Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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6. Dezember 1912 Büste der Nofretete entdeckt

Nofretete! Am 6. Dezember 1912 barg der Archäologe Ludwig Borchardt die Büste der Königin aus dem ägyptischen Wüstensand. Es war Liebe auf den ersten Blick. Die Büste zählt zu den berühmtesten Kunstschätzen des Alten Ägypten und ist ein Meisterwerk der Bildhauerkunst der Amarna-Zeit. Autorin: Susi Weichselbaumer

Stand: 06.12.2022 | Archiv

06.12.1912: Büste der Nofretete entdeckt

06 Dezember

Dienstag, 06. Dezember 2022

Autor(in): Susi Weichselbaumer

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

"Ewig fließen die Wasser des Nil" - so heißt ein Bestseller aus den 1980er-Jahren. Im Mittelpunkt des historischen Romans steht Nofretete, Ägyptens sagenumwobene Königin im 14. Jahrhundert vor Christus. Packendes Politdrama mit authentischen Ahnen? Oder romantischer Kitsch vor pyramidaler Kulisse? Wer wofür votet, ist weniger wichtig; über Nofretete wurde und wird sowieso gestritten. Vor allem, wenn es um ihren Kopf geht respektive um ihre Büste.

Schönheitskönigin im Atelier

Die steht nämlich in einem Museum in Berlin, nicht in ihrer ägyptischen Heimat. Ein Zufall? Eine kleine Umleitung der Geschichte? Ein großer handfester Betrug? Ein Fall, der diesseits und jenseits des Nils geprüft wird. Seit Längerem. Am 6. Dezember 1912 entdeckt der deutsche Forscher Ludwig Borchardt in der mittelägyptischen Ruinenstadt Tell el-Amarna eine Plastik aus Kalkstein und Gips: 48 Zentimeter hoch, lebensgroß, bunt bemalt: die Büste der Königin Nofretete. Geschaffen vor rund 3.350 Jahren von Thutmosis, dem Oberbildhauer ihres Gatten. Der königliche Gatte Echnaton lässt damals gerade seine neue Hauptstadt Amarna aus dem Boden stampfen, Oberbildhauer Thutmosis hat viel zu tun und wird mit manchem nicht ganz fertig ... So befindet sich in seiner Werkstatt denn auch noch die Skulptur der schönen Pharaonin, als über drei Jahrtausende später hier die Archäologen der Deutschen Orientgesellschaft anfangen zu graben.

Ausgrabungsleiter Borchardt notiert an diesem Nikolaustag 1912: „Beschreiben nützt nichts, ansehen!“ Nofretete bezaubert, verzaubert, verführt ihren Finder dazu, sie mit nach Hause zu nehmen, mit nach Deutschland. Das Ausgrabungsgeschäft ist damals beliebt und verzwickt.
Die Kolonialmächte Frankreich und England bedienen sich am kulturellen Erbe "ihrer" Länder und Protektorate in Afrika.

Nicht weiter bedeutend?

Borchardt fängt das "Unternehmen Nofretete" geschickt an. Dem verantwortlichen französischen Inspektor gegenüber, Monsieur Lefebvre, einem jungen Mann mit Brille und Sonnenhut, Experte für Papyrusrollen und zuständig für den Export von Altertümern - Lefebvre gegenüber preist der deutsche Expeditionsleiter andere, weniger spannende Funde an als "sehr bedeutend". Die Nofretetebüste firmiert auf der Liste, wenn man so will, unter "Vermischtes". Lefebvre fällt darauf herein. Er behält "Bedeutendes" in Ägypten; die Nofretete reist aus nach Berlin…

Und in Berlin steht sie heute noch: Im Neuen Museum thront die Büste der Ägypterin in der Mitte eines Kuppelsaals, sanft angeleuchtet. Besucher pro Jahr: mehr als eine Million. Geschätzter Wert des Exponats: 300 Millionen Euro. Rechtlicher Status: Preußisches Kulturerbe. Ob die Herrscherin vom Nil damit für immer an der Spree residiert? Darüber wird man auch weiterhin streiten. Die Berliner haben die Nofretete längst zur deutschen Mona Lisa erklärt, bloß: Den Ägyptern geht die Rückkehr des Kopfs ihrer Königin einfach nicht aus dem Kopf.


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