21. März 1937 Pius’ XI. Enzyklika "Mit brennender Sorge" verlesen
Papst Pius XI. verurteilt in seiner Enzyklika "Mit brennender Sorge" das NS-Regime und ruft die Deutschen auf, Widerstand zu leisten im Namen der Menschlichkeit. Speziell ruft er Eltern auf, ihre Kinder im christlichen Glauben zu erziehen und damit immun zu machen gegen die Beeinflussung der Nazi-Ideologen.
21. März
Freitag, 21. März 2014
Autor(in): Armin Strohmeyr
Sprecher(in): Johannes Hitzelberger
Illustration: Angela Smets
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Es war ein Coup: Als am 21. März 1937, einem Sonntag, das päpstliche Sendschreiben mit dem Titel "Mit brennender Sorge" von allen katholischen Kanzeln im Deutschen Reich verlesen wurde und zugleich rund dreihunderttausend Flugblätter in Umlauf gingen, war das nationalsozialistische Regime völlig überrascht. Unter größter Geheimhaltung war die Enzyklika vervielfältigt und verteilt worden. Viele Geistliche hatten das Schreiben im Tabernakel versteckt.
Vier Jahre zuvor noch hatte der Heilige Stuhl mit dem Deutschen Reich ein Konkordat geschlossen, das der katholischen Kirche die Freiheit der Religionsausübung und den Schutz kirchlicher Einrichtungen zusicherte. Umgekehrt sollte sich die Kirche jeglicher politischer Betätigung enthalten.
Unklar blieb, was mit "politischer Betätigung" genau gemeint war. Eine Kirche, die moralisch-ethische Grundsätze vertrat, konnte jedenfalls nicht stillschweigend der Verletzung der Menschenrechte zusehen.
Der Vatikan spreche ein Machtwort
Auf Initiative einiger regimekritischer Oberhirten, etwa des Münsteraner Bischofs Clemens August Graf von Galen und des Münchner Kardinals Michael von Faulhaber, wurde im Januar 1937 ein Hilferuf an den Vatikan gesandt. Dort erkannte man die Dringlichkeit. Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli – der spätere Papst Pius XII. - arbeitete die Enzyklika aus. Papst Pius XI. unterzeichnete und betitelte sie nach ihren Anfangsworten "Mit brennender Sorge".
In zehn Artikeln wandte sich der Papst gegen die Machenschaften des Hitler-Regimes. Er stellte die einseitige Verletzung des Konkordats fest, bekräftigte die christlichen Werte und er entband die Gläubigen der blinden Verpflichtung gegenüber dem Staat - mit Verweis auf ihr Gewissen und die Allgemeingültigkeit der Menschenrechte.
Klare Worte fand Pius XI. bezüglich der Einschätzung der NS-Ideologie: Er verurteilte sie als "Neuheidentum", bezeichnete die Rassenlehre als unvereinbar mit der christlichen Nächstenliebe. Der Papst nannte Hitler- zumindest indirekt - "Wahnprophet" und erteilte einer deutschen Nationalkirche eine Absage.
Insbesondere an die Eltern und die Jugendlichen wandte sich die Enzyklika: Die Eltern hätten die Pflicht und das Recht, ihre Kinder im Sinne der christlichen Lehre zu erziehen und sie staatlichen Organisationen zu entziehen. Die Jugendlichen forderte der Papst auf, sich dem sittlichen Kampf zu stellen.
Die Priester sollen mutig mitreden
Schließlich wandte sich der Papst auch an die Geistlichen, die Verleumdung und Verfolgung erleiden mussten. Ihnen sprach er Mut und Anerkennung zu: Sie sollten weiterhin für die Wahrheit eintreten.
Bereits eine Woche später ließ Pius XI. eine Enzyklika folgen, in der er sich gegen die andere beherrschende Ideologie jener Zeit, den Kommunismus, wandte. Das war jedoch keineswegs ein Arrangement mit dem Nationalsozialismus. Denn der Druck auf Kirche und Gläubige in Deutschland nahm in der Folge nur zu: Klöster, Bekenntnisschulen, theologische Fakultäten und Organisationen wurden geschlossen, kirchliche Vermögen konfisziert, zahlreiche Geistliche verhaftet, eingesperrt, ermordet.
Hitlers Weltkrieg verlangsamte einstweilen den Feldzug gegen die katholische Kirche. Nach dem erhofften "Endsieg" jedoch plante er deren völlige Ausmerzung in Deutschland. Der kirchliche Widerstand blieb indes ungebrochen - auch das eine Folge der Enzyklika "Mit brennender Sorge".