4. April 1814 Berliner Quadriga wird zurückgebracht
Der Stachel saß tief. Napoleon hatte in Berlin die Quadriga mit der Siegesgöttin vom Brandenburger Tor abmontieren und nach Paris schaffen lassen. Doch am 4. April 1814 hieß es aus Paris - die Viktoria kommt zurück. Autorin: Claire-Lise Buis
04. April
Montag, 04. April 2016
Autor(in): Claire-Lise Buis
Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
Wenn die Retourkutsche kommt, verheißt das meistens nichts Gutes. Am 4. April 1814 sind die Berliner jedoch hoch erfreut, als eine Depesche aus Paris die preußische Hauptstadt erreicht. Darin verkündet Generalfeldmarschall Blücher, es sei gelungen, den vom Kaiser Napoleon im Jahre 1807 aus Berlin weggeführten Siegeswagen, nächst den Pferden wieder aufzufinden. Blücher habe Sr. Majestät dem Könige von diesem Ereignis sogleich Anzeige gemacht, und der König habe befohlen, die Zurückführung augenblicklich zu organisieren.
Siegeswagen unterwegs
Die Quadriga, die Statue der Göttin Viktoria mit Vierergespann, war sieben Jahre zuvor vom Brandenburger Tor abmontiert worden. Napoleon hatte die preußische Armee in Jena besiegt und war anschließend in Berlin einmarschiert. Die Schlüssel der Stadt reichten dem französischen Kaiser jedoch nicht. Dominique Vivant Denon, Begleiter und Kunstkenner, durfte sich aus den Sammlungen, Schlössern und Schatzkammern Berlins bedienen, um das geplante "Museum Napoleon" zu bestücken. Sogar ein Bittgesuch ihres Erschaffers, des Bildhauers Johann Gottfried Schadow, konnte den Raub der Quadriga nicht verhindern. Verpackt in 12 Kisten wurde sie nach Frankreich verschifft.
Wie die Siegesgöttin Viktoria ihre Pariser Zeit verbrachte, ist nicht eindeutig geklärt. Ungewiss ist auch die Art und Weise, wie das Kunstwerk nach der Kapitulation Napoleons wieder in deutsche Hände gelangte. War ein Gesandter aus Kassel fündig geworden? Hatte eine Pariserin das Versteck verraten? Sicher ist nur, dass die Quadriga inzwischen zum Symbol des aufkeimenden deutschen Nationalgefühls geworden war. In Berlin kursierte das Gerücht, französische Krähen ließen sich auf dem Brandenburger Tor nieder, wenn der deutsche Adler nicht zu Hause sei. So meldeten die Berlinischen Nachrichten am 4. April nicht ohne Genugtuung: "Der Siegeswagen ist unterwegs".
In Aachen, Hamm, Hannover, Magdeburg - überall auf dem Weg wird der Konvoi mit triumphalem Jubel empfangen. Eine Frau aus Minden hat eine Rose aus Paretz, dem Lieblingsort der Königin Luise, an einer Transportkiste befestigt. Ein Bewohner der Stadt Bielefeld dichtet zur Ehre Viktorias. Karikaturen, die Galgen mit napoleonischen Wappen darstellen, werden gemalt und dem Geleit überreicht.
Statt Lorbeer jetzt mit Eichenkranz
Friedrich Wilhelm III. bereitet seinerseits die Ankunft der wiedererlangten Trophäe vor. Es soll nichts dem Zufall überlassen werden, wenn der Monarch den Sieg der Alliierten feiert und mit der heimkehrenden Truppe in Berlin wieder eintrifft. Die Quadriga wurde zuerst im Schloss Grunewald restauriert. Anstelle eines einfachen Lorbeerkranzes sollte die Göttin von nun an einen Eichenkranz mit preußischem Adler und Eisernem Kreuz halten. Am 7. August 1814 ist es dann so weit: Der König reitet zusammen mit Generalfeldmarschall Blücher durch das Brandenburger Tor - unter Aufsicht der wieder aufgestellten Viktoria. Mit Glockengeläut und Kränzen feiert Preußen die Revanche gegen Frankreich. Es ist eine Antwort auf die Demütigung Napoleons. Eine Retourkutsche also.
Zum Glück ist die Zeit der Nationalismen vorüber. Der Platz, über den die Quadriga wacht, heißt heute noch "Pariser Platz". Dort gedenken die Franzosen am 14. Juli der Revolution: Die benachbarte Botschaft veranstaltet alljährlich zum Nationalfeiertag ein kleines Volksfest. Die Berliner feiern fröhlich mit. Es wird getanzt und getrunken auf die deutsch-französische Freundschaft. Den Begriff gibt es noch; richtige Retourkutschen sind aber Geschichte.