25. April 2006 Jungfernfahrt der "Freedom of the Seas"
Früher war die Seefahrt nichts für Weicheier. Doch seit der Erfindung des Dampfschiffs gab es immer bequemere Schwimmgelegenheiten. Ein Höhepunkt: die "Freedom of the Seas". Am 25. April 2006 brach sie zu ihrer Jungfernfahrt auf. Autorin: Anja Mösing
25. April
Montag, 25. April 2016
Autor(in): Anja Mösing
Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
Angefangen hat alles mit Kürbissen - zusammengebundenen. Und mit Tierhäuten - aufgeblasenen. Und mit Bündeln aus Bambus, Hanf oder Papyrus. Alles, was irgendwie schwimmt, war in Ordnung für ein erstes Floß. Bis mal der eine oder andere Baumstamm ausgehöhlt wurde, hat es Jahrtausende gebraucht. Und so richtig in Fahrt kam die Schiffsbauerei erst mit Werkzeug aus kostbarem Eisen.
Fürchten und Beten gelernt
Keine Frage: Der Anfang der Schifffahrt brauchte echte Teufelskerle! Vor allem, seit es um mehr ging, als Flüsse zu benutzen; diese Autobahnen der frühen Jahrtausende. Seit es um Schifffahrt auf Hoher See ging mit gefährlichen Strömungen, mit urplötzlich aufkommenden Stürmen und Wellen, die die Besatzung das Fürchten und Beten lehrte; mit Flauten, die ein Schiff über Wochen gefangen halten konnten; mit unbekannten Küsten und Riffen. Wenn es also um Hochseeschiffart geht, dann teilt sich die Menschheit zu Recht seit mehr als 5.000 Jahren in "mutige Seefahrer" und "elende Landratten".
Wobei Mut und Todesverachtung der Seefahrer nicht verwechselt werden darf mit reiner Abenteuerlust. Vergnügen erwartete niemand auf See: scheußliche Krankheiten, härteste Arbeit unter Lebensgefahr, feindliche Elemente und Temperaturen und sogar feindliche Flotten sorgten für eine Wahrscheinlichkeit von vielleicht mal Fifity-Fifty, den Heimathafen überhaupt wieder zu sehen. Hochseeschifffahrt, das war nur etwas für die, denen Daheim noch Übleres drohte: Und "schanghait" wurde auch gern. Kurz: meist war ein Großteil der Besatzung weder freiwillig an Bord, noch waren es professionelle Seemänner. Hochseeschifffahrt war etwas für Verzweifelte.
Knoten geplatzt
Erst als Dampfschiffe ohne Muskelkraft für Ruder und Segel auskamen, da wird der Unterschied zwischen Landratten und Seefahrern geringer.
Seefahrt bedeutete nicht mehr automatisch höchste Lebensgefahr. Reeder von Handelsschiffen konnten jetzt mühelos kostspielige Fahrten ohne Schiffsladung mit freiwilligen Passagieren auffüllen, die für die Überfahrt freiwillig zahlten; mit Auswanderern zum Beispiel. Und bald gingen dann sogar Menschen an Bord, nur um dort "Vergnügung" zu finden. Der Knoten war geplatzt!
Jetzt war es nicht mehr weit bis zum ersten Schiff, das nur für Landratten gebaut wurde: ein Kreuzfahrtschiff! Und Kreuzfahrt war von Beginn an Luxus und Service pur. Beim allerersten Kreuzfahrtschiff aus dem Jahr 1901 lag das Verhältnis von Mannschaft zu Passagieren sogar fast Eins zu Eins: auf 180 Passagiere kam eine 161-köpfige Crew. Und weil der Luxus an Bord sich bald kaum mehr überbieten ließ, klotzten Reedereien bald mit schierer Größe. Ein Kreuzfahrtriese nach dem anderen lief vom Stapel. Über die Jungfernfahrten der Luxus-Pötte wird nach wie vor genussvoll und minutiös berichtet.
Als die "Freedom of the Seas" am 25. April 2006 zu ihrer Jungfernfahrt von Hamburg nach Oslo in See stach, bekam sie für einige Zeit den Titel "weltgrößtes Kreuzfahrtschiff". Mit ihren 338 Metern Länge übertrifft sie die Titanic noch um 69 Meter und sieht man sie mit ihren rund 72 Metern aus dem Wasser ragen, nimmt sich ein Airbus neben ihr wie ein niedliches Spielzeug aus.
Was aber die 4.370 Kreuzfahrer auf der Freedom Of The Seas genießen können, ist mehr als Luxus; es ist das Jahrtausende alte Staunen, als Landratte die Gefahren der Seefahrt zu überstehen. Es ist Genugtuung.