10. Dezember 1799 Frankreich führt als erstes Land das metrische System ein
Dass heute fast überall in Metern gemessen wird, verdankt sich einer Revolution. Der Französischen Revolution: Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit – und zwar bitte auch in den Maßeinheiten. Am 10. Dezember 1799 wurde der Meter im Frankreich zum gültigen Längenmaß erklärt. Autorin: Julia Devlin
10. Dezember
Freitag, 10. Dezember 2021
Autor(in): Julia Devlin
Sprecher(in): Christian Baumann
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Freiheit! Gleichheit! Brüderlichkeit! riefen die Franzosen in revolutionärer Stimmung und machten sich daran, die Welt gehörig umzukrempeln.
Die Auswirkungen sind bis heute, fast zweieinhalb Jahrhunderte später, immer noch zu spüren. So verwenden wir das metrische System, messen und denken in Metern, Kilometern, Zenti- und Millimetern, Kubikmetern. Und das hat direkt mit der Französischen Revolution zu tun.
Das Maß aller Dinge
In den Jahren der Schreckensherrschaft gerieten zwar "Freiheit" und "Brüderlichkeit" zwischendurch mal ziemlich in den Hintergrund, an der "Gleichheit" aber wurde zielstrebig gearbeitet. Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte sollte die Menschen vor dem Gesetz gleich machen, das metrische System sollte das Maß der Dinge gleich machen. Denn im Ancien Regime wurde nicht nur nach zweierlei Maß, sondern nach fast 2000 verschiedenen Maßeinheiten gemessen. Jede Provinz, jeder Marktflecken, gar jedes Handwerk in Frankreich hatte eine eigene Maßeinheit, von denen manche gar noch aus der Zeit der Römer stammte.
Die neue Regierung setzte sich die Vereinheitlichung ganz hoch auf die Agenda. Schon ein halbes Jahr nach der Revolution beschloss die Nationalversammlung, Maße zu vereinheitlichen, und das mit einem Dezimalsystem. Dieses System sollte einerseits als seine Basis die Zahl Zehn haben, andererseits sich auf etwas Großes, Universelles, Unveränderliches gründen. Auf nichts Geringeres als die Erde selbst. Denn was wäre größer, universeller und unveränderlicher als der Erdball? Damit hatte man ein starkes Argument, das neue Längenmaß auch anderen Ländern schmackhaft zu machen.
(End-)Gültiges Paltin
Als Länge für die neue Maßeinheit wurde der zehnmillionste Teil eines Längengrades festgelegt. Nicht irgendeines Längengrades, sondern desjenigen, der durch die Stadt Paris verläuft. Noch mitten in den Turbulenzen der Revolution wurden zwei Forscher ausgeschickt, diesen Längengrad zu vermessen, genau gesagt, ein Teilstück von Dünkirchen bis Barcelona. Aufgrund dieser Messungen erstellten sie einen Urmeter aus Platin. Am 10. Dezember 1799, oder vielmehr am 19. Frimaire im Jahre 8 der Republik, wurde dieser Meter zum gültigen Längenmaß erklärt. Ganz an den rationalen und vernünftigen Idealen der Aufklärung orientiert, konnten durch die entsprechenden Vorsilben kleinere oder größere Einheiten präzise benannt werden, konnte der Meter vertausendfacht oder der hundertste Teil von ihm gebildet werden. Das war doch eindeutig praktischer als Klafter, Fuß, Elle, Zoll, Handbreit oder Linie, noch dazu mit regionalen Verschiedenheiten. So dachten aber nicht alle. Nur gegen großen Widerstand konnte sich das metrische System in Frankreich durchsetzen, und bis der Rest Europas sich anschloss, dauerte es auch noch einmal einige Jahrzehnte.
Heute liegt der Urmeter in einer mit Samt ausgeschlagenen Schatulle in einem Panzerschrank in Breteuil bei Paris. Hunderte, tausende Kopien sind von ihm angefertigt und in alle Welt verschickt worden. Leider ist er schon seit 1960 nicht mehr das Maß des Meters, weil er etwas ungenau geworden ist. Aber quelle histoire!