Sind Elektroautos umweltfreundlich? Mit E-Autos Geld und Co2 sparen
Sechs Euro pro 100 Kilometer - von solchen Spritkosten können Verbrennungsmotoren nur träumen. Wo Elektroautos mittlerweile ganz gut punkten, und woran noch gearbeitet werden muss, behandelt diese Episode von "Besser leben".
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Gleich zu Beginn des Jahres 2021 gab es einen bemerkenswerten Rekordwert zu vermelden: Der Pkw-Bestand erreichte mit rund 48,25 Millionen Fahrzeugen den höchsten Wert aller Zeiten. Trotz Klima- und Umweltschutzdebatten. Dabei sind derzeit noch nicht einmal eine halbe Million Autos mit rein elektrischer Energiequelle (BEV) in Deutschland zugelassen.
Immerhin ist die Bereitschaft zum Kauf eines Elektroautos in den vergangenen knapp zwei Jahren deutlich gestiegen: Laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands zum Start der Automobilmesse IAA im September können sich immerhin knapp 23 Prozent der Befragten die Anschaffung eines E-Autos "sehr gut vorstellen".
Bis es ein festgesetztes Ende der Produktion oder gar des Verkaufs von Benzin- oder Dieselautos geben wird, dürften noch viele Jahre vergehen. Bei der Weltklimakonferenz in Glasgow gehörte Deutschland jedenfalls nicht zu den 24 Staaten, mit sechs großen Auto-Herstellern sowie einigen Städten und Investoren, die sich auf ein Enddatum für den Verkauf von Autos mit Verbrennermotor festlegen wollten. Demnach sollen neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bis zum Jahr 2040 weltweit und in den führenden Märkten bis spätestens 2035 emissionsfrei sein.
Gibt es genug Strom für Elektroautos?
Klar. So richtig nachhaltig ist ein E-Auto natürlich nur, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien kommt. Der Ausbau muss in den nächsten Jahren aber nicht nur wegen der E-Mobilität vorangetrieben werden. Auch wenn es ganz unterschiedliche Berechnungen unseres künftigen Strombedarfs gibt. Die meisten Zukunftsszenarien gehen von einer knappen Verdopplung aus (2019: 577 TWh). Selbst wenn demnächst mehr als eine Million E-Autos zugelassen sind, stellt das für das deutsche Stromnetz kein Problem dar.
Wie das in 30 Jahren aussieht, hängt weitgehend auch davon ab, wie viele Elektroautos es dann geben wird. Nicht ökologisch sinnvoll wäre jedenfalls die Umwandlung der oben genannten 48 Millionen Verbrenner in Elektroautos. Um eine wirklich nachhaltige Verkehrswende einzuleiten, wäre der massive Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs sowie günstige und verbraucherfreundliche Car-Sharing-Modelle notwendig, die auch auf dem Land attraktiv sind.
Eines ist aber auch Tatsache: Selbst im aktuellen EU-Strommix fährt ein Elektroauto schon heute nachhaltiger als ein Verbrenner. Selbst nicht mit einer ausgefeilten (und für die Hersteller auch sehr teuren) Dieseltechnologie. Zumal 80 Prozent der Verbraucher ihr E-Auto sowieso Zuhause über die solarbetriebene Wallbox aufladen. Monika Dernai, Leiterin Urbane Mobilität bei BMW in München erklärt:
"In der Nutzungsphase - wenn wir da ein Elektroauto mit einem Verbrenner vergleichen, dann gewinnt auf jeden Fall das Elektroauto. Denn in der Nutzungsphase stößt ein Verbrenner ungefähr 70 Prozent seiner CO2 Emissionen aus. Also hier hat das Elektroauto einen klaren Vorteil."
Monika Dernai, Leiterin Urbane Mobilität bei BMW
Welche Reichweite haben Elektroautos?
Jeder, der in Erwägung zieht, sich ein Elektroauto anzuschaffen, sollte sich ehrlich damit auseinandersetzen, wie oft und bei welchen Gelegenheiten das Auto täglich benutzt wird. Die wenigsten dürften als Vertreter oder Langstrecken-Pendler unterwegs sein. Der Mobilitätsstudie des Bundesverkehrsministeriums von 2019 zufolge sind die meisten Menschen durchschnittlich am Tag nur 22 Kilometer mit dem Auto unterwegs. Selbst im ländlichen Raum legen die meisten mit 37 Kilometern täglich nur wenig mehr mit dem privaten Pkw zurück.
Selbst moderne, elektrisch betriebene Kleinwagen schaffen im Idealfall heute locker schon zwischen 350 und 500 Kilometern. Deshalb wäre es gut, mal zu checken, für welche Strecken man so ein E-Auto hauptsächlich braucht. Denn die Batterie ist auch ein wichtiger Kostenfaktor: Je fetter die Batterie, desto teurer. Auch wenn viele neue E-Autos, wie der neue Mercedes EQS oder auch der iX von BMW, ganz gezielt mit Reichweiten von weit über 600 Kilometern werben. Für den Motorjournalisten Alexander Bloch (u.a. bei "Auto, Motor, Sport") ist die maximale Reichweite gar nicht so entscheidend:
"Man muss natürlich vorsichtig sein, wenn man diese plakativen Reichweiten der Hersteller hört. Da kann man gleich mal 20 Prozent abziehen - je nachdem, wann man fährt. Im Sommer oder im Winter ist es noch schlimmer. Wenn die Heizung läuft, kann es sogar noch ein bisschen mehr sein."
Alexander Bloch, Motorjournalisten
Für echte Nachhaltigkeit ist die große Reichweite übrigens auch kein Kriterium, sagt Christoph Neef, Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe: "Als Wissenschaftler denkt man gerne über die Optimierung dieses System Mobilität her nach. Und da wäre natürlich die große Batterie nicht das Optimum - sondern eine Batterie, die eben den typischen Fahrzyklus abbilden kann, den wir hier in Europa so brauchen. Lange Reichweiten und sehr wenige Ladungen sind aus ökologischer Sicht nicht das optimale Szenario."
Lohnt sich für mich ein Elektro-Van?
In einer Sonderfolge habe unsere Hosts Melitta Varlam und Alexander Dallmus Elektro-Vans für mehr als 5 Personen getestet, genauer den Peugeot e-Traveller (Melitta) und den Mercedes EQV (Alexander). Ihre Erfahrungen hören Sie im hier verlinkten Podcast.
Alexanders Fazit: "Der Mercedes EQV 300 ist eine Luxuslimousine. Auf jeden Fall. Innen wie außen. Aber eben auch im Preis. Mit etwas über 70.000 ist man bei diesem E-Van dabei, aber für eine gute und komfortable Innenausstattung kann man locker nochmal 20.000 und mehr ausgeben. Das ist schon Luxus. Im Bereich Taxi oder Shuttle-Service kann ich mir den EQV wirklich gut vorstellen. Das ist eine echte Alternative zum Verbrenner. Auch weil die Reichweite - innerstädtisch - mit bis zu 400 Kilometern durchaus möglich und akzeptabel ist. Als Familienkutsche wäre das schon schwieriger. Zunächst mal muss man natürlich das nötige Kleingeld haben und im Alltag, in der Stadt, beim Einkaufen, gilt es täglich ein Riesenauto einzuparken und manövrieren. Das Fahren ist überaus entspannt und fühlt sich sehr gut an."
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Melittas Fazit: "Mein Fazit fällt ähnlich aus. Der Peugeot e-Traveller ist ein tolles Auto für mehrere Personen, mit dem man schön cruisen kann. Solange man nicht dringend oder spontan irgendwohin muss. Der e-Traveller ist etwas günstiger als der Mercedes, aber ich finde der Name 'Traveller' passt nicht ganz zu dem, was der Wagen an Reichweite zu bieten hat. Als Taxi oder im Shuttle-Service-Bereich bestimmt gut. Wegen der eher geringen Reichweite, würde ich mich mit ihm nicht unbedingt auf längere Strecken begeben. Das wäre mir zu nervig. Und wenn man in der Stadt auf die öffentlichen Ladesäulen angewiesen ist, und darauf, dass die wohnortnah verteilt sind, auch eher schwierig. Dann doch lieber Fahrrad oder ÖNPV."
Wie gut ist die Ladeinfrastruktur?
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Über Jahre hinweg hat es die Politik völlig verschlafen, ein engmaschiges Ladenetz in Deutschland aufzubauen. Einzig US-Autohersteller Tesla hat bereits frühzeitig in ein breit angelegtes europäisches Netzwerk investiert. "Es war ja wirklich peinlich, was da in Deutschland passiert ist", sagt Alexander Bloch von Auto, Motor, Sport, "mit den Bezahlmethoden, welche Ladestationen es gab und ich brauchte noch Ladekarten. Es ist alles, Stand jetzt, immer noch zu kompliziert. Aber ich entdecke eine gewaltige Entwicklung." Laut Bundesnetzagentur gibt es insgesamt etwa 45.000 öffentliche Ladepunkte in Deutschland, allerdings sind darunter nur 6.500 Schnellladepunkte. Es gibt also noch viel zu tun.
Besonders auf dem Land war es oft noch schwierig, eine öffentliche Säule in der Nähe zu finden - insgesamt hat sich auch dort das Angebot bis Mitte des Jahres verbessert. Auch kleinere Kommunen jenseits der großen Zentren haben eine bessere Abdeckung. Im Gesamtvergleich der Flächenländer schneidet Bayern übrigens derzeit am besten ab. Im Schnitt kommen im Freistaat etwa 64,1 frei zugängliche Ladepunkte auf 100.000 Einwohner. Ein Drittel mehr als noch Frühjahr 2020. Nur Baden-Württemberg liegt bei der Dichte öffentlicher Ladepunkte gleichauf.
Bis 2023 sollen mit staatlicher Förderung immerhin 1.000 zusätzliche Ladesäulen entstehen - eben dann mit 150 KWh-Standorten, zum Beispiel an Fernstraßen. Die kürzlich verabschiedete Ladesäulenverordnung zwingt die Betreiber außerdem, für die Nutzer attraktiver zu werden. Mindestens eine kontaktlose Zahlung mit einer gängigen Debit- und Kreditkarte muss angeboten werden. Die Regelung gilt für alle Ladesäulen, die ab dem 1. Juli 2023 in Betrieb genommen werden - schon bestehende Ladesäulen müssen leider nicht nachgerüstet werden. Bisher läuft das Bezahlen meist über Smartphone-Apps oder Kundenkarten.
Wo kann ich mein E-Auto laden?
Derzeit gibt es deutschlandweit 60.000 Ladepunkte (Stand: Mai 2022), davon sind etwa 9.000 mittlerweile Schnellader. Die meisten öffentlichen Ladepunkte gibt es in Bayern, mit über 12.000 öffentlichen Ladepunkten, knapp dahinter liegt Baden-Württemberg. Unter "öffentlich" versteht man nur jene Ladestationen, die bei der Bundesnetzagentur registriert und im Internet veröffentlicht sind.
Tatsächlich liegt die Zahl der Ladesäulen insgesamt höher, da die Super-Charger eines bekannten US-amerikanischen E-Autoherstellers beispielsweise hier nicht aufgeführt sind. Dennoch wird der Bedarf in den kommenden Jahren weiter rasant wachsen, da der Ausbau der Ladesäulen nicht mit den vielen E-Auto-Neuzulassungen mithalten kann. Hier finden Sie eine Ladesäule in Ihrer Nähe:
Und wie schaut es mit der Infrastruktur der Ladesäulen aus?
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Wie löst man das Problem der knappen Ladestationen in Innenstädten?
Was die Zahl von Ladestationen in den Innenstädten angeht, werden gerade Haus- und Grundeigentümer für die Kommunen immer wichtiger. Sagt auch Thomas Bugl, Sprecher der Stadt Rosenheim: "Wir setzen hier ganz wesentlich auf die Kooperationsbereitschaft insbesondere der großen Immobilieneigentümer in der Stadt und der großen Anbieter von Gewerbeflächen. Und da gibt es auch ganz erfreuliche Entwicklungen."
Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (2020), haben Wohnungseigentümer außerdem einen Rechtsanspruch darauf, eine Ladestation für ihr Elektrofahrzeug in der gemeinsamen Tiefgarage oder Parkplatz installieren zu dürfen. Theoretisch dürfen die anderen Miteigentümer nur noch über die Ausführung der Baumaßnahme mitentscheiden, dafür braucht es dann lediglich einen einfachen Mehrheitsbeschluss. Einbau und Wartung muss der Antragsteller bezahlen.
Dennoch ist es immer noch heikel, diesen Anspruch auch durchzusetzen. Katja Legner vom ADAC rät unbedingt dazu sich, Mitstreiter zu suchen: "Danach sucht man gemeinsam geeignete Ladelösungen und listet Kosten auf, stellt dann einen Antrag für die nächste Eigentümerversammlung. Und wenn man dort dann einen Beschluss gefasst hat, sollte man einen Elektriker beauftragen, der die Wallbox dann auch regelkonform installiert."
Zusmarshausen: Hier entsteht Europas größter E-Ladepark
An vielen Stellen in Deutschland entstehen gerade größere E-Tankstellen, wie beispielsweise in Wackersdorf/Oberpfalz oder auch am Kamener Kreuz in Nordrhein-Westfalen. An diesem Knotenpunkt im Fernverkehr treffen die A1 und die A2 zusammen und es sind bereits dutzende Ladestationen gebaut worden.
Der größte Ladepark Europas soll aber im schwäbischen Zusmarshausen, nahe Augsburg entstehen. Direkt an der A8 im Einzugsgebiet von Augsburg. Bis zu 4.000 Fahrzeuge könnten dann täglich, im "Innovationspark Sortimo", an insgesamt 144 Stationen aufgeladen werden. Derzeit, im ersten Bauabschnitt, gibt es bereits 60 Ladestationen. Die Anmutung ist futuristisch und vor allem mit Schnellladern, will Sortimo-Geschäftsführer Klaus Emler die E-Autofahrer in den Innovationspark locken:
"Man kann sich das vorstellen wie bei der Formel 1. Wir haben hier DC-Lader, das heißt Schnelllader bis 400 oder über 400 KW, wo die Fahrzeuge in sehr kurzer Zeit, wenn sie von der Autobahn runterkommen, beladen werden können. Das heißt, das Fahrzeug steht in der Regel zwischen 20 Minuten und einer Dreiviertelstunde. Wir haben hier mit dem Service-Point und einem Lademeister und genügend Anlaufstationen, so dass sich auch der Laie schnell zurechtfindet."
Klaus Emler, Geschäftsführer Innovationspark Sortimo
Das Pilotprojekt ist deshalb zukunftsweisend, weil es privat finanziert ist und auch Einkaufsmöglichkeiten bietet. Auch beim Bezahlen will man neue Maßstäbe setzen. Derzeit ist Bezahlen mit Kredit- oder EC-Karte oder Ladekarten möglich, in Zukunft möchte Klaus Emler auch "Plug & Charge" anbieten. Vorbild ist der SuperCharger von TESLA: "Momentan arbeiten wir mit der Automobilindustrie, mit BMW, mit Mercedes, zusammen. Das ist dann die Königslösung. Sie stecken am Fahrzeug ein, und alles andere an Prozessen ist hinterlegt. Wenn das Fahrzeug vollgetankt ist, stecken Sie aus und damit ist alles getan."
Wo spare ich durch ein Elektroauto?
Da viele Auto-Hersteller ihre Produktionserfahrungen gerne im oberen Preissegment sammeln, könnte man immer noch den Eindruck bekommen, dass E-Autos extrem teuer sind. Der Audi-Etron ab 70.000 Euro, der BMW iX ab 80.000 oder der Mercedes EQS ab knapp 100.000 Euro sprechen für sich. Aber es geht tatsächlich auch viel günstiger. E-Auto-Experte und Buchautor Willy Loderhose rechnet das an einem Beispiel vor:
"Ein gut ausgestatteter VW Golf kostet heute auch schon zwischen 25.000 und 30.000 Euro, je nach Motor. Einen ID.3 - der ist etwas teurer - kriegt man in der etwas kleineren Ausstattung bereits ab 25.000 Euro. Da ist die BAFA, also diese Förderungsprämie, schon abgezogen. Das ist weniger als ein Golf, genau genommen." Willy Loderhose, E-Auto-Experte und Buchautor
Einziges Manko: Die Lieferfrist dauert derzeit bis zu neun Monate.
Allerdings sollte man das Augenmerk gerade beim E-Auto nicht nur auf den Preis richten. Denn auch nach der Anschaffung bietet die E-Variante viele Preisvorteile im Gegensatz zum Verbrenner. Zum Beispiel entfällt für zehn Jahre die Kfz-Steuer. Auch die Wartungskosten sind bei einem E-Auto über die Jahre erheblich geringer. "Weiteres Sparpotential ist dann tatsächlich bei den Energiekosten, also den Stromkosten, zu finden", rechnet Matthias Voigt, E-Mobilitätsexperte des ADAC vor:
"Wer kostengünstig zu Hause laden kann, spart jeden Kilometer bares Geld. Zum Beispiel, wenn man wirklich sauberem Sonnenstrom an der heimischen Photovoltaikanlage nutzen kann, kosten 100 Kilometer etwa nur zwei Euro. Bei Bezug von Netzstrom kostet das ungefähr sechs Euro."
Matthias Voigt, E-Mobilitätsexperte beim ADAC
Diesel oder Benzin kosten auf 100 Kilometer aber immer noch wesentlich mehr.
Etwas ärgerlich für Hausbesitzer: Derzeit gibt es kein staatliches Geld für die Wallboxen in der heimischen Garage. Eigentlich bekommt man für den Einbau pauschal 900 Euro Zuschuss. Wegen der hohen Nachfrage ist die verfügbare staatliche Fördersumme aber mittlerweile ausgeschöpft. Seit Ende Oktober 2021 werden keine neuen Anträge mehr bearbeitet. Es ist jedoch zu erwarten, dass das Förder-Programm unter einer neuen Bundesregierung bald neu aufgelegt wird.
Wie umweltschädlich ist die Batterie?
Die Batterie ist das teuerste und ökologische gesehen zugleich heikelste Teil eines Elektrofahrzeugs. Aber auch in anderer Hinsicht sind die derzeit noch notwendigen Bestandteile einer E-Auto-Batterie problematisch. Gerade das Metall Kobalt und der Abbau seltener Erden werden eben auch immer mit Kinderarbeit in Verbindung gebracht. Hier gibt es allerdings zwei positive Entwicklungen. Erstens, die Hersteller achten mittlerweile viel stärker darauf, woher das Material kommt. BMW wirbt zum Beispiel beim neuen iX ganz gezielt damit, dass alles zertifiziert ist. Monika Dernai, Leiterin Urbane Mobilität bei BMW: "Bei Kobalt und Lithium wird häufig gesagt: Oh, wo kommt das her? Aus welchen Minen wird denn das gegraben? Und das ist genau diese Zertifizierung. Hier muss man sehr, sehr stark auf das Thema Umwelt, Sozialstandards und Menschenrechte achten." Wenn Kobalt und seltene Erden zertifiziert sind, steckt also zumindest keine Kinderarbeit drin. Trotzdem sind das natürlich höchst problematische Stoffe.
Die zweite positive Entwicklung ist, dass gerade Kobalt immer mehr aus den Batterien verschwindet. Das hängt weniger damit zusammen, dass alle Autohersteller plötzlich überaus umweltfreundlich geworden sind, sondern weil die Batterie einen nicht unerheblichen Teil der Kosten im E-Auto ausmacht. Das erklärt Christoph Neef, Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe:
"Was wir jetzt erleben, ist der Trend in Richtung günstige Kosten. Die Batteriekosten müssen runtergehen, damit eben auch die Elektrofahrzeugkosten runtergehen. Und hier macht es jetzt Sinn, wirklich zu versuchen, komplett auf Kobalt zu verzichten."
Christoph Neef, Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe
Natürlich sind aber auch Nickel und Lithium teuer und mit gewissen Risiken verbunden. Um das Lithium wird man in der Lithium-Ionen-Batterie nicht umhinkommen. Aber es gibt neue Trends, die versuchen, sich auch von Nickel weg in Richtung Mangan zu bewegen. Das ist besser verfügbar. Wie auch Eisen in einer Lithium-Eisenphosphat Batterie, das eben teurere Übergangsmetalle verzichtbar machen würde.
Einziger Haken: Mit Kobalt und seltenen Erden lohnt sich derzeit das Batterie-Recycling besonders. Etwa 1.000 Euro ist auch eine ausrangierte E-Auto-Batterie noch wert. Ohne Kobalt und Co. zwar immer noch 400 Euro, aber die EU-Kommission möchte hier mehr regulieren und bereitet gerade eine Verordnung vor, nach der Fahrzeughersteller dafür Sorge tragen müssen, dass die Batterie grundsätzlich entsprechend verwertet wird.
Zukunftsmusik: Die Feststoffbatterie
So etwas wie die eierlegende Wollmilchsau soll die so genannte Feststoffbatterie sein. Statt flüssigem Elektrolyt dient hier ein festes Elektrolyt als Ionenleiter. Das bringt eine wesentlich höhere Energiedichte mit sich. Zugleich ist die Batterie sicherer, kann schneller geladen werden, garantiert Reichweiten wie ein Verbrenner und braucht im E-Auto weniger Platz.
Christoph Neef, Batterie-Experte vom Fraunhofer Institut in Karlsruhe, findet die Feststoffbatterie interessant, rechnet aber nicht mit einer schnellen, serienreifen Verbauung. Auch wenn es bereits Prototypen gibt:
"Wenn ein Fahrzeughersteller diese neue Technologie in sein Fahrzeug integrieren will, muss er die vier Jahre vor Inverkehrbringung dieses Fahrzeugs schon auf dem Tisch liegen haben. Das heißt, wir spekulieren im Moment eher so auf 2030, dass wir wirklich in der breiteren Masse diese Batterien dann im Fahrzeug sehen."
Christoph Neef, Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe
Grundsätzlich sind Feststoffbatterien – aus technologischer Sicht – sehr vielversprechend. Zumal das nochmals die Kosten reduzieren würde.
Auch noch im Entwicklungsstadium: Der kompostierbare Stromspeicher. Statt giftiger Bestandteile wie Blei, Cadmium oder Quecksilber, haben Forscher der Schweizer Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa einen Stromspeicher entwickelt, der aus Kohlenstoff, Zellulose, Glycerin und Kochsalz besteht und sich innerhalb von wenigen Monaten im Erdreich nahezu komplett auflöst. Bis zur Serienreife dürfte es noch einige Jahre dauern.
Haben Elektroautos eine höhere Brandgefahr? Mehr dazu im Link.
Quellen und weiterführende Links:
Klimaneutrales Deutschland 2045: Wie Deutschland seine Klimaziele schon vor 2050 erreichen kann. Agora Verkehrswende und Stiftung Klimaneutralität.
Forscher in der Schweiz entwickeln kompostierbare Batterie
Spannung unterm Sitz: E-Auto und Sicherheit
Loderhose, Willy: „Wenn Sie ein Elektroauto kaufen, müssen Sie das lesen. Ultimative Antworten auf alle Fragen rund um das Thema Elektromobilität.“ FinanzBuchVerlag. 2021
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