8. Juli 1853 In Japan gehen die "Schwarzen Schiffe" vor Anker
Reisen zwischen Ost und West … die einen kommen nach Japan, um Handelsbeziehungen zu erzwingen, andere wollen es in der Liebe wissen. Nicht immer gelingen Eroberungen im Inselreich … Autorin: Isabella Arcucci
08. Juli
Freitag, 08. Juli 2016
Autor(in): Isabella Arcucci
Sprecher(in): Caroline Ebner
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Eine Eroberung kann kriegerisch sein oder getrieben von glühender Leidenschaft. Doch sie kennt immer zwei Seiten: den Eroberten und seinen triumphierenden Bezwinger.
Ein unbekanntes Märchenland
Über 200 Jahre hatte Japan im Dornröschenschlaf gelegen. Die Shôgune, die Herrscher Japans, verfolgten eine Politik strikter Abschottung. So gut wie kein Fremder fand Einlass in das Inselreich und kein Japaner durfte es verlassen. Japan, ein Land in dem es Tempel aus purem Gold gab, in dem Männer lange Zöpfe trugen und Frauen sich die Zähne schwarz färbten. Ein Land, in dem die Samurai, die Krieger, mit Hingabe die Klingen ihrer kostbaren Schwerter schärften, und sie doch kaum benutzten. Es herrschte Frieden. Statt in den Krieg zu ziehen, verträumten die Samurai Tage und Nächte in den weißen Armen schöner Kurtisanen, deren zarte Körper in prächtige Seidenstoffe gehüllt waren. Japan war für den Westen ein unbekanntes Märchenland - dessen Häfen es für die eigenen Handelsgeschäfte zu erobern galt.
Der triumphierende Bezwinger hieß Commodore Matthew C. Perry und er war wild entschlossen. Am 8. Juli 1853 näherte sich der Amerikaner Perry mit einer Flotte schwarzer Schiffe der Bucht von Edo, der Residenzstadt des Shôguns. Mit riesigen Kanonen und Gewehrgeschützen drohend, forderte Perry die Öffnung der japanischen Häfen für amerikanische Handelsschiffe. Doch die Japaner gaben nicht gleich klein bei. Perry kehrte dem Inselreich den Rücken - aber nicht für immer. Im Jahr darauf kam er wieder. Mit noch mehr Schiffen, noch mehr Kanonen - und nun knickten Nippons Krieger ein. Stück für Stück öffneten sie ihr Land für westliche Händler und Diplomaten. Die Insulaner fühlten sich von den Ausländern überrollt. Die Welt hatte Japan entdeckt. Doch bald schon entdeckte Japan die Welt!
Die Liebe einer Tänzerin
Junge Japaner folgten ihrer Neugier und reisten zum Studium ins Ausland. Auch der spätere japanische Nationalschriftsteller Mori Ôgai. Er ging nach Deutschland, studierte Medizin bei Robert Koch und Max von Pettenkofer. Mori Ôgai eroberte sich westliches Wissen - und das Herz des Berliner Ballettmädchens Elise. Im Jahr 1888 kehrte der Japaner in seine Heimat zurück. Allein. Doch Elise folgte ihm. Mit dem Schiff kam sie in der Bucht von Tokyo, dem einstigen Edo an, wie 30 Jahre vor ihr Commodore Perry. Und sie war wild entschlossen, den Mann zurück zu erobern, den sie liebte. Aber Elise besaß weder Kanonen noch andere scharfe Geschütze, die als Druckmittel hätten dienen können. Die Familie ihres japanischen Geliebten gewährte ihr keinen Einlass. Elise musste Japan den Rücken kehren - für immer. Eine missglückte Eroberung mit zwei unglücklichen Verlierern, Elise und ihrem Geliebten Mori Ogai. Der Gewinner ist die Nachwelt, denn ihr hinterließ der Schriftsteller Mori Ogai eine wunderschöne Erzählung mit dem Titel "Maihime“, "Die Tänzerin". Eine Geschichte über die Beziehung eines japanischen Studenten zu einem Berliner Ballettmädchen, über eine gescheiterte Eroberung, über die Grenzen der Kulturen - und über die Liebe zwischen Ost und West.