7. Februar 1871 Patentierung zahnärztlicher Tretbohrmaschine
Lange war die Brechstange das Mittel der Wahl bei Zahnbehandlung…schneller und weniger schmerzhaft als Bohren. Dann kam James Beall Morrisons Tretbohrmaschine. Autorin: Yvonne Maier
07. Februar
Dienstag, 07. Februar 2017
Autor(in): Yvonne Maier
Sprecher(in): Johannes Hitzelberger
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
Ein Zahnarzt-Termin. Wellness pur. Sanftes Licht, ein bequemer Liegestuhl und das leise Säuseln des Bohrers, während man mit einer Lokalanästhesie vor sich hin dämmert. Wenn Zahnarzt-Besuche doch schon immer so entspannend gewesen wären! Wir leben in einer Zeit des absoluten Zahnschmerz-Glücks!
Der Zahnwurm
Glauben Sie nicht? Dann fragen sie doch mal bitte ihre Ur-ur-ur-ur-ur-Großeltern. Denn bis vor rund 150 Jahren, da war ein Besuch beim Zahnarzt etwas, was man seinem ärgsten Feind nicht wünschte.
Bohrende Schmerzen, dunkle Zähne, blutiges Zahnfleisch … der Zahnwurm erwischte alle. Dieser kleine Parasit wurde schon vor 3.800 erstmals schriftlich erwähnt, in Nippur, im heutigen Irak. Auch die antiken Inder, Ägypter, Maya und Chinesen glaubten auf die eine oder andere Art an einen Zahnwurm, der die nagenden Schmerzen im Mund verursachte, die keiner auf Dauer aushielt, und sogar Hildegard von Bingen! Sie wusste immerhin schon, dass mangelnde Hygiene die Ursache für seine Anwesenheit ist. Sie empfahl regelmäßige Mundspülungen, Aloe und Myrrhe.
Wie man so einen Wurm los wurde? Indem man Opfer brachte, die Mundhöhle ausräucherte oder sich zur Ader lies. Heute wissen wir - davon geht die Karies nicht weg. Man muss sie schon ganz entfernen - also bohren. Die antiken Römer machten das mit feinen Stäbchen, die meist zwischen Daumen und Zeigefinger hin und her gezwirbelt wurden. Folter pur:
Der Bohrer arbeitete sich ziemlich langsam in den Zahnschmelz hinein und konnte nicht genau geführt werden. Schon die Vorstellung allein verursacht Zahnschmerzen … vor allem, weil es damals ja auch keine gut funktionierende Narkose gab.
Bitte nicht lächeln
Gleich den ganzen Zahn zu ziehen war über viele Jahrhunderte oft der einfachere und billigere Weg. Aber auch ein endgültiger … mit bisweilen amüsanten Folgen: Am Hofe des französischen Königs Ludwig XIV zum Beispiel wurde niemand lächelnd porträtiert. Keiner wollte seine Zahnlücken oder schwarzen Zähne herzeigen, Lächeln an sich galt als Zeichen von schlechten Manieren und Liederlichkeit. Erst im 18. Jahrhundert wurde das wieder schick - für die Elite gehörten Zahnärzte seitdem zum Standard, wenn auch zu einem schmerzhaften.
Bis James Beall Morrison kam. Es ist erstaunlich, dass heute nur so wenige Zahnschmerzgeplagte den Namen dieses US-Amerikaners kennen. Denn ohne ihn würden wir uns immer noch die Karies-Zähne lieber ziehen als aufbohren lassen. Er schaute sich den Tretmechanismus der bekannten Singer-Nähmaschinen ab, verband das mit einem Bohrer und lies sich das Ganze am 7.2.1871 patentieren. Und siehe da: Sein Zahnbohrer drehte sich mit 2.000 Umdrehungen pro Minute. Und Morrison hatte zugleich beide Hände frei! Ganz entspannt konnten sich seine Patienten also auf dem Zahnarztstuhl zurücklehnen - den James Beall Morrison übrigens auch erfunden hat - und sich in aller Seelenruhe alle Karies hinaus bohren lassen. Der Wellness-Tempel "Zahnarztpraxis" war geboren.