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Gibberelline Was ist Gibberelline und was macht das Hormon auf meinen Weintrauben?

Kernlose Tafeltrauben sind oft mit Gibberellinen behandelt. Warum wird das pflanzliche Hormon verwendet? Und sind Trauben mit Kernen gesünder als kernlose Trauben?

Von: Sabine Dangel

Stand: 09.04.2024

Frau wäscht Weintrauben unter dem Wasserhahn | Bild: mauritius images / Denis Shevchuk / Alamy / Alamy Stock Photos

Wie kommt es zu kernlosen Trauben? 

"Die Kernlosigkeit ist primär eine natürliche Mutation, die in der Natur einfach mal so vorkommt", erklärt Rebecca Höfle, Leiterin des Arbeitsbereichs Weinbau an der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim. "Es gibt alte Rebsorten, wie etwa "Sultana" (heute bekannt als 'Thompson seedless') - bei der kam die Kernlosigkeit ganz zufällig vor." Ohne Zutun des Menschen wären kernlose Sorten wie diese ausgestorben - aber weil wir diese Rebsorten vegetativ weiter vermehrt haben - also indem Stecklinge abgeschnitten und eingepflanzt wurden - haben sie überlebt.  

Was ist Gibberelline? 

Problem dieser kernlosen Trauben: Sie würden normalerweise sehr klein ausfallen, denn ihnen fehlt ein pflanzliches Hormon, das in den Kernen steckt und dafür sorgt, dass die einzelnen Beeren groß und die Beerenstielchen, an denen sie wachsen, lang werden: die sogenannten Gibberelline.   

Warum werden Weintrauben mit Gibberelline behandelt?

"Gibberelline bezeichnet eine Gruppe von Pflanzenhormonen, die auf Zellteilungs- und Zellstreckungsprozesse Einfluss nehmen", erklärt Agrarwissenschaftlerin Höfle. "Sie sind wichtig für Wachstumsprozesse, für Keimungsprozesse und für Fruchtwachstum."

Und deshalb werden Gibberelline auf kernlose Trauben ausgebracht: "Bringt man von außen Gibberelline auf, ersetzt man damit quasi den Kern und die kernlose Beere wird trotzdem groß." Zudem sorgen die Gibberelline dafür, dass das Stielgerüst der Trauben wächst: "Das ist wichtig, weil sich sonst die Trauben gegenseitig abdrücken würden", erklärt Weinbau-Fachfrau Höfle. Dadurch, dass die Stiele also mitwachsen, finden alle Trauben genug Platz. 

Hat Gibberelline auch eine Wirkung auf uns Menschen?  

"Eine Wirkung, und erst recht eine hormonartige Wirkung aus den Menschen ist für Gibberelline nicht nachgewiesen", beruhigt die Agrarwissenschaftlerin, "das belegen auch die Zulassungsstudien, bei denen auch mögliche schädliche Wirkungen für Menschen untersucht werden."  

Wie kann ich Tafeltrauben mit Gibberellinen vermeiden? 

Tafeltrauben aus Deutschland sind grundsätzlich nicht mit Gibberellinen behandelt. Aber auch importierte Trauben müssen nicht unbedingt mit Gibberellinen behandelt worden sein - denn das ist sortenabhängig. "Es gibt moderne Züchtungen, die relativ große Früchte bilden, obwohl sie kernlos sind. Aber in Kalifornien und anderen typischen Anbauländern ist es beispielsweise durchaus üblich, dass die Trauben mit Gibberellinen behandelt werden." 

Sind kernlose Trauben auch gesund?  

Traubenkerne haben es in sich: In ihnen stecken jede Menge Mineralien, Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe, allerdings nur wenn wir sie zerkauen - wie etwa Phenole, denen eine antioxidative Wirkung zugeschrieben wird und die gegen Gefäßerkrankungen und Krebs vorbeugen sollen.

All das entgeht uns zu großen Teilen, wenn wir kernlose Trauben verzehren: Zwar sind die sekundären Pflanzenstoffe auch in der Haut der Beeren enthalten - allerdings in deutlich niedriger Konzentration.

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