Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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11. Juni 1999 DeForest Kelley alias Dr. McCoy stirbt

Der Weltraum - unendliche Weiten… Fünf Jahre mit 400 Leuten im All, weiß der Enterprise-Vorspann. Da ist man ohne Schiffsarzt aufgeschmissen. Egal ob er McCoy, Pille oder Bones heißt. Autor: Martin Trauner

Stand: 11.06.2015 | Archiv

11.06.1999: DeForest Kelley alias Dr. McCoy stirbt

11 Juni

Donnerstag, 11. Juni 2015

Autor(in): Martin Trauner

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Angela Smets

Redaktion: Frank Halbach

Ja. Logisch. Heutzutage könnte man sich jetzt alle DVDs oder Blu-rays kaufen und dann alle drei Staffeln, alle 79 Folgen im Original anschauen. Deutscher Ton mit englischen Untertiteln. Oder umgekehrt. Ungekürzt. Und Wahnsinn: Welch gravierende Übersetzungsfehler uns die deutsche Synchronisation unterjubelt! Schon der Name des Doktors ist falsch. Er heißt nicht Pille, sondern Bones. Also, in der Film-Wirklichkeit heißt er offiziell Doctor Leonard McCoy - Pille oder Bones sind nur seine Spitznamen. Pille, das ist der Doktor mit den Wunderhänden und den nicht pieksenden Spritzen. Vom Raumschiff Enterprise. Aber wie faszinierend: Selbst da hat sich schon wieder ein Übersetzungslapsus eingeschlichen: Die Serie, die in Deutschland als Raumschiff Enterprise bekannt geworden ist, heißt tatsächlich Star Trek.

Jetzt nochmals von vorne: Der Weltraum unendliche Weiten, wir schreiben das Jahr 1972. In den USA gehört das Raumschiff Enterprise längst der Geschichte an, die Serie wurde Mangels Erfolg eingestellt. Nun strahlt das deutsche Fernsehen einige Folgen aus: Da man aber den hiesigen Fernsehzuschauer noch in der Raumpatrouille Orion vermutet, peppen die Redakteure das amerikanische Original ein wenig auf: Etliche Szenen werden gekürzt und umgeschnitten, und vor allem: man schreibt den Darstellern witzige Dialoge auf die Lippen, viel lustigere als im Original, das manchmal doch gar so ernst und ambitioniert daher kommt.

Das Geheimnis des Damenrings

Nicht retuschieren konnte man freilich das Bild. Und so fällt auf: Der Doktor trägt am kleinen Finger der linken Hand einen Damenring. Einen goldenen Ring mit einem blauen Schmuckstein. Und der Ring beamt uns aus der Enterprise in die Realität, zum Darsteller des Doktors: DeForest Kelley. Bevor der bei Star Trek anheuerte, verdingte er sich als respektabler Kleindarsteller. Texas statt Alphaquadrant, Smith & Wesson statt Spritze. Seine Karriere läuft Richtung Westernnebendarsteller. Langhaariger Schurke in abgewetzten Lederklamotten, der mit zehn anderen Schurken in die Stadt reitet. Aber was hat es nun mit dem seltsamen Ring auf sich?

Kein Ring, kein Pille

Den Ring bekam er von seiner Mutter Clora. Als sie auf dem Sterbebett lag, DeForest war 36 Jahre alt, da bat er sie, ihm diesen Ring als Andenken zu überlassen. Und der Ring brachte ihm Glück, privat wie auch beruflich. Doch hätte er ihm beinahe auch die Rolle seines Lebens gekostet: die des Raumschiffarztes auf der Enterprise. Denn Gene Roddenberry, der Erfinder der Star Trek-Serie, gibt für die Dreharbeiten die Devise aus: Kein Schmuck auf der Enterprise. Also auch keinen Ring am kleinen Finger. DeForest Kelley antwortet: "No jewelery, no DeForest." - Peppig synchronisiert hieße das: Kein Ring, kein Pille.

Aber Roddenberry will ihn unbedingt an Bord holen und so darf er als Pille, Bones oder Dr. McCoy mit dem Damenring am kleinen Finger Patienten der gesamten Milchstraße behandeln und sich währenddessen mit "Spitzohr" Mister Spock über die Vor- und Nachteile von Emotionalität kabbeln. - Nur drei Jahre währt seine Dienstzeit auf der Enterprise. Dann wird die Serie nach drei Staffeln im Jahr 1969 eingestellt. Für DeForest Kelley freilich geht sie weiter: Denn wie alle Hauptdarsteller vom Raumschiff Enterprise leidet er an einer schier unheilbaren Krankheit: die vollständige Identifikation mit der Serienfigur. Er dreht noch sechs Kinofilme mit der Besatzung von Star Trek, versucht sich als Lyriker: natürlich mit einem Gedicht über die Enterprise.

Am 11. Juni 1999 holt ihn die terrestrische Wirklichkeit ein. DeForest Kelley stirbt nach langem Leiden an Magenkrebs. Seine Asche wird über dem Pazifik verstreut.


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