12. November 1964 Archäologen entdecken das Grab von Khnumhotep und Niankhkhnum
Edle Hände und prächtige Fingernägel wünschten sich schon Ägyptens Pharaonen. Da es noch keine Nagelstudios wie heute gab, ließ man Maniküristen kommen wie etwa Khnumhotep und Niankhkhnum. Dass die beiden Männer in einem Grab bestattet wurden, wirft bis heute Rätsel auf. Autorin: Susanne Hofmann
12. November
Dienstag, 12. November 2024
Autor(in): Susanne Hofmann
Sprecher(in): Irina Wanka
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Was assoziiert man mit dem Begriff Maniküre? Ein Nagelstudio, in dem an kleinen Arbeitstischen am laufenden Band Nägel gefeilt und lackiert werden? Nun ja - bei der Maniküre, für welche die beiden Ägypter Niankhkhnum und Khnumhotep [Niank-Knum und Knum-Hotep] verantwortlich waren, handelte es sich eher um einen Staatsakt. Jedenfalls waren die beiden Herren hohe Beamte und trugen den stolzen Titel "Aufseher der königlichen Maniküre". Das belegen Hieroglyphen-Inschriften. Sie waren wohl für die Körperpflege des Herrschers zuständig, eines altägyptischen Pharaos rund 2.500 Jahre vor Christus. Vermutlich standen sie also in hohem Ansehen. Schließlich durften sie dem Pharao so nahe kommen wie kaum ein anderer.
Die Hand bitte
Zu später Berühmtheit gelangten die beiden Aufseher rund 4.500 Jahre später: Am 12. November 1964, entdeckten Forscher in der ägyptischen Begräbnisstätte Sakkara unweit der großen Sphinx von Gizeh ein geheimnisvolles Grab. Sie krochen in die Kammern der Grabstätte und sahen im Licht ihrer Kerosinlampe – nein, weder Mumien noch Schmuck, aber: prächtige, farbig bemalte Wände.
Alles glänzt
Ohne Zweifel: Es handelte sich um ein Grab für ein Mitglied der Elite.
Was aber die Deutung des Fundes angeht, tappen die Wissenschaftler noch immer im Dunkeln. Für Verwirrung sorgt, dass darin zwei Männer begraben waren. Die Entdecker des Grabmals notieren: "Die Inschriften in dem Grab führen uns zu keiner Lösung, was die Beziehung der beiden angeht. Waren sie Brüder? Waren sie Vater und Sohn?
Oder zwei Beamte im Palast des Pharaos, die zu Lebzeiten eine innige Freundschaft unterhielten und diese im Jenseits fortführen wollten?"
Es ist das erste – und bisher einzige - Grab der Antike, in dem zwei Personen gleichen Geschlechts und von gleichem sozialem Status zusammen bestattet wurden. Heute noch sind die beiden Maniküristen unter anderem in einem Relief gleich am Eingang zu sehen.
Sie sitzen dicht beisammen, die Arme umeinander gelegt. Und in den Grabkammern finden sich dutzende weitere Abbildungen der beiden Männer, oft in intimen Posen, die üblicherweise der Darstellung von Ehepaaren vorbehalten ist: eng umschlungen, händchenhaltend und Nase an Nase – ein angedeuteter Kuss?
Zunächst mutmaßten die Archäologen, es handle sich bei den beiden eben um besonders gute Freunde. Später machte die These die Runde, die beiden Männer stellten Zwillinge dar. Ja, es wurde sogar behauptet, die beiden seien siamesische Zwillinge gewesen, daher die auffällige körperliche Nähe auf den Abbildungen. Die Wandgemälde lassen darauf schließen, dass beide Familienväter waren und Ehefrauen hatten. Doch, was sollte das bedeuten? In einer Darstellung ist Nianchchnums Gattin wegradiert, von ihr sieht man nur noch Umrisse. Standen sich die beiden Ägypter also vielleicht in ganz anderer Weise nahe? Waren sie ein homosexuelles Paar, das über den Tod hinaus vereint sein wollte? Dieser These verschafften Forscher in den vergangenen Jahrzehnten Geltung. Queere Maniküristen also? Das klingt modern, doch entspricht es der altägyptischen Realität? Vermutlich müssen wir uns damit abfinden, dass Nianchchnum und Chnumhotep das Geheimnis ihrer besonderen Verbindung mit ins Grab genommen haben.