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Kauartikel Hund Braucht mein Hund eigentlich Kauknochen?

Muss ich meinem Hund eigentlich Knochen oder Kausticks geben, damit er gesund bleibt und sich wohlfühlt? Zwei Spezialistinnen von der Kleintierklinik der Münchner Uni klären auf.

Von: Sabine Dangel

Stand: 16.02.2024

Hund mit Kauartikel | Bild: mauritius images / STOCK4B

Muss ich meinem Hund für eine ausgewogene Ernährung neben seinem normalen Futter auch Knochen oder andere Kauartikel wie Kausticks, Ochsenziemer, Rinderpansen, Schweineohren anbieten? "Eigentlich nicht", sagt Tierärztin und Privatdozentin Dr. Petra Kölle, Leiterin der Klinischen Tierernährung der Medizinischen Kleintierklinik an der Uni München, "wenn Hunde ein gutes Alleinfutter bekommen, ist der Nährstoffbedarf abgedeckt."

Genauso wenig braucht jeder Hund für sein seelisches Wohlbefinden einen täglichen Kauknochen: "Für eine allgemeine Aussage ist die Studienlage zu dürftig", erklärt Tierärztin Dr. Kathrin Busch, Oberärztin in der Gastroenterologie der Medizinischen Kleintierklinik an der Uni München, "dies muss jeder Besitzer individuell für sein Tier abwägen. Es ist in jedem Fall kein Muss - kein Hund braucht unbedingt jeden Tag irgendetwas zum Kauen." 

Wie wichtig sind Kauartikel für Hunde?

Gerade Welpen haben oft ein erhöhtes Kaubedürfnis.

Mit der häufigste Grund, warum viele Hunde Kauartikel bekommen, dürfte die Beschäftigung sein: Die Kauknochen für Wuffi verlängern eben oft einfach die Lebensdauer von Pantoffeln, Stuhlbeinen und anderem Wohnungsinventar. Das gilt gerade für Welpen, bestätigt Dr. Kölle: "Junge Hunde haben ein höheres Kaubedürfnis, etwa durch den Zahnwechsel. Man kennt das ja auch von Babys. Da juckt und schmerzt es - und deswegen kauen Welpen mehr als erwachsene Hunde." Bei erwachsenen Hunden ist das Kaubedürfnis individuell unterschiedlich - da kennt jeder Besitzer sein Tier am besten. 

Verringern Kauartikel beim Hund Zahnstein?

Diese Hoffnung vieler Hundebesitzer lässt sich wissenschaftlich leider nicht so einfach bestätigen, wie Dr. Kölle bestätigt: "Es gibt Studien, die belegen, dass Knochen helfen, die Zähne sauber zu halten - andere kommen zu einem anderen Ergebnis." Das gilt auch für Kausticks und spezielle Zahnpflege-Kibbles, betont Dr. Busch: "Es gibt natürlich Studien, bei denen Produkte nachweislich zu einer Reduktion des Zahnsteins geführt haben. Allerdings werden diese Studien meist nur über einen kurzen Zeitraum und an Versuchstieren durchgeführt."  

Kauartikel für Hunde gefährlich?

Kauartikel ja oder nein - da ist vor allem jeder Besitzer persönlich gefragt: Schlingt mein Hund große Brocken eher runter anstatt sie zu kauen? Hat er einen empfindlichen Magen, reagiert er auf manche Futtermittel allergisch - oder hat er gar ein Nieren- oder Leberproblem? All das macht den Einsatz von Kauartikeln kompliziert. Beim Thema Knochenfüttern gibt es sehr große individuelle Unterschiede. Manche Tiere, die über Jahre hinweg gebarft worden sind, sind daran gewöhnt und gehen problemlos damit um. Bei anderen kann es zu massiven Problemen führen. "Obstipationen (Verstopfungen, Anm.d.Red.) können in seltenen Fällen so dramatisch sein", sagt Tierärztin Dr. Busch, "dass bei diesen Tieren in Narkose das Rektum (der Enddarm; Anm.d.Red.) entleert oder sie sogar operiert werden müssen." 

Wenn Knochen, dann besser roh. "Gekochte Knochen sind spröder und splittern leichter", erklärt Tierärztin Dr. Kölle. Genauso wie Geflügelknochen.

Schlachtabfälle wie Pansen, Rinderkopfhaut, Schweine- oder Kaninchenohren und Ochsenziemer sind zudem sehr bindegewebshaltig und damit schwer verdaulich. "Das heißt, das enthaltene Protein muss vermehrt im Dickdarm durch entsprechende Mikroben aufgeschlüsselt werden. Dadurch entstehen mehr Blähungen und Verdauungsprobleme", erklärt Dr. Kölle, "und manche Hunde haben da eben Probleme. Also für Hunde mit Nieren- oder Leberproblemen oder auch Tiere mit Blasensteinen besser nicht."  

Futtermittelallergiker können auf die enthaltenen Tierproteine reagieren, warnt Dr. Busch und betont: "Körperteile von Rind werden oft zu Kauartikeln verarbeitet. Rinderprotein ist jedoch, neben Geflügelprotein, das häufigste Allergen beim Hund."  

Spoiler: Kauartikel "natürlicher" Herkunft können Keime wie Salmonellen oder Listerien enthalten, erklärt Dr. Kölle. Für Hunde ist das in der Regel weniger ein Problem, für Menschen dagegen schon.  

Diese Übersicht sollten Sie kennen: Diese Lebensmittel sind giftig für Hunde

Welche Kauartikel sind für Hunde gut?

Von Knochen bis Kausticks - die Auswahl an Kauartikeln für Hunde ist riesig.

Ob Knochen, Kaustick, Apfel oder Möhre - bei einem gesunden Hund kann man sich als Besitzer an den Vorlieben seines Tieres orientieren. Bei Allergikern oder anderweitig vorbelasteten Hunden können Kauwurzeln eine sichere Alternative sein. Oder eine kalorienarme Alternative, wenn der Vierbeiner eher etwas viel auf den Hüften hat. "Kauwurzeln sollten am besten aus Kaffee- oder Olivenholz sein, weil das nicht splittert", so Dr. Kölle. Um sie dem Hund schmackhaft zu machen, hilft es sie mit Schinkenstreifen umwickelt ein paar Tage im Kühlschrank zu lagern.  

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Wie oft darf mein Hund Kauartikel haben?

Was viele Hundebesitzer nicht bedenken: "Gerade getrocknete Kauartikel tierischer Herkunft haben ebenso wie Leckerlies in der Regel ziemlich viel Kalorien", betont Dr. Kölle. Und die muss man dann von der normalen Futterration abziehen. "Gerade bei kleinen Hunden kann etwa so ein kleiner Kaustreifen schon mal 20 bis 25 Prozent des Tagesbedarfs ausmachen. Ein 5-kg-Hund braucht etwa 200 Kilokalorien pro Tag - da macht ein Kaustreifen mit 40 oder 50 Kilokalorien schon einiges aus - und auf Dauer wird das Tier übergewichtig."

Da jedes Tier unterschiedlich reagiert, empfehlen die Tierärztinnen, je nach Größe des Hundes erstmal mit kleinem Kaumaterial anzufangen, das aber so groß sein muss, dass das Tier es nicht auf einmal verschlucken kann - und dann zirka zwei Tage abzuwarten. So lange dauert es in der Regel, bis die Verdauung abgeschlossen ist. Klar ist aber: Ein gewisses Risiko besteht immer. 

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Kauknochen für Welpen

Kauartikel für Welpen haben oft zu viele Kalorien.

Die hohe Kalorienzufuhr durch Kauartikel kann bei Welpen besonders negative Wirkungen haben: "Sie wachsen zu schnell und haben dann möglicherweise Skelettprobleme", so Dr. Kölle. Denn die Kauartikel enthalten keine wertvollen Inhaltsstoffe: "Das ist in etwa so, wie wenn wir Schokolade essen", erklärt die Tierärztin, "die enthält zwar Fett und Kalorien, aber vom Nährstoffgehalt her ist das nicht wirklich wertvoll. Bekommt ein Welpe zu viele Rinderknochen oder andere knochenhaltige Kauartikel wie Hühnerhälse, kann es zudem sein, dass er überversorgt ist mit Kalzium." Die Jungtiere sollten daher besser ein Welpen-Alleinfutter oder eine errechnete Ration bekommen, damit die Kalzium- und Phosphorzufuhr stimmt.  

Was tun, wenn Hund Kauknochen verschluckt? 

"Die Kauartikel, die komplett abgeschluckt werden, sind meistens kein Problem", erklärt Tierärztin Dr. Busch. "Die Magensäure schafft es meist, diese Nahrungsbestandteile aufzulösen. Gefährlich sind Kauartikel, die in der Speiseröhre steckenbleiben." Ob und wie ein Hund darauf reagiert, ist individuell völlig unterschiedlich. Symptome können (!) sein: "Schlucken, Würgen, Unwohlsein und Erbrechen. Eine sichere Diagnose kann dann nur noch der Tierarzt mit einem Röntgenbild erstellen, den man im Zweifelsfall zu Rate ziehen sollte. Warten Sie nicht zu lange, im schlimmsten Fall kann es zu einem Durchbruch der Speiseröhre kommen.

Warum Markknochen gefährlich werden können

Vorsicht ist auch im Zusammenhang mit Markknochen wichtig: Es passiert immer wieder, dass sich Hunde beim Bearbeiten des inneren, weichen Mark-Kerns den Knochenring über den Unterkiefer schieben. Sitzt er dort erst einmal fest, kann er in der Regel nur noch vom Tierarzt entfernt werden. Wenn Sie Ihrem Tier also unbedingt einen Markknochen geben wollen, sollten Sie es nicht aus den Augen lassen und rechtzeitig eingreifen.

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