8. Juli 1952 Erster deutscher Zebrastreifen in München
Ewig am Fahrbahnrand stehen bei dichtem Verkehr und dann losrennen, sobald sich eine winzige Lücke auftut zwischen den durchbrausenden Autos – das kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein für Fußgänger. Also ersonnen die Verkehrsverantwortlichen den Zebrastreifen. Autor: Sebastian Kirschner
08. Juli
Montag, 08. Juli 2024
Autor(in): Sebastian Kirschner
Sprecher(in): Caroline Ebner
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Draußen in der Wildnis lauert die Gefahr. Raubtiere, die Schwächere bedrohen, auf der Jagd nach der nächsten Beute. Hungrige Löwinnen, die einem Gnu auf den Fersen sind. Ein Rudel Wölfe, das langsam ein entlaufenes Schaf einkreist. Die Schlange, die leise durchs Gras auf die ahnungslose Maus zukriecht. Das Risiko, in freier Wildbahn zum Opfer zu werden, ist groß.
Augen auf im Straßenverkehr
Nicht anders verhält es sich für uns Menschen im Dschungel der Städte, in der allgegenwärtigen Teersavanne des Straßenverkehrs. Ob bedroht von einem PS-starken Jaguar, einem erstaunlich wendigen Fiat Panda oder einem vermeintlich knuffigen VW Käfer – vor allem als Fußgänger sind wir verletzliche Herdentiere. Eine bedrohte Spezies, die in der Hackordnung auf dem Asphalt ganz unten steht.
In der Natur haben die Tiere dafür effektive Schutzmechanismen entwickelt. Hase und Reh zum Beispiel schlagen schnelle Haken. Der Feuersalamander etwa zeigt mit seiner gelben Farbe, "obacht, ich bin giftig!" Und das Zebra mit seinen Streifen kann sich zu einem gewissen Grad vor seinen Angreifern tarnen.
Überlegen
Nun, tarnen sollten sich Fußgänger im Straßenverkehr eher weniger. Dem Schutz dienen Zebrastreifen dort aber ebenfalls. Sie sollen das Queren der Fahrbahnen sicherer machen. In Deutschland immerhin seit dem 8. Juli 1952. Damals wurde in der Neuhauser Straße in München der erste Zebrastreifen eingerichtet. Genauer der erste in ganz Westdeutschland. Denn ausgerechnet im damaligen Ostberlin war man knapp drei Monate schneller.
Die Idee dazu kam aus dem Vereinigten Königreich Großbritannien. Bereits 1948 sorgte die britische Regierung an Kreuzungen in London testweise für ähnliche Markierungen. Schon damals soll schnell der Begriff "zebra crossing" im Spiel gewesen sein, weil auf die Straße gemalte Balken an das gestreifte Tier erinnerten.
Zugegeben, die englischen Streifen waren zu Beginn blau und gelb, bevor sie das typische schwarz-weiß bekamen. Aber hey, was wir heute geläufig als Zebrastreifen bezeichnen, ist ja auch nicht nur unter einem Namen bekannt: Vom Schutzweg über Fußgängerstreifen bis hin zur klangvollen Dickstrichkette hat und hatte dieses Kind schon viele schöne Namen.
Sicher ist jedenfalls eines: Anfangs glich die Querungshilfe hierzulande eher einem Wildwechsel denn einer goldenen Brücke für Fußgänger. Vorrang hatte nämlich der motorisierte Verkehr. Und das sollte sich auch erst 12 Jahre und viele Verkehrsopfer später, im Jahr 1964 ändern – mit einer Gesetzesänderung, bekannt als sogenannte Lex Zebra. Endlich mehr Schutz für die, die auf Schusters Rappen unterwegs sind!
Der erste Zebrastreifen in München übrigens war nach 20 Jahren schon wieder Geschichte. Der Grund? In gewisser Weise hatte man ein sicheres Reservat geschaffen für uns verletzliche Fußgänger: Die Neuhauser Straße ist heute Teil der Münchner Fußgängerzone.