18. Juni 1421 Der Maler Filippo Lippi legt die Mönchsgelübde ab
Man kann auch als Mönch ein anerkannter Maler werden. Man kann als Mönch auch Schürzenjäger werden. Gott vergibt. Eifersüchtige Ehemänner meist weniger. Gut, wenn man dann für Nachwuchs gesorgt hat. Autor: Christian Feldmann
18. Juni
Donnerstag, 18. Juni 2015
Autor(in): Christian Feldmann
Sprecher(in): Andreas Wimberger
Illustration: Angela Smets
Redaktion: Frank Halbach
Ach ja, Filippo Lippi und seine lieblichen Madonnen in der Toskana! Schon der Name klingt schmelzend, betörend, als müsste man ihn singen, nicht sprechen, am besten zur Laute: Filippo Lippi! Und dann erst seine Bilder! Mädchenhafte Engel mit Wangen wie Milch und Blut, die Muttergottes mit anmutig geneigtem Haupt, die zart gefalteten Hände wie aus Porzellan, das Jesuskind zum Verlieben mit ungebärdigem Kraushaar und rosigen Patschhändchen ... Nein, nein, er hat keinen schwülstigen Kitsch gemalt, sondern laut Expertenurteil mit die besten Bilder der florentinischen Frührenaissance.
Vom Mönch zum Maler
Um 1406 in Florenz als Sohn eines Metzgers geboren, wuchs im ärmlichen Viertel San Frediano auf, wurde, als der Vater starb, ins Karmeliterkloster Santa Maria del Carmine gesteckt und legte da mit 15 Jahren am 18. Juni 1421 die Mönchsgelübde ab. Der hochberühmte Meister Masaccio stellt ihn als Gehilfen an, als er dort eine Kapelle mit Fresken aus dem Leben des Apostelfürsten Petrus schmückt. Bald gehört Lippi selbst zu den Prominenten der Malerzunft, er arbeitet in Florenz und Siena, in Padua, Perugia, Spoleto. Vom Bildhauer Donatello lernt er eine kaum zu übertreffende plastische Personengestaltung, von den venezianischen Malerkollegen Grazie und intime Empfindung.
Seine Bilder sind bisweilen herrlich lebendig: Er lässt Mönche behaglich feixen, das pausbäckige Jesuskind am Daumen lutschen, und Christi Geburt verlegt er in einen dämmerigen Wald, der so feierlich zu rauschen scheint wie später auf den Gemälden der deutschen Romantiker.
Vom Mönch zum Casanova
Doch der Madonnenmaler Lippi hat eine zweite, gar nicht so idyllisch-fromme Seite: Er ist ein notorischer Schürzenjäger - angeblich weil er im Elternhaus zu wenig Liebe erfahren hat. Er stellt jedem Rock nach, taumelt von einer Affäre in die nächste, vernachlässigt seine Mal-Aufträge.
Als ihn Cosimo Medici einmal in seinem Haus beschäftigt, sperrt er ihn wohlweislich ein; doch Fra Filippo lässt sich an einem Seil aus zerschnittenen Bettlaken vom Fenster herunter und frönt tagelang seinen Begierden. Im Kloster lebt er inzwischen nicht mehr, von seinen Gelübden hat man ihn aber anscheinend auch nicht entbunden, in den Chroniken taucht er als Konventskaplan und Kirchenrektor auf.
Der Dauerskandal erreicht seinen Höhepunkt, als Fra Filippo 1458 die Kapelle des Nonnenklosters San Margherita in Prato auszumalen hat und ein Modell für die Madonna über dem Hochaltar sucht. Er findet es in der Klosternovizin Lucrezia Buti, verdreht dem hübschen Mädchen den Kopf und brennt bei Nacht und Nebel mit ihm durch. Doch Gott, der die verrückten Künstler liebt, verzeiht ihm offenbar auch diese Eskapade: Die beiden heiraten mit päpstlicher Dispens, ihr Sohn heißt nach dem Vater Filippo, was die Kunsthistoriker später zur besseren Unterscheidung in "Filippino" verändern.
Filippo-Filippino wird ebenfalls ein prominenter Renaissance-Maler, arbeitet viel in Rom - und vor allem: er führt ein vorbildliches Eheleben, gilt als höflicher, liebenswürdiger Zeitgenosse und stirbt an einer ganz normalen Halsentzündung. Sein Vater Filippo hingegen, so will es die Fama, ist von einem der vielen Ehemänner, denen er Hörner aufgesetzt hat, vergiftet worden.