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Tempolimit Was bringt ein Tempolimit von 120 km/h?

In der Bundesrepublik gab es schon mal ein Tempolimit. Anfang der 70er. Wegen der Ölkrise. Damals galt die Höchstgeschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde allerdings nur, um während der Ölkrise Kraftstoff zu sparen. Eine Verlängerung hat sich schon damals nicht durchsetzen lassen - auch wenn es in der anschließenden Debatte vorrangig um eine Verringerung der Unfallzahlen ging. Was geblieben ist: Die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h. Eine Empfehlung auf einigen deutschen Autobahnabschnitten, an die sich jedoch kein Autofahrer halten muss.

Von: Alexander Dallmus

Stand: 27.01.2023

Symbolbild Tempolimit: Ein Schild weist auf Geschwindigkeitsbeschränkung 130km/h hin | Bild: picture-alliance/dpa

Ist Deutschland das einzige Land ohne Tempolimit?

Mittlerweile gibt in Europa - neben Deutschland - nur auf der Isle of Man (einer Insel in der Irischen See) kein generelles Tempolimit auf den Straßen. Die Insel ist zwar der britischen Krone unterstellt, es gelten dort aber nicht die Verkehrsbeschränkungen des Vereinigten Königreichs (112 km/h auf Autobahnen). Allerdings kann man auf den meist engen Straßen dort sowieso nicht schneller als 30 Stundenkilometer fahren. Ansonsten gibt es von Norwegen (100 km/h) bis Griechenland (130 km/h) überall allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkungen auf den europäischen Fern- und Schnellstraßen. Nur eben in der Bundesrepublik nicht.

Wie viel Deutsche wollen ein Tempolimit?

Ganz klar gegen ein Tempolimit ist die deutsche Automobilindustrie. In einem Positionspapier hat der Verband VDA anhand der Unfallstatistik noch einmal deutlich gemacht, "dass es keinen Zusammenhang gibt zwischen Tempolimitierung einerseits und Sicherheit andererseits. Dies zeigt sich zum Beispiel an der Verteilung der Unfälle mit Personenschaden auf tempolimitierten und nicht-tempolimitierten Streckenabschnitten auf BAB (= Bundesautobahnen; Anm.d.Red.)." In zahlreichen Umfragen der letzten Jahre spricht sich mittlerweile eine deutliche Mehrheit für ein Tempolimit aus (ARD-Deutschlandtrend 2022: 57% sowie YouGov 2022: 57%). Im Koalitionsvertrag der Ampelregierung wird ein generelles Tempolimit jedoch ausgeschlossen.

Streitpunkte in der Diskussion sind neben dem erwähnten Sicherheitsaspekt auch die Argumente "Lärmbelästigung" und "CO2-Emissionen". In allen drei Punkten geht es, sowohl bei Gegnern wie auch Befürwortern eines generellen Tempolimits auf deutschen Autobahnen, immer um Zahlen und deren Aussagekraft. Schauen wir uns mal vor allem den zuletzt genannten und umstrittensten Punkt näher an.

Tempolimit Spritverbrauch

Auch die aktuellen, persönlichen Spritkosten hängen maßgeblich von der Geschwindigkeit ab. Ein normaler Mittelklassewagen verbraucht laut statistischem Bundesamt im Schnitt immer noch 7 Liter (Diesel) bis 7,5 Liter (Benzin) auf 100 Kilometer. Wer mit 80 statt 120 km/h unterwegs ist, spart sich aktuell (Diesel bei 1,80 Euro/ Liter) auf 100 Kilometer etwa 3 Euro ein.

Ab 120 km/h wird es durch Luft- und Roll-Widerstand dann aber wesentlich teurer. Hier steigt gerade der Kraftstoffverbrauch überproportional. Wer 120 km/h statt 160 km/h fährt, spart beim aktuellen Dieselpreis (1,80 Euro/ Liter) auf 100 Kilometer bereits gut sieben Euro.

Warum spart Richtig schalten Sprit?

Wie viel sich innerstädtisch sparen lässt, hängt natürlich immer vom individuellen Fahrstil ab. Die meisten Autofahrer sind allerdings zu "hochtourig" unterwegs. Bei 50 km/h bereits im vierten Gang zu fahren, spart einiges gegenüber dem sportlichen zweiten oder auch dritten Gang. Gleiches gilt beim Anfahren: In den gängigen Eco-Fahrkursen wird meist dazu geraten, nach dem Anfahren vom ersten gleich in den dritten Gang zu schalten. Automatikgetriebe sind dabei mittlerweile klar im Vorteil. Die Schaltmomente in modernen Autos sind so gut abgestimmt, dass selbst professionelle Fahrer nicht effizienter fahren können. Auch ein hoher Reifendruck (senkt den Rollwiderstand) und weniger Gewicht (nur das im Kofferraum mittransportieren, was man wirklich braucht) sparen Kraftstoff.

Soll ein Tempolimit eingeführt werden?

Ein großes Problem bei der Debatte um den ökologischen Effekt eines Tempolimits ist die Datenlage. Annahmen zu Einsparpotentialen sind teils veraltet. Sowohl Befürworter als auch Gegner beziehen sich aber immer wieder auf diese Zahlen und argumentieren damit. Dabei ist auch die Behauptung, dass 70 Prozent der insgesamt 13.000 Autobahnkilometer ganz ohne Tempobeschränkung befahren werden können, nicht eindeutig geklärt.

Eine aktuelle Übersicht der Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Bundesautobahnen von der zuständigen Bundesbehörde, der Autobahn GmbH des Bundes, gibt es immer noch nicht. Etwas mehr als 3.000 Kilometer sind zumindest mit variablen Geschwindigkeitsanzeigen bestückt.

Was würde ein Tempolimit bringen?

Eines ist jedoch aus den nackten Zahlen des Statistischen Bundesamtes auch abzulesen: Der CO2-Ausstoß auf den deutschen Straßen steigt. Und das, obwohl modernere Technik eigentlich eine gegenläufige Tendenz vermuten ließe. Der CO2-Ausstoß im Straßenverkehr ist von 1990 bis 2020 um über 5 Prozent gestiegen. Das lässt den Schluss zu, dass mehr Verkehr und hochmotorisierte Autos dazu geführt haben. Mehr als 48 Millionen zugelassene PKW für 2022 bedeuten einen Höchststand.

Wie viel CO2 in dieser Zeitspanne durch ein Tempolimit hätte gespart werden können, lässt sich natürlich nicht ableiten. Allerdings betonen die Gegner eines Tempolimits immer wieder, dass der Verkehr nur Rang drei hinter den großen CO2-Emittenten Energiewirtschaft und Industrie belegt. Im Gegensatz zu diesen Sektoren, nimmt die Klimabelastung durch den Verkehr aber zu.

Um wie viel Prozent erhöht sich bei Tempo 160 im Allgemeinen der Kraftstoffverbrauch?

Selbst die Gegner eines Tempolimits bestreiten nicht, dass eine höhere Geschwindigkeit auch zu einem höheren CO2-Ausstoß führt. Der Luftwiderstand steigt quadratisch mit der Geschwindigkeit. Unter Berücksichtigung des Rollwiderstands steigt der Kraftstoffverbrauch überproportional an. Ein normaler Mittelklassewagen verbraucht bei 160 km/h schnell ein Drittel mehr an Kraftstoff als bei 130 km/h. Die hohe Geschwindigkeit allein führt nicht zu einem größeren Schadstoffausstoß. Wie gut die jeweiligen Katalysatoren arbeiten, hängt eher von der Größe und den Abgastemperaturen ab. Da jedoch der CO2-Ausstoß mit dem Kraftstoffverbrauch zusammenhängt, führen höhere Geschwindigkeiten eben auch zu mehr CO2.

Warum Tempolimit nichts bringt

Was ein Tempolimit wiederum, hochgerechnet auf den gesamtdeutschen Autoverkehr, an Ersparnis in diesem Bereich bringen würde, wird wiederum je nach Standpunkt unterschiedlich bewertet. Während der Bundesverkehrsminister mit einer Absenkung des CO2-Ausstoßes um lediglich 0,5 Prozent rechnet, wenn ein bundesweites Tempolimit auf deutschen Autobahnen eingeführt würde, sieht der VDA (Verband der Automobilindustrie) bei "Tempo 130" in seinem Positionspapier sogar einen "null Effekt", denn: "Die CO2-Emissionen in Deutschland ließen sich durch ein Tempolimit von 120 km/h nur um 0,27 Prozent senken." Wohlgemerkt wird hier der gesamte deutsche CO2-Ausstoß als Referenz herangezogen.

Wieviel CO2 durch Tempolimit einsparen?

Der ADAC, der lange Zeit ein Tempolimit kategorisch ablehnte, rechnete zuletzt mit einem Einsparpotential von etwa zwei Millionen Tonnen CO2 jährlich durch ein generelles Tempolimit von 130 km/h und beruft sich auf Daten aus dem Handbuch für Emissionsfaktoren (HBEFA) des Umweltbundesamtes (UBA). Das wären, bezogen auf den deutschen Autoverkehr, immerhin bis zu zwei Prozent weniger CO2-Ausstoß.

Auch das Freiburger Öko-Institut, das diese Emissionsfaktoren für den Straßenverkehr ausgewertet hat, kommt auf ein Einsparpotential von 1,1 bis 1,6 Prozent durch ein allgemein verbindliches Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Bei einem Gesamtausstoß von knapp 800 Millionen Tonnen pro Jahr könnten demnach mit einem Tempolimit gerade mal 0,2 Prozent CO2 eingespart werden.

Tempolimit CO2 Einsparung Studie

In einer neueren Studie für das Jahr 2018 des Umweltbundesamtes in Berlin (UBA) wäre ein Tempolimit ein wesentlich wichtigerer Baustein für die Einhaltung der Klimaschutzziele im Verkehr, als bisher gedacht. Das gehe zudem, erklärte der Präsident des Umweltbundesamts Dirk Messner, "schnell und praktisch ohne Mehrkosten". Demnach ließen sich bei einem generellen Tempolimit von 120 km/h auf den Bundesautobahnen und autobahnähnlich ausgebauten Straßen jährlich Treibhausgasemissionen in Höhe von 6,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente einsparen. Mehr als zweieinhalb Mal so viel wie bisher angenommen.  

Wie viel CO2 spart man durch ein Tempolimit?

Erklärt wird die deutliche Zunahme vom UBA durch Möglichkeiten, den Verbrauch der Fahrzeuge genauer zu bestimmen sowie eine veränderte Routenwahl und Verkehrsnachfrage. Mit Tempo 120 auf Bundesautobahnen und Tempo 80 auf Außerortsstraßen, eingeführt zum Januar 2024, ließen sich demnach bis 2030 alles in allem rund 47 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente einsparen.  

Tempolimit CO2 Einsparung Vergleich

Ob das jetzt wiederum viel, wenig oder gar ein zu vernachlässigender Faktor ist, hängt wiederum vom jeweiligen Standpunkt ab. Während für absolute Gegner des Tempolimits das bisschen CO2-Ersparnis den Kohl auch nicht fett macht, finden Befürworter gerade diese Ersparnis besonders effizient. Schließlich wäre ein Tempolimit schnell, günstig und eben auch wirksam umzusetzen. Um die Zahlen und CO2-Ersparnisse einmal in Relation zu setzen: Schon etwa 2 Millionen Tonnen weniger CO2-Äquivalente, die oft genannt werden, entsprechen derzeit den Emissionen, die durch den deutschen Flugverkehr jährlich freigesetzt werden.

Weiterführende Links und Quellen

Fakten gegen ein generelles Tempolimit (Hinweise aus Sicht der Automobilindustrie) vom VDA

Tempolimit auf Autobahnen (Standpunkt des ADAC)

Lesen Sie dazu aus unserem Nachhaltigkeitspodcast "Besser leben": Mit E-Autos Geld und Co2 sparen - anhören in der ARD Audiothek als kostenloser Podcast


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