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Demenz Was Angehörige über Pflege und Demenz wissen müssen

Wenn Menschen an Demenz erkranken, ist es für Angehörige oft schwierig, damit umzugehen. Experten schildern, worauf sich pflegende Verwandte einstellen sollten, wie sie Menschen mit Demenz am besten begegnen und auf typische Verhaltensweisen reagieren.

Stand: 18.09.2024

Eine Frau umarmt einen älteren Mann in einer Küche. | Bild: mauritius images / Cavan images / Viktoriia Kozhevnikova

In Bayern leben aktuell 270.000 Menschen mit der Diagnose "Demenz". Um sie und ihre pflegenden Angehörigen zu unterstützen, gibt es seit einigen Jahren die bayerische Demenzwoche. 2024 läuft diese vom 20. bis zum 29. September. Zahlreiche Veranstaltungen wie Vorträge, Theaterstücke oder Stunden der offenen Tür in ganz Bayern sollen aufklären und auf Hilfsangebote aufmerksam machen. Alle Infos finden Sie hier: www.demenzwoche.bayern.de.

1. Holen Sie sich frühzeitig Hilfe und Informationen

Nur die wenigsten Menschen kennen sich mit der Krankheit "Demenz" in ihren verschiedenen Erscheinungsformen aus, bevor jemand in ihrem Umfeld erkrankt. Umso wichtiger ist es, sich nach der Diagnose über den Verlauf, die Behandlung und mögliche Hilfsangebote zu informieren. Angehörige brauchen unter Umständen unterschiedliche Hilfsangebote zu unterschiedlichen Zeiten. "Es ist wichtig zu wissen, welche Hilfe passt zu mir und welche kann ich annehmen oder vielleicht auch noch nicht annehmen", sagt Tobias Bartschinski von der Alzheimer Gesellschaft München e.V.

"Die Veränderung nimmt ja zu. Kaum haben Sie sich an A gewöhnt, kommt B, C, D und E. Der Angehörige ist immer einen Schritt zurück. Und die Aufgabe von Schulungen, Gesprächen und Selbsthilfegruppen ist, dass er diesen Schritt etwas schneller machen kann. Und zu erkennen: was nicht mehr geht, das geht auch nicht mehr."

Michael Schmieder, Pflegeexperte und ehemaliger Mitarbeiter vom Haus Sonnweid in der Schweiz, einer Pflegeeinrichtung für Menschen mit Demenz, jetzt im Ruhestand

Wer einen Demenzkranken zuhause pflegt, braucht Auszeiten, also auch ganz praktische Hilfsangebote. "Angehörige sollten frühzeitig Hilfe annehmen und sich frühzeitig entlasten. Das ist das Wichtigste, dass man zwischendurch Pausen hat", sagt Michael Schmieder.

2. Akzeptieren Sie die unterschiedlichen Welten

Besonders schwierig ist es häufig für das Umfeld zu akzeptieren, dass eine geliebte Person sich verändert und kaum noch wiederzuerkennen ist. Das gilt nicht nur, wenn Erkrankte Alltagsregeln nicht mehr anerkennen, sondern auch dann, wenn ihre Wahrnehmung des Geschehens um sie herum eine völlig andere ist als die eigene.

Für Michael Schmieder ist daher einer der wichtigsten Punkte im Umgang mit Demenzkranken, ihnen Recht zu geben: "Der Mensch mit Demenz hat immer recht. Wenn ich dieses Gefühl entwickle, dann gehe ich nicht auf die Kampfebene mit ihm: 'Hab ich jetzt recht oder nicht.' Wenn er sagt: 'Dieser Baum ist rot.' Dann ist dieser Baum für ihn rot. Ich kann immer noch zu mir selber sagen, dieser Baum ist nicht rot, aber für ihn ist er rot. Und dann kann ich ihm sagen: 'Für dich ist er rot'."

Dafür müssen Angehörige akzeptieren, dass Demenzkranke nicht mit logischen Argumenten zu überzeugen sind.

"Auch, wenn man weiß, dass etwas ganz realistisch gar nicht stimmen kann, ist es für die erkrankte Person die Realität. Es hilft nichts zu sagen: Mutter, das kann ja gar nicht sein", sagt Tobias Bartschinski.

"Ich glaube, wir müssen heute sehr stark darauf drängen, dass Angehörige von den Spielregeln, die mal gegolten haben, Abschied nehmen können. Aber das ist harte Arbeit zu sagen: Ja, mein Angehöriger ist jetzt anders und ich akzeptiere das."

Michael Schmieder, Pflegeexperte

3. Auf Gefühle eingehen

Insbesondere in Situationen, in denen Menschen mit Demenz vergessen, dass andere Angehörige bereits tot sind, kann es daher helfen, nicht über die Fakten zu sprechen, sondern auf die Gefühle meines Gegenübers einzugehen: "Ich kann ja durchaus, wenn jemand mit 80 seine Mutter sucht, sagen: 'Ja, Sie suchen Ihre Mutter. Fehlt Ihnen Ihre Mutter?' Das Gefühl kann ich bestätigen: 'Das ist schwierig, wenn die Mutter fehlt'", sagt Michael Schmieder.

Denn für ein Gespräch über das Gefühl, das in der jeweiligen Situation bestimmend ist, sind Tatsachen im Grunde unerheblich. "Dann geht es eher darum zu sagen: ,Ja, ich kann nachvollziehen, dass es dir damit nicht so gut geht.' Und den Erkrankten zu beruhigen, abzulenken oder auf andere Gedanken zu bringen", sagt Tobias Bartschinski.

4. Nicht überfordern

"Angehörige sollten Demenzkranke nicht überfordern. Überforderung zeigt immer das Defizit und impliziert immer: Du kannst etwas nicht."

Michael Schmieder, Pflegeexperte

"Wenn Aggressivität entsteht, dann passiert das nach meinem Dafürhalten zu 90 Prozent aus Überforderung in der Situation", sagt Michael Schmieder. Wenn jemand nicht mehr weiß, welche Regeln im Zusammenleben gelten, kann er oder sie diese auch nicht einhalten. "Zum Beispiel: Jetzt iss mal wieder anständig. Wenn ich nicht weiß, wie man anständig isst, dann kann ich auch nicht anständig essen", sagt Schmieder.

Viele Fähigkeiten, die in der Demenz verloren gehen, kommen nicht wieder. Wenn sich jemand nicht mehr an die Namen der Enkel und Enkelinnen erinnern kann, dann kommen sie auch nicht durch stetiges Üben zurück. Im Gegenteil – man macht der Person dadurch nur immer wieder ihre Defizite bewusst. "Man muss sich vor Augen halten: Derjenige lebt in einer anderen Realität und macht etwas nicht aus böser Absicht, sondern weil es seine Lebenswirklichkeit ist."

5. Auf sich selbst achten

"Jeder muss sehen, wo der Punkt ist, an dem es für ihn nicht mehr geht. Wichtig ist aber, sich frühzeitig Hilfe zu holen beispielsweise bei Beratungsstellen."

Tobias Bartschinski, Alzheimer Gesellschaft München e.V.

Wer Angehörige pflegt, der braucht sehr viel Kraft und Energie. Und ganz wichtig sind dabei Pausen und Auszeiten zwischendurch. Diese kann eine Kurzzeitpflege verschaffen. Menschen, die sich keine Pausen gönnen, kommen erfahrungsgemäß schneller an die eigenen Grenzen: "Wenn man sich nicht informiert und sich keine Hilfe holt, ist ein gemeinsames Leben häufig viel schneller nicht mehr möglich", sagt Tobias Bartschinski.

Wer sich selbst überfordert, kann weder sich noch dem Menschen mit Demenz gerecht werden.

Hier finden Angehörige Hilfe:

Austauschangebote von Betroffenen, ein Netzwerk von Betroffenen, Fachleuten und Angehörigen, Informationen und Hilfsangebote.

  • Hier finden Sie alle Anlaufstellen in Ihrer Region mit Adresse und Telefonnummer.
  • Die Alzheimer-Gesellschaften bieten in allen Regierungsbezirken Hilfsangebote wie Gesprächskreise oder Vorträge.
  • Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Kinder informiert in seinem Wegweiser Demenz über Hilfsangebote und rechtliche Fragen. Interessierte können sich außerdem in einem Forum austauschen.

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