8. Juli 2011 Raumfähre Atlantis startet als letztes Space Shuttle ins All
Runter kommen sie immer. Doch eigentlich wollten die US-Amerikaner auch wieder hoch. Doch nach dem letzten Flug der "Atlantis" war erstmal Schluss mit dem Space Shuttle-Programm der NASA. Autor: Markus Mähner
08. Juli
Montag, 08. Juli 2019
Autor(in): Markus Mähner
Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Sagenumwoben. Streitbar. Und: Versunken!
Das ist Atlantis, mythisches Inselreich, das mit seinen starken Schiffen damals, 10.000 Jahre vor Christus, große Teile Europas und Afrikas unterwarf. Doch eine Naturkatastrophe lies Atlantis von einem Tag auf den anderen auf nimmer Wiedersehen im Meer versinken. Rache der Götter für sein kriegerisches Tun!
Wieder aufgetaucht!
Knapp 12.000 Jahre später, um exakt zu sein: Am 8. Juli 2011 – diesmal post Christum: Das US-amerikanische Space Shuttle "Atlantis" startet zu seiner letzten Mission. Es wird die letzte Shuttle-Mission überhaupt sein, doch im Gegensatz zum streitbaren Inselstaat wird diese "Atlantis" zurück auf die Erde kehren und ihren wohlverdienten Ruhestand in Florida genießen – wie so viele andere wohlverdiente US-Amerikaner auch. Denn anders als sein antiker Namensgeber griff das Shuttle nicht Athen an; und auch kein anderes Land auf oder jenseits der Erde. Nein, Ziel seiner Reise war ein völkerverbindendes: Ein Rendezvous mit dem einstigen Erzfeind Russland. Um genau zu sein: Mit der russischen Weltraumstation MIR. Und das als erstes Shuttle überhaupt und gut 35 Jahre nachdem zum ersten und einzigen Mal die beiden Weltmächte im All zusammengearbeitet hatten. Das war 1975 beim Apollo-Sojus-Programm.
Handschlag im All
Zwischen den beiden Rendezvous lag der Kalte Krieg, lag das Wettrüsten im All und auf der Erde, lag Ronald Reagans Star-Wars-Programm SDI. 2011, nachdem der Klassenfeind Sowjetunion sich selbst aufgelöst hatte, nahm man sogar zwei russische Kosmonauten mit an Bord der "Atlantis". Sie sollten die Crew der MIR ersetzen.
Es war das letzte Mal, dass die USA diesen Service anbieten konnten. Denn mit dem Ende des Shuttle-Programms hatte Uncle Sam keine Möglichkeit mehr Menschen ins All zu befördern – und war daraufhin für lange Jahre auf die Russen angewiesen. Was den ein oder anderen stolzen Amerikaner – vor allem aber auch die NASA – verdross.
Im Frühjahr 2019 erschien nun ein Licht am trüben Horizont des national eingestellten US-amerikanischen Raumfahrtfreundes. Und dieses Licht hieß Elon Musk. Ja, jener Elon Musk, der schon mit dem Online-Bezahldienst Paypal und dem Elektroautokonzern Tesla von sich hatte hören lassen. Sein Unternehmen Space X absolvierte Anfang März 2019 den erfolgreichen Testflug einer Raumkapsel, die zum Personentransport ins All geeignet ist. Nun können Amerikaner wieder mit Amerikanern fliegen! Wenn auch mit einem Privatkonzern – ein absolutes Novum in der Raumfahrt. Doch Hauptsache, man ist nun nicht mehr auf die Russen angewiesen!
Doch hoffentlich führt das nicht zu einer Funkstille der internationalen Zusammenarbeit im All. Denn wir wissen ja: die Strafe der Götter kann furchtbar sein! Und: Lieber ein völkerverbindendes Atlantis als eines, das sagenumwoben, streitbar und – ja, leider auch: versunken ist!