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Streit unter Geschwistern Frieden schließen im Geschwisterstreit

Mancher Streit unter Geschwistern wirkt bis ins Erwachsenenalter fort. Warum es für unsere Seele so befreiend ist, Frieden zu schließen mit Vergangenem, und wie Sie das Gespräch suchen können, das erklärt Familientherapeutin Bettina Brockmann.

Von: Astrid Hickisch

Stand: 19.06.2024

Geschwister | Bild: mauritius images / Cavan Images / Lisa Weatherbee

Geschwister können wir uns nicht aussuchen. In der Familie sind Geschwister gleichzeitig Verbündete und Konkurrenten. Sie prägen uns mindestens so sehr wie unsere Eltern, sagt Familientherapeutin Bettina Brockmann.

Dass Geschwister sich in der Kindheit fetzen, ist normal und wichtig. Bei einem Geschwisterstreit lernen wir, uns durchzusetzen, Konflikte zu lösen, auch mal nachzugeben und zu verzeihen. Wir lernen auch die Gefühle kennen, die zu einem Streit dazu gehören.

Hören Sie die Geschichte zweier Schwestern, die einige Krisen gemeinsam überstanden haben, in unserem Blaue Couch Podcast:

https://www.ardaudiothek.de/episode/blaue-couch/monika-und-hannah-schweier-landwirtin-und-regisseurin/bayern-1/94307806/

Geschwister sind verschieden

Obwohl Geschwister in derselben Familie und damit unter nahezu gleichen Bedingungen aufwachsen, können sie ganz unterschiedlich sein. Das kann viele Gründe haben: Der eigene Charakter, die Geschwisterfolge, die Rolle innerhalb der Familie und auch die individuelle Beziehung zu den Eltern. Viele Eltern haben die Vorstellung, dass sie die Kinder gleich behandeln, erklärt Bettina Brockmann. Das ist nicht nur unmöglich, es wäre auch nicht förderlich, denn jedes Kind hat seine eigenen Stärken und Schwächen. "Eltern sollten jedes Kind so unterstützen, fördern und behandeln, wie es den individuellen Bedürfnissen des Kindes entspricht", sagt Bettina Brockmann.

Geschwister bleiben uns ein Leben lang

"Die Geschwisterbeziehung ist die längste Beziehung, die wir haben. Von einem Partner kann ich mich trennen und Freunde kann ich verlieren, aber Geschwister bleiben immer", sagt Bettina Brockmann.

Was aber, wenn die Kämpfe in der Kindheit solche Wunden gerissen haben, dass Sie dem Bruder oder der Schwester auch als Erwachsene oder Erwachsener kaum verzeihen können? Oder feststellen, dass Sie den anderen einfach nicht leiden können?

Geschwisterstreit im Erwachsenenalter

Manche werden die Wut auf Bruder oder Schwester im Erwachsenenleben einfach nicht los, außer sie versuchen, diese Beziehung wieder in Ordnung zu bringen. Ein erster Schritt kann sein, sich zu überlegen, weswegen man dem Bruder oder der Schwester so böse ist. Sie müssen sich die Erfahrungen aus der Kindheit, die besonders schmerzen, näher ansehen und sie vielleicht auch aufschreiben. Manchmal beurteilen Sie dann das Geschehene anders und vieles löst sich in Luft auf.

Konflikte aus der Kindheit holen uns manchmal im Erwachsenenalter wieder ein.

Motive vieler Auseinandersetzungen zwischen Geschwistern ist der Kampf um die Zuneigung der Eltern oder das Gefühl, von den Eltern ungerecht behandelt zu werden. Wer sich von seinen Eltern löst und erwachsen wird, kann diese Rivalitätsgefühle den Geschwistern gegenüber oft hinter sich lassen. Ist das Verhältnis zu den Eltern geklärt und entspannt, verblassen im besten Fall auch die Geschwister-Konflikte aus der Kindheit.

Schreiben Sie Bruder oder Schwester einen Brief

Im Laufe des Lebens verändert sich jeder Mensch. Deshalb lohnt es sich auch, Beziehungen immer wieder neu zu überdenken und daran zu arbeiten. Bettina Brockmann ist sich sicher, dass es helfen kann, das Gespräch zu suchen, auch, wenn man schon längere Zeit im Clinch mit einem seiner Geschwister liegt. Seien Sie mutig, den Bruder oder die Schwester neu kennenzulernen und lassen Sie die Kindheit und die Gefühle, die Sie damit verbinden, hinter sich. Legen Sie bei einem Treffen einfach alles auf den Tisch, möglichst ohne den anderen anzugreifen. Schildern Sie, wie Sie die Vergangenheit erlebt haben. Wenn wir dabei nur Ich-Sätze ohne Vorwurf formulieren, lässt das dem anderen den Raum, zuzuhören, ohne sich gleich verteidigen zu müssen.

Wenn die Gräben zu tief sind und ein Gespräch nicht möglich ist, kann man einen Brief schreiben, in dem man dem anderen das schildert, was einen so sehr verletzt hat. Bei einem Brief hat man die Zeit genau zu reflektieren und die Worte überlegt zu wählen. Doch auch in der schriftlichen Form sollten Sie darauf achten, nur das Erlebte zu schildern und ohne Vorwürfe auszukommen. Den Bruder oder die Schwester gleichzeitig um Verzeihung zu bitten für das, was man dem anderen in der Kindheit bewusst oder unwissentlich angetan hat, bringt ein Geschwister-Gespräch vielleicht wieder in Gang.

Kein Kontakt zu den Geschwistern ist auch ok

Wenn die andere Seite überhaupt nicht gesprächsbereit ist und man nicht zueinander findet, sollten Sie das für sich auch akzeptieren und annehmen. Trotzdem können Sie für sich versuchen, dem anderen zu verzeihen. Das wirkt auch dann wohltuend, wenn vom anderen gar nichts kommt. Und dafür gibt es einen Grund: Wenn wir unsere Kränkungen aus der Kindheit ständig mit uns herumtragen, steht die Verletzung uns immer im Weg. Vergeben wir unserem Gegenüber, übernehmen wir wieder aktiv die Kontrolle über unser Leben und lassen uns nicht länger beeinträchtigen von negativen Gefühlen aus der Vergangenheit: Wir machen unseren Frieden mit Bruder oder Schwester.

Sollte es Ihnen gelingen, einen alten Streit zu schlichten und offen über die Vergangenheit zu reden, dann bekommen Sie einen neuen besten Freund oder eine neue beste Freundin geschenkt, denn: "Geschwister sind ein lebendiges Familienarchiv. Über alte Zeiten zu plaudern, kann sehr schön sein", so Bettina Brockmann.


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