11. März 1845 Fahnenmastkrieg zwischen Maori und Briten bricht aus
Was lehren die bayerische und die neuseeländische Geschichte gemeinsam: Wer Pfosten, Masten, Maibäume in die Gegend stellt, muss sich auf Gegenwehr einstellen. Siehe Fahnenmastkrieg zwischen Maori und Briten! Autor: Martin Trauner
11. März
Freitag, 11. März 2016
Autor(in): Martin Trauner
Sprecher(in): Andreas Wimberger
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Darf man das? - Ja. Man darf. Wenn man sich an bestimmte Regeln hält. Die bayerischen Maibaumvereine zum Beispiel halten sich an mindestens 15 Regeln, Jahrhunderte lang tradiert, von Mund zu Ohr weitergegeben, damit das Maibaumklauen ordnungsgemäß und traditionsgemäß von Statten geht. Wichtigste Regel: Der Baum darf nicht zersägt oder beschädigt werden. Und fast genauso wichtig: der Maibaum des eigenen Ortes ist tabu.
Tabu
Tabu! Kein bayerisches Wort. Das Wort "Tabu" stammt von der gegenüberliegenden Seite der Erde, aus Neuseeland, von den Maori. Die Maori kannten zwar im Gegensatz zu uns Bayern den tieferen Sinn eines Tabus, Baumklauregeln waren ihnen offenbar fremd. Und so kam es zu monatelangen Scharmützeln, nachdem der britische Fahnenmast in Kororareka bereits zum vierten Mal gefällt und gestohlen worden war. Aber der Reihe nach ...
Im Februar 1840 unterzeichneten 45 Stammesfürsten der Maori einen Vertrag mit den Briten: Der gestand ihnen ihren Besitz und viele Rechte zu, sie wurden aber zu Untertanen der britischen Krone. Hone Heke, ein Stammesfürst aus dem Nachbardorf von Kororareka, war einer der ersten, die unterschrieben hatten. Doch er bereute bald seine Zustimmung: Hatten er und sein Clan bisher ganz gut von Gebühren für Walfangboote gelebt, blieben diese jetzt wegen neu eingeführter Zölle aus. Zudem machte sich das Gefühl breit, man sei von den Briten über den Tisch gezogen worden ... Also musste Heke handeln.
Haka
Mit einigen seiner Krieger stellte er sich vor die Pakeha, so nannten die Einheimischen die weißen Siedler, und dann führten sie ihren furchterregenden Haka auf. Einen Tanz, bei dem sie Äxte schwingen, die Zunge rausstrecken und ihre Geschlechtsteile entblößen.
Doch die Briten lassen sich nicht aus der Fassung bringen und reagieren wider Erwarten nicht. Und so beschließt Heke, den Fahnenmast von Kororareka zu fällen. -
Ja, an dieser Stelle hätte noch alles gut ausgehen können: Die Briten sind zu neuen Verhandlungen bereit und Heke bietet sogar an, den kaputten Masten zu ersetzen. Ganz wie in der bayerischen Tradition des Maibaumentwendens: Man gibt den Baum zurück, versöhnt sich und schuhplattelt gemeinsam, oder wie die Maori sagen könnten: Hakat.
Heke
Doch aus irgendeinem Grund, den die neuseeländische Geschichte verschweigt, hackt Hone Heke kein halbes Jahr später zum zweiten Mal den Fahnenmast um. Die Briten stellen nun einen neuen, dickeren Masten auf und lassen ihn von verbündeten Maori bewachen: Doch flugs ist auch dieser Mast über Nacht weg.
Man könnte nun meinen, den Briten hätten irgendwann die Holzpfähle ausgehen müssen. Und tatsächlich: Als der vierte Mast herangeschafft wird, behauptet ein Ältester aus dem Dorf, das sei sein Lebensbaum. Unter diesem Baum sei er geboren worden und daher dürfe dieser Baum nicht als Fahnenmast verwendet werden. Um nicht noch mehr Unruhe zu schüren, kauft der britische Gouverneur einem vor Anker liegenden Schoner einen Schiffsmasten ab. Diesen stellt er wieder auf den Flagstaffhill, mit britischer Flagge oben dran und: dieses Mal lässt er ihn noch mehr bewachen.
Doch Heke gelingt es, auch diesen, den vierten Fahnenmasten zu fällen. Es sollte der letzte sein. -
Ein halbes Jahr dauern die Unruhen an, die man später den Fahnenmastkrieg nennt, dann schließen die Konfliktparteien Waffenstillstand. Heke wird zum viel geachteten Volkshelden der Maori, und die Briten: sie stellen zu Hekes Lebzeiten keinen neuen Fahnenmasten mehr auf.