Fleisch waschen Rohes Hühnerfleisch waschen oder nicht?
Waschen Sie Geflügel, Fleisch und Fisch vor dem Braten oder Kochen? Wann man das unbedingt bleiben lassen sollte und warum Abtupfen meist völlig ausreicht, erfahren Sie hier.
Ein winziger Keim sorgt in regelmäßigen Abständen für großen Aufruhr im Lebensmittelbereich. Campylobacter heißt der Erreger, der je nach Untersuchung mal auf jeder dritten oder sogar jeder zweiten Packung Hähnchenfleisch aus dem Supermarkt oder vom Discounter gefunden wird. Er ruft Durchfallerkrankungen hervor, die vor allem für Kinder sowie ältere und immungeschwächte Menschen sehr gefährlich werden können. Ursprünglich kommt er aus dem Magen-Darm-Trakt der Hühnchen - er kann aber bei der Schlachtung auf dem Fleisch landen, wo er sich bei günstiger Temperatur rasant vermehrt.
Soll man Geflügel vor dem Braten waschen?
Wer hofft, die Keime unter dem fließenden Wasserhahn vom Huhn rubbeln zu können, liegt allerdings falsch. Lebensmittelexperten warnen sogar ausdrücklich davor, Geflügel zu waschen - denn dadurch verteilt man die Erreger erst so richtig in der Küche:
"Wenn man das Hühnchenfleisch wäscht, kann es passieren, dass die Wasserspritzer mit den Keimen auch auf die Spüle, die Brettchen und sämtliche Küchenutensilien gehen."
Heidrun Schubert, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Bayern
Im Spülbecken wird später dann vielleicht der Salat gewaschen, auf dem Schneidbrettchen die Kräuter oder die Tomaten kleingeschnitten - und damit landen die Krankheitserreger direkt auf dem eigenen Teller.
Hygieneregeln bei Geflügel
Aber wie wird man Campylobacter & Co dann los, wenn man Geflügelfleisch nicht abwaschen darf? Ernährungsexpertin Schubert rät: "Nicht waschen, aber durch und durch garen - das ist ganz wichtig." Bei einer Kerntemperatur von 70 Grad sind die Keime nach zehn Minuten abgetötet und damit ist sicherer Genuss garantiert.
Hühnchen sicher genießen
- Das Fleisch mit einer sauberen Gabel aus der Verpackung direkt in die Pfanne oder Ofenform geben
- Ein Abtupfen des Fleisches ist aus hygienischen Gründen nicht nötig. Wenn der Fleischsaft trotzdem stört: Küchenkrepp nehmen, das gleich nach Gebrauch ohne Zwischenlagerung auf der Arbeitsfläche in den Mülleimer wandert.
- Fleischsaft gleich in den Abfluss schütten und mit möglichst heißem Wasser (am besten aus dem Wasserkocher) nachspülen.
- Küchenhandschuhe sind aus hygienischen Gründen nicht nötig. Wichtiger ist Händewaschen vor und zwischen einzelnen Arbeitsschritten. Warum die Wassertemperatur beim Händewaschen nicht das Wichtigste ist
- Schneidebrett, Messer, Gabeln etc. - sämtliche Küchengeräte, die mit dem Fleisch in Berührung gekommen sind, gleich danach in die Spülmaschine packen; Arbeitsflächen mit heißem Wasser und Spülmittel reinigen.
- Auftauen am besten im Kühlschrank (im Winter auch auf dem Balkon) in einer Schale auf einem Abtropfgitter. Unbedingt abdecken und das Ganze in einem der oberen Fächer des Kühlschranks platzieren - da ist es wärmer als unten auf der Glasplatte, aber trotzdem ungemütlich genug für die Keime.
- Ordentlich durchgaren; laut offizieller Empfehlung 10 Minuten bei durchgängiger Kerntemperatur von 70 Grad. Das Fleisch muss durchgehend weiß sein - auch rund um die Knochen - und darf nirgends rosa schimmern oder blutige Stellen haben.
Warum muss man Fleisch abtupfen?
Fleisch von anderen Tieren als Geflügel, also etwa Schweine- und Rindfleisch oder auch Wild, muss nicht gewaschen werden, sagt Ernährungsexpertin Schubert:
"Die Salmonellen- oder Campylobactergefahr ist beim normalen Fleisch wesentlich geringer."
Ernährungsexpertin Schubert
Denn: Die höhere Körperwärme bei Geflügel bietet den Erregern einen idealen Nährboden, der bei anderen Tierarten so nicht gegeben ist. Es genügt, das Fleisch durchzubraten oder zumindest so lange, bis es innen rosa ist.
Welches Fleisch muss man waschen?
Wer nicht aufs Waschen verzichten möchte, kann das Fleisch kurz unter kaltem Wasser abbrausen. Dann aber gut trocken tupfen, damit es nicht in der Pfanne spritzt. "Wenn ich mein Steak medium oder raw essen möchte, würde ich es abwaschen", sagt die Expertin von der Verbraucherzentrale - betont aber auch, dass in diesem Punkt die Meinungen durchaus auseinander gehen. Letztendlich muss hier jeder für sich entscheiden, womit er sich wohl fühlt und sich gegebenenfalls auf seine eigenen Erfahrungen verlassen.
Muss ich Knochen abwaschen?
Auch bei Knochen ist Waschen überflüssig: Sie garen in der Regel ohnehin in der Suppe lange genug durch, so dass mögliche Keime abgetötet werden.
Muss ich Gulasch oder Geschnetzeltes waschen?
"Gulasch oder Geschnetzeltes definitiv gar nicht waschen", sagt Hubert Gerstacker, Metzgermeister und Ausbilder bei der Metzger-Innung München. Denn: "Im Fleisch sind Mineralien, Vitamine und Eiweiß. Alle diese Stoffe sind wasserlöslich und die wasche ich mir dann aus meinem Fleisch" - zumal man wegen der größeren Oberfläche noch mehr von diesen wertvollen Stoffen auswaschen würde als bei einem ganzen Fleischstück. Und auch bei abgepacktem Fleisch, das längere Zeit in der Verpackung gelegen ist und sehr saftet, genügt Abtupfen mit einem Küchenkrepp völlig.
Soll man geräuchertes Fleisch waschen?
Nein, sagt Metzgermeister Gerstacker. "Wenn sie es waschen, bringen Sie Feuchtigkeit auf die Ware - und das brauchen Bakterien zum Wachstum. Wenn sich aus irgendeinem Grund Feuchtigkeit auf dem Fleisch angesammelt hat, mit einem Küchenkrepp abtupfen - es ist durch Pökelsalz und Räuchern ausreichend haltbar gemacht. Wenn sich eine weiße Schicht auf der Oberfläche bildet, ist das in der Regel Salz, das kristallisiert ist, oder auch Fett. Beides unbedenklich. Trocken und kühl lagen - auf einem Butterbrotpapier in einer Dose im Kühlschrank.
Warum muss man Fisch waschen?
Ganze Fische, die man etwa direkt beim Teichbesitzer kauft, sind in der Regel bereits ausgenommen. Sie sollte man durchspülen, um die Reste aus dem Darminhalt zu entfernen. "Bei industriell verarbeitetem Fisch ist das nicht nötig", sagt Ernährungsexpertin Schubert - vorausgesetzt, der Fisch wird durchgegart und nicht als Carpaccio roh verzehrt. Allerdings waschen wohl die meisten von uns Fisch automatisch, so Heidrun Schubert, "weil man diesen Fischschleim auf der Haut spürt und den Geruch in der Nase hat."
Die Sorge vor einer hohen Keimbelastung bei der Verarbeitung ist unbegründet, da Campylobacter und Salmonellen bei Fisch keine große Rolle spielen: Der Grund, warum man Fisch nicht so lange aufheben sollte, ist, dass sich das Eiweiß mit der Zeit verändert - nicht, weil sich Krankheitserreger vermehren.
Tipp: Wie präpariert man das Fleisch für eine richtige Schweinsbraten-Kruste? Wie die Silberfäden der Spareribs entfernen? Lesen Sie dazu: Ein Metzger verrät die Tricks, mit denen er arbeitet
Welches Fleisch kann man guten Gewissens kaufen?
Diese Frage haben sich unsere beiden Hosts im Besser leben Podcast gestellt:
https://www.ardaudiothek.de/episode/besser-leben-der-bayern-1-nachhaltigkeitspodcast/tierhaltung-welches-fleisch-kaufen/bayern-1/94905062/