21. März 1963 Gefängnis Alcatraz geschlossen
Nicht jeder Inselausflug endet mit Picknick am Strand und romantischen Sonnenuntergang. Manch Inseltrip führt direkt hinter schwedische Gardinen, etwa auf der berühmten Gefängnisinsel Alcatraz. Autor: Thomas Grasberger
21. März
Montag, 21. März 2016
Autor(in): Thomas Grasberger
Sprecher(in): Krista Posch
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Inseln haben ihren ganz eigenen Charme. Und das hat viel mit ihrer einfachen Definition zu tun. Eine Insel - das ist ein "Land, das von Wasser umspült wird". Mehr braucht es für den Mythos nicht. Weniger allerdings auch nicht. Denn entscheidend ist ja, dass nicht jeder Dahergelaufene einfach so hinüberlatschen kann. "Ich bin reif für die Insel" lautet die etwas pathetische Losung von Zivilisationsmüden, die ihrem Festlands-Alltag entrinnen wollen. Freiwillig. Und meist auf Zeit.
Ganz anders stellt sich die Sache dar, wenn es die Anderen sind, die Alltäglichen, die einer Person den Inselaufenthalt nahelegen. "Du bist reif für die Insel!" - das kann ein wohlgemeinter Wellness-Tipp sein. Muss aber nicht. Man denke nur an Napoleon Bonaparte, dem seine unfreiwilligen ISOLA-tionen auf Elba und St. Helena bekanntlich nicht aus purer Nächstenliebe anempfohlen wurden.
Wasserumspülter Langzeitaufenthalt
Nicht minder berühmt für solche Langzeitaufenthalte in wasserumspültem Ambiente ist die Insel Alcatraz in der Bucht von San Francisco, Kalifornien.
550 Meter lang und 205 Meter breit ist dieser Felsen, der im 18. Jahrhundert seinen spanischen Namen "Isla de Alcatrace" erhielt - wegen der dort nistenden Pelikane. Das durchaus überschaubare Eiland war dann auch der perfekte Ort für ein neues Hochsicherheitsgefängnis, das 1932 errichtet wurde. Die neuen Bewohner des Felsens standen fortan unter ständiger Beobachtung. Nicht ganz zu Unrecht, denn es waren ziemlich schräge Vögel, die neben den Pelikanen, Möwen und Reihern hier abgesetzt wurden: nämlich Räuber, Mörder und andere Schwerstkriminelle. Unbezähmbare also, denen man andernorts nicht mehr Herr wurde und die die amerikanische Gesellschaft auch gar nicht mehr resozialisieren wollte - nur noch bestrafen und wegsperren.
Wer auf dem berühmten Felsen landete, sollte gebrochen werden. In Zellen, die ebenfalls recht überschaubar waren:
1 Meter 52 auf 2 Meter 74! Und wer nicht spurte, kam ins so genannte Loch - das war noch kleiner, noch dunkler! Nach mehrwöchiger Isolationshaft waren dann auch die härtesten Burschen weich geworden. Oder verrückt.
Schräge Vögel
Unter den Gefangenen waren jedenfalls recht illustre Figuren, veritable Gangster-Ikonen wie Al Capone, Robert Franklin Stroud, Machine Gun Kelly oder Alvin "Creepy" Karpis. Bis zu 300 solch schwerer Jungs waren in Alcatraz gleichzeitig untergebracht. Über die Jahre hinweg insgesamt 1.576 Männer.
Man kann sich nur vage vorstellen, wie die Stimmung im Gefängnishof gewesen sein mag, beim täglichen Rundgang. Eine unselige Mischung aus Hass und Gewalt, Wut und Trauer, die nicht selten zu Mord und Selbstmord führte. Und immer wieder gab´s verzweifelte Fluchtversuche, von denen viele tödlich endeten, in den Gewehrsalven der Wachen oder in der eiskalten Strömung des Pazifik. Einige geflohene Häftlinge wurde nie mehr gefunden, was natürlich die Fantasie von Buchautoren und Filmemachern anregte. Der Mythos von der todsicheren Insel des Schreckens wurde sorgsam gepflegt. Dennoch wurde das Gefängnis nach fast dreißig Jahren Betriebsdauer am 21. März 1963 geschlossen. Die Kosten waren zu hoch geworden.
Heute ist Alcatraz eine Touristenattraktion mit über einer Million Besuchern pro Jahr. Das Familienticket für die "inescapable experience", die Erfahrung der Unentrinnbarkeit, kostet übrigens knapp hundert Dollar. Na ja, Inseln halt! Sind immer etwas teurer. Dafür haben sie ihren ganz eigenen Charme.