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Gibt es in Deutschland einen Jodmangel Warum wir Jod so dringend in der Ernährung brauchen

Immer weniger verarbeitete Lebensmittel wie zum Beispiel Brot enthalten jodiertes Salz. Das führt dazu, dass wir immer schlechter mit Jod versorgt sind. Mit deutlichen Folgen für unsere Gesundheit. Welche das sein können, lesen Sie hier.

Stand: 05.08.2024

Pommes werden gesalzen | Bild: mauritius images / Yummy_pic / Alamy / Alamy Stock Photos

Jod wofür

Jod ist für uns alle lebenswichtig. Es ist ein Spurenelement, das wir nur über die Nahrung aufnehmen können und das unser Körper braucht, um Schilddrüsenhormone herzustellen. Diese sind an vielen Stoffwechselvorgängen in unserem Körper beteiligt – dem Energiestoffwechsel, dem Wachstum, der Knochenbildung und der Entwicklung des Gehirns. 180 bis 200 Mikrogramm brauchen Erwachsene und Jugendliche über 15 Jahren pro Tag.

Jodmangel erkennen

Müdigkeit, verändertes Kälteempfinden, Konzentrationsschwäche können erste Anzeichen für einen Jodmangel sein. Bei einem lang anhaltenden massiven Jodmangel kann sich eine Schilddrüsenunterfunktion entwickeln. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) dazu: "Eine Schilddrüsenunterfunktion kann mit Symptomen wie u. a. Müdigkeit, Schwäche, mentaler und körperlicher Leistungsminderung, vermindertem Grundumsatz mit Gewichtszunahme, verlangsamtem Herzschlag, trockener und blasser Haut, brüchigen Nägeln, Apathie, Konzentrationsstörungen, Appetitlosigkeit, Verstopfung sowie depressiven Verstimmungen einhergehen." Bei Kindern und Jugendlichen kann ein Jodmangel zu einer verzögerten Entwicklung führen. "Wir sehen das vor allem bei den Kindern, da sind mittlerweile 40 Prozent unter einem mittleren durchschnittlichen Bedarf. Und auch bei den Erwachsenen hat man schon vor etlichen Jahren festgestellt, dass der Jod-Versorgungszustand bei ungefähr einem Drittel der erwachsenen Bevölkerung unzureichend ist", sagt Prof. Dr. Thomas Remer, Ernährungswissenschaftler an der Uni Bonn und Mitglied des "Arbeitskreises Jodmangel" im Interview mit BAYERN 1. Und für Kinder sind die Folgen eines deutlichen Jodmangels besonders schlimm: "Psychomotorische Entwicklungsstörungen, Hördefekte und die geistige Leistungsfähigkeit ist definitiv eingeschränkt, Konzentrations- und Lernschwächen treten auf", so Remer.
Bei extremem Jodmangel kann sich ein sogenannter Kropf bilden, das bedeutet, die Schilddrüse vergrößert sich stark.

Salz jodiert oder nicht

Da aktuelle Untersuchungen zeigen, dass sich die Jodversorgung in Deutschland seit zehn Jahren wieder verschlechtert, raten Expertinnen und Experten dazu, im Privathaushalt ausschließlich jodiertes Speisesalz zu verwenden.

Das aber alleine reicht nicht aus für eine ausreichende Jodversorgung der Bevölkerung – auch die lebensmittelverarbeitende Industrie sowie das Bäcker- und Metzgerhandwerk müssten deutlich mehr Jodsalz für ihre Produkte verwenden. In Deutschland haben 32 Prozent der Erwachsenen und 44 Prozent der Kinder und Jugendlichen ein erhöhtes Risiko für eine Jodunterversorgung.

Tipps für eine ausreichende Jodversorgung

Diese Tipps geben Expertinnen und Experten von Verbraucherzentrale, BfR und Bundeszentrum für Ernährung für eine gute Versorgung mit Jod, jodiertes Salz zu verwenden, ist nur ein Baustein:

  • Trinken Sie täglich Milch und essen Sie Milchprodukte
  • Essen Sie möglichst ein bis zwei Mal pro Woche Meeresfisch
  • Essen Sie Eier
  • Verwenden Sie in Ihrer Küche nur jodiertes Salz, besonders auch beim Kochen von Kartoffeln, Reis oder Nudeln, denn beim Garen reichert man so die Lebensmittel mit Jod an. Das Salzen zu Hause kann aber weniger als 20 Prozent zur Jodversorgung beitragen (so der Arbeitskreis Jodmangel)
  • Achten Sie beim Einkauf von verarbeiteten Lebensmitteln im Supermarkt auf die Zutatenliste: Dort muss "jodiertes Speisesalz" oder "Jodsalz" zu lesen sein, nicht nur "Salz"
  • Fragen Sie in Ihrer Bäckerei oder Metzgerei oder auch in Ihrer Kantine nach, ob dort Jodsalz verwendet wird
  • Vorsicht bei manchen Algen-Produkten - diese können zu viel Jod in ungesunden Mengen enthalten. Daher nur Algenprodukte wählen, die einen festgelegten und garantierten Gehalt an Jod ausweisen und auf eine tägliche Höchst-Verzehrmenge hinweisen
  • Jodiert werden kann aus technischen Gründen nur feines Speisesalz, grobes Salz und Meersalz enthalten Jod nur in Spuren

Schwangere und Stillende sollten besonders auf ihren Jodhaushalt achten, denn sie haben einen erhöhten Bedarf.

Jod vegetarische Ernährung

Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, sollten ihre Jodversorgung besonders im Blick haben. Sie können auf mit Jod angereicherte Pflanzendrinks (hinten auf der Inhaltsstoffe-Deklaration nachsehen, es gibt leider nicht viele Anbieter) oder sichere Algenprodukte mit klar ausgewiesenem Jodgehalt zurückgreifen. Auch bestimmte Heilwässer enthalten viel Jod. Aber es kann auch eine Einnahme von Jodtabletten infrage kommen - das sollten Sie aber immer mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt absprechen.

Wann Jodtabletten

Die Einnahme von Jodidtabletten kann für Schwangere sinnvoll sein, aber auch für Kinder und Jugendliche, die wenig Milchprodukte und Seefisch essen. Oder für Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren. Sprechen Sie unbedingt vorher immer mit der Hausärztin oder dem Hausarzt.

Warum ist Deutschland Jodmangelgebiet

Unsere Böden enthalten zu wenig des Spurenelements Jod, daher ist nahezu ganz Deutschland Jodmangelgebiet. Das BfR schreibt: "Da die Jodgehalte im Boden gering sind, enthalten viele Agrarprodukte sehr wenig Jod. Meeresfisch und -früchte weisen zwar hohe Jodgehalte auf, tragen aber aufgrund der geringen Verzehrhäufigkeit nicht maßgeblich zur Jodversorgung bei." Die Folge ist eine Mangelversorgung mit dem Spurenelement.

Nach Aufklärungskampagnen und dem verstärkten Einsatz von jodiertem Speisesalz auch in Bäckereien, Metzgereien und in der Lebensmittelindustrie und dem Jodzusatz in Futtermitteln hatte sich die Jodversorgung in Deutschland Mitte der 1980er-Jahre deutlich verbessert. Bis Anfang der 2000er-Jahre galt die Jodversorgung in Deutschland als in weiten Teilen gesichert. Doch das hat sich seitdem verschlechtert: "Derzeitig kann eine adäquate Aufnahme nur erreicht werden, wenn etwa 40 Prozent aller Lebensmittel mit Jodsalz hergestellt wären. Der Anteil der handwerklich und industriell hergestellten Lebensmittel, die derzeitig mit Jodsalz hergestellt werden, liegt aber nur bei etwa 30 Prozent", so das Bundesinstitut für Risikobewertung. Jodsalz bei der Lebensmittelherstellung zu verwenden ist freiwillig, es besteht dazu in Deutschland keine Vorschrift.

Weitere Gründe, so Thomas Remer seien auch die Trends zu veganer Ernährung und die Tatsache, dass immer weniger Milchprodukte getrunken und verzehrt werden.

Warum weniger verarbeitete Lebensmittel Jodsalz enthalten, wie die Universität Gießen in einer Markterhebung festgestellt hat, das habe verschiedene Gründe, sagte Prof. Dr. Thomas Remer vom Arbeitskreis Jodmangel in diesem Podcast des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, dem IN FORM Podcast : "Ein ganz simpler Grund ist: Jodsalz ist teurer als normales Salz."

Hören Sie das Gespräch mit Spitzenköchin Léa Linster, warum Kochen Liebe ist, wie man salzt und wie man richtig gute Blumenkohlsuppe kocht. Unseren Interview-Podcast können Sie in der ARD Audiothek kostenlos downloaden und abonnieren:

https://www.ardaudiothek.de/episode/blaue-couch/l-a-linster-spitzenkoechin-wer-nichts-macht-kann-nicht-besser-werden/bayern-1/13543327/


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