Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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27. April 1922 "Dr. Mabuse, der Spieler" uraufgeführt

Fantomas, Dr. No und Goldfinger - Superverbrecher auf der Leinwand, sie gehören zum kollektiven Gedächtnis, und sie haben einen gemeinsamen Stammvater: Dr. Mabuse. Autorin: Carola Zinner

Stand: 27.04.2020 | Archiv

27.04.1922: "Dr. Mabuse, der Spieler" uraufgeführt

27 April

Montag, 27. April 2020

Autor(in): Carola Zinner

Sprecher(in): Andreas Wimberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Die Welt ist schlecht, und das ist gut so. Sonst gäbe es nämlich nichts wirklich Interessantes zu erzählen. Wenn rücksichtsvolle Jugendliche alten Damen über die Straße helfen, ist das zwar erfreulich, aber eine echte Story gibt es nur in den seltensten Fällen her. Wie ergiebig hingegen ist das Böse! Wenn ein größenwahnsinniger Betrüger nach der Weltherrschaft strebt, bietet das Stoff für tausende von Zeitungsartikeln, Radiosendungen und Filmen. Denn wie er sein Opfer manipuliert und hypnotisiert, wie er spioniert und abkassiert, das hat außerordentlich faszinierende Züge. Besonders, wenn man dabei im bequemen Kinosessel sitzt und nicht hineingezogen wird ins üble Spiel. Fantomas, Dr. No und Goldfinger, sie alle haben sich mit ihren Leinwand-Untaten eingeprägt ins kollektive Gedächtnis.

Der Papa aller Leinwandschurken

Und sie alle haben einen Stammvater. Sein Name ist Mabuse. Doktor Mabuse. Der erste Superverbrecher der Filmgeschichte. Ja, dieser Mann ist wirklich durch und durch böse. So wunderbar böse, dass er das Kinopublikum der Weimarer Republik restlos in seinen Bann zog. Und das über 270 Minuten hinweg - so lange nämlich dauert der gesamte Film "Dr. Mabuse, der Spieler", ein Werk von Regisseur Fritz Lang und Drehbuchautorin Thea von Harbou. 270 Minuten - das sind viereinhalb Stunden! Bevor nun Bewunderung aufkommt für das Durchhaltevermögen damaliger Kinobesucher, sei gleich gesagt, dass das Meisterwerk etappenweise serviert wurde: Die Uraufführung von Teil eins des Stummfilms: "Der große Spieler, ein Bild der Zeit", fand statt am 27. April des Jahres 1922, Teil zwei "Inferno - ein Spiel von Menschen unserer Zeit" folgte einen Monat später.

1000 Gesichter

Doktor Mabuse, gespielt von Rudolf Klein-Rogge, ist ein Mann mit tausend Gesichtern, der vor nichts zurückschreckt, um die Weltherrschaft an sich zu reißen: Er manipuliert den Verlauf der Börse, stiehlt wichtige Geheimpapiere und hypnotisiert  einen dummen jungen Millionär, um ihm dann beim Glücksspiel das ganze Geld abzunehmen.

Eine wichtige Rolle bei alledem spielt Mabuses verruchte Geliebte mit dem schönen Namen Cara Carozza, die selbst dann treu zu ihm steht, als die Lage kritisch wird. Ja, auch so was gibt es in Verbrecherkreisen!

Das Premierenpublikum im Berliner Ufa-Palast am Zoo jubelte, und die Kritiker überschlugen sich. "Es ist der Film der Zeit", schreibt einer von ihnen, "einer aus den Fugen geratenen Zeit, die Helden- und Verbrechertum durcheinander wirbelt. Einer Zeit, die von Begierden und Spekulationen geschüttelt ist und von Schlagworten genarrt. Und die dennoch zugleich die kaltblütigsten Herzen, die originellsten Hirne und die vollendetsten Mechanismen gebiert. Die ganze Spielwut der Zeit, der Börsentaumel, die Verlogenheit einer entarteten Gesellschaft, all das ist geschickt verewigt."

Merkwürdig aktuell klingt das - so, als wäre es ziemlich zeitlos, dieses "Bild der Zeit" aus der Weimarer Republik. Oder sollte es am Ende gar das Böse an sich sein, das zeitlos ist und immer aktuell? Für Journalisten, Drehbuchautoren und Radiomacher jedenfalls wäre das eine ziemlich gute Nachricht: wir werden Ihnen auch in Zukunft immer genug zu erzählen haben.


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