18. September 1954 Grzimeks "Kein Platz für wilde Tiere" wird erstmals als Serie vorabgedruckt
Legendär wurden Grzimeks Liveauftritte als Moderator in der Sendereihe "Ein Platz für Tiere". Sein Film "Kein Platz für wilde Tiere" erhielt den Bundesfilmpreis und den Goldenen Bären Autorin: Julia Zöller
18. September
Montag, 18. September 2017
Autor(in): Julia Zöller
Sprecher(in): Krista Posch
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
Wer ist der ältere Herr, der da heimlich über den Zaun klettert? Er schleicht sich in einen Stall hinein, klick, das Licht an einer Kamera geht an, er filmt: die aufgeregten Hühner, die kleinen Käfige, kahle Hälse, den Schmutz.
Der einbrechende Gepardenkrauler
"Guten Abend meine lieben Freunde, ich bin´s wieder: Bernhard Grzimek, pensionierter Frankfurter Zoodirektor, Gepardenkrauler und Affenstreichler, Abenteurer, ARD-Fernsehonkel. Und seit kurzem auch: Einbrecher. Na, schmeckt das Frühstücksei?"
Ein krasser Typ dieser Grzimek. Theoretisch hätte er ja auch schildern können wie schlecht es den Hühnern in den Legebatterien geht, er erzählt ja viel. 1974 kennt so gut wie jeder Bernhard Grzimek von "Ein Platz für Tiere", immer Dienstag nach der Tagesschau. Jeder hätte ihm geglaubt, aber das reicht nicht. Bernhard Grzimek will die große Nummer: Illegal rein, Bilder, Schlagzeilen, "Hühner-KZ" am Ende sogar noch ein Prozess – und vor allem: eine Debatte über den Tierschutz. Um den geht es ihm nämlich, und mit den Jahren ist Bernhard Grzimek radikaler geworden.
Anfangs, als junger Tierarzt im Berlin der 30er Jahre, ist Tierschutz noch nicht so ein Thema. Daheim im Keller bei den Gzimeks toben die Affen im Käfig, und der halbzahme Wolf Dschingis muss an der Leine in die Berliner Straßenbahn steigen. Zu Forschungszwecken. So richtig Sorge um die wilden Tiere macht er sich ausgerechnet, als er sie Jahre später in Freiheit erlebt – in der Savanne und den Wäldern Afrikas. Noch sitzen die Berggorillas im Kongo auf den Bäumen – doch die Menschen dringen immer tiefer in den Dschungel. Noch streifen Geparden durch den Staub der Serengeti…doch die Jäger lesen ihre Spuren.
Hilfe für die bedrohte Tierwelt
"Kein Platz für wilde Tiere!" lesen die Deutschen am 18. September 1954 in der Zeitschrift "Revue". Dr. Bernhard Grzimek, mittlerweile Frankfurter Zoodirektor, berichtet den Leserinnen vom fernen, schönen und bedrohten Afrika. Jeder glaubt ihm das – doch das ist ihm natürlich zu wenig. Grzimek nimmt kurzerhand einen Privat-Kredit auf und fliegt samt Sohn Michael und Kameras zu Dreharbeiten: "Kein Platz für wilde Tiere – der Film" gewinnt den goldenen Bären bei den Filmfestspielen in Berlin. Ein Flop hätte ihn ruiniert.
Wagemutig, charmant – und schlau, so schätzen die Deutschen Ihren Bernhard Grzimek. Wird er heute sich heute eine Python um den Hals legen? fragen sie sich wenn er sich live im Fernsehen bei ihnen meldet. Nein süß, er hat einen Fischotter dabei! freuen sie ich im Dezember 1965, bevor Bernhard Grzimek - wie immer korrekt gekleidet und sehr ruhig ankündigt, dass es leider gleich grausam wird - Und das deutsche Fernsehpublikum sieht wie Jäger in Kanada lebende Robbenbabys erschlagen. 15.000 Protestbriefe bekommt der kanadische Botschafter. Per Post.
Auch wenn es kaum jemand weiß: Bernhard Grzimek hat sich auch ganz ohne Publikum und Kamera für die Tiere eingesetzt. Sehr, sehr privat. Noch lange nach seinem Tod klebten in vielen hessischen Herrentoiletten auffällig grüne Aufkleber: Hilfe für die bedrohte Tierwelt. Zoologische Gesellschaft Frankfurt! Grzimek hatte immer ein paar in der Tasche. Und tierisch Freude am Kleben.