Bedeutung Sprichwörter 08/15, Effeff & Co. - Woher kommen diese Redewendungen?
Woher kommen Sprichwörter, wie 08/15, in petto haben, Bahnhof verstehen & Co.? Wir haben uns auf die Suche nach ihrem Ursprung und ihrer Bedeutung gemacht.
Kohldampf schieben / haben - Ursprung
Auch wenn man sofort das Bild eines Kochtopfs mit dampfendem Kohl vor Augen hat und vielleicht sogar Hunger bekommt, die Redewendung setzt sich aus zwei Begriffen der Gauner- und Soldatensprache des 17. Jahrhunderts zusammen. Im sogenannten Rotwelschen haben "Koll" und "Dampf" beide die Bedeutung von Hunger.
Das "Schieben", das wir heute noch in dem Sprichwort "Kohldampf schieben" verwenden, ist eine Abwandlungen von "scheffen", was so viel bedeutet wie "sein / sich befinden". In dieser Bedeutung kommt es auch vor in "Wache schieben", also "die Wache sein" oder sich "auf Wache befinden".
Viele weitere Ausdrücke aus dem Rotwelschen sind im 19. Jahrhundert in die deutsche Umgangssprache aufgenommen worden: z.B. ausbaldowern (auskundschaften), Bulle (Polizei), kaspern (reden).
Woher kommt "etwas in petto haben"?
Die Redewendung, dass jemand etwas "in petto hat", geht direkt auf ein italienisches Wort zurück und kam schon im 18. Jahrhundert ins Deutsche. "Avere in petto" heißt so viel wie "etwas im Herzen, der Brust, im Sinn haben". Das italienische Petto bedeutet heute noch Brust.
Mit der Brust ist bei der Redewendung aber eher das Herz gemeint (lateinisch: in pectore); vergleichbar mit dem deutschen Sprichwort "etwas auf dem Herzen haben". Mittlerweile wird "in petto haben" aber weiter gefasst und immer dann verwendet, wenn jemand etwas öffentlich macht, das zunächst verborgen war: "Er hatte noch eine Überraschung in petto."
Warum nennt man einen Leichtgläubigen "blauäugig"?
Farb-Psychologe Karsten Homann erläutert diesen Begriff folgendermaßen: Diese Redewendung hat damit zu tun, dass die meisten Neugeborenen mit blauen Augen zur Welt kommen. Die richtige Augenfarbe entwickelt sich dann erst im Laufe der ersten Wochen, Monate, Jahre, wenn die Kinder sich körperlich entwickeln und eben auch ihre ersten Erfahrungen gesammelt haben. Und wenn man von jemandem Blauäugigen spricht, dann will man damit sagen, hey, du bist so unerfahren wie ein Baby.
Woher stammt der Ausdruck 08/15?
In der Politik oder beim Handwerken, überall gibt es diese schnelle 08/15-Lösung. Zur Entstehung dieser Redewendung gibt es zwei Erklärungsansätze, die aber beide im Zusammenhang mit einem Maschinengewehr stehen.
Der erste Ansatz geht darauf zurück, dass die deutschen Soldaten im Ersten Weltkrieg lange und langweilige Schießübungen machen mussten mit einem Gewehr: Modellbezeichnung MG 08/15. Irgendwann bedeutete "08/15" bei den Soldaten so viel wie "langweilig" oder "eintönig".
Die andere Erklärung geht auf die Qualität dieser Waffen zurück. 08/15 bezeichnet die Jahreszahlen, als das Gewehr eingeführt wurde. Das Ursprungsmodell, das MG 08, bekam die Armee im Jahr 1908, und dessen Weiterentwicklung kam 1915. Die Modellbezeichnung war in die Waffen eingeprägt. Weil im Ersten Weltkrieg die Ressourcen knapp wurden, hatte das MG 08/15 eine schlechtere Qualität als der Vorgänger. "Die Waffe ist 08/15!" wurde zur Redewendung: "nichts Besonderes, normal".
Nur Bahnhof verstehen - Warum sagt man das?
Aus der Zeit des Ersten Weltkrieg stammt wohl auch das Sprichwort "nur Bahnhof verstehen". Was heute so viel bedeutet wie "nicht verstehen, worum es geht", hatte damals einen tragischeren Nebensinn. Von den jahrelangen Kämpfen zermürbt, wurde für die Soldaten im Ausland der Bahnhof zu einem Symbol für die hoffentlich baldige Heimkehr nach Deutschland. Wer mit einem Soldaten über irgendetwas anderes sprach als die Rückkehr, dem entgegnete er, er habe nichts anderes im Kopf als den "Bahnhof" und deshalb "nur Bahnhof verstanden".
Es gibt auch die Erweiterung der Redewendung "Ich verstehe nur Bahnhof und Kofferklau". Das spielt darauf an, dass Reisende an den überfüllten Bahnhöfen immer ein wachsames Auge auf das Gepäck haben mussten. Wer nicht aufpasste, dem wurden schnell die Koffer geklaut. Die Wendung bedeutet also, dass man das Gesagte nicht versteht, weil man in Gedanken woanders oder gerade nicht aufmerksam war.
Warum ist man gelb von Neid?
Das erklärt der Farb-Psychologe Karsten Homann im Gespräch mit BAYERN 1 wie folgt: Mit dem Gelb, das man vor Neid wird, ist ein Zitronengelb, also Grün-Gelb gemeint. Das ist die Intuition, der Einfall, die Idee davon, ich könnte haben, was der andere gerade hat - und daraus entsteht ein Neidgefühl. Das ist so auf der Kippe zwischen Farbpsychologie und Farbsymbolik.
Woher kommt: Aus dem Effeff beherrschen?
Im alten Rom gab es die "Pandekten", ein Gesetzeswerk, das mit dem griechischen Buchstaben Pi (π) abgekürzt wurde. Auch damals hatten Römer es oft eilig und schluderten das Pi wie zwei kleine "f" hin. Irgendwann ersetzte die Abkürzung "ff" das Pi ganz.
Auch im 18. Jahrhundert fußten die Gesetze noch auf den römischen Grundlagen und die Abkürzung "ff" hatte sich dafür durchgesetzt. Ein guter Jurist kannte demnach die "ff-Gesetze" in- und auswendig. Wenn heute jemand etwas aus dem "Effeff" kann, dann ist er ein echter Experte.
Neben diesem gibt es noch weitere Erklärungsversuche. Auch die Abkürzungen "ff" aus der Musik für "fortissimo" (sehr laut) oder aus der Literatur für "folgende Seiten" könnten die Bedeutung für Effeff geprägt haben. Jemand, der etwas aus dem Effeff kann, ist stark (sehr laut) auf diesem Gebiet, kennt also auch alle möglichen Aspekte (die folgenden Seiten).
Woher kommt Lieschen Müller und die Mustermanns?
"Lieschen Müller", quasi die Schwester von "Otto Normalverbraucher", ebenfalls verwandt mit den beiden Alten "Krethi und Plethi" oder ihren Enkeln "Hinz und Kunz", steht als Platzhalter für den Durchschnittsmenschen. Dabei geht Lieschens Stammbaum auf den Schriftsteller Heinrich Moritz Heydrich zurück, der 1861 "Prinz Lieschen" schrieb. Eine Weberstochter und Hochstaplerin gab sich darin als Prinz aus - eine "Gewöhnliche" aus dem Volk wollte in den Adel aufsteigen.
Der 1961 gedrehte Spielfilm "Der Traum von Lieschen Müller" führte die Phrase endgültig in den deutschen Sprachgebrauch ein. Hier träumte eine deutsche Büroangestellte der 60er-Jahre davon, in den USA als "Liz Miller" zur höheren Gesellschaft zu gehören.
Herr und Frau Mustermann sind bewusst eingeführte Namen für fiktive Personen in Deutschland. Erika Mustermann und Max Mustermann werden seit 1978 in allen möglichen Vorlagen und Ausfüllhilfen, Formularen sowie Datenbanken verwendet. Erika ist vor allem vom Personalausweis-Muster bekannt. Ihr Aussehen ändert sich allerdings immer wieder mal.
Hören Sie in unserem Blaue Couch Podcast mit Stefan Verra, wie verschieden die nonverbalen Signale von Frauen und Männern sind:
https://www.ardaudiothek.de/episode/blaue-couch/stefan-verra-experte-fuer-koerpersprache-ueber-maennliche-signale/bayern-1/12658901/