation des Abendessens und die Auswahl der Abendgarderobe mutiert zum Kleinkrieg der Eheleute.
Der Streit um das größere Würstchen oder der Disput, wie eine kleine Nachricht an den Sohn formuliert zu sein hat - alles ist komisch, aber auch tragisch. Die Dialoge haben hier auch eine bittere Einfärbung. Valentin tyrannisiert Karlstadt, bis Tränen fließen und sie ihm vorwirft, ihr systematisch jede Freude zu verderben. Es wird offenbar, dass sich bei der geringsten Störung des ehelichen Burgfriedens die aufgestauten Aggressionen entladen.
... ohne Happy End
Natürlich wird jegliche Illusion zerstört, dass es sich um einen Einzelfall handeln könnte: Karlstadt: "Ich möcht bloß wissen, ob's bei andere Leut auch so zugeht wie bei uns. Valentin: "Genauso!" Der Autor Valentin kann erbarmungslos mit seinen sowieso schon geplagten Figuren sein.
Am Ende stellt sich heraus, dass der ganze Ärger umsonst war: Das Ehepaar hat sich im Datum getäuscht. Bei Valentin gibt es kein Happy End.
Der Firmling
Valentins tragikomischer Klassiker ist zweifellos "Der Firmling". Manche halten ihn für seinen besten Film. Liesl Karlstadt lieferte nicht nur die Idee dazu, sondern bot in der Rolle des verschmitzten Knaben eine überragende Leistung. Auch "Der Firmling" kommt weitgehend ohne Handlung aus.
Der Vater (Valentin) sitzt mit seinem Sohn (Karlstadt) nach dessen Firmung in einem besseren Restaurant und betrinkt sich bis zur Besinnungslosigkeit. Dabei erzählt er ein dutzendmal, dass er sich für den Sohn einen Firmanzug nicht leisten konnte, daher den des Sohnes von einem Bekannten ausgeliehen hat - jedesmal abgeschlossen mit dem berühmten Ausspruch: "Kennt an Buam gar net - und passt hat er".
In puncto Gags laufen Valentin und Karlstadt auch in diesem Film zur Hochform auf. Der Grundton ist aber tragisch und wird vom Vater vorgegeben. Der Film erzählt in erster Linie vom Verlust der Würde, die der Vater in seinem einsamen Alkoholrausch umso mehr spürt. Nicht zufällig stürzt er im Suff zu Boden - ein "Mensch, der zu Boden gegangen ist", wie der Filmkritiker H. G. Pflaum dazu anmerkte.