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18. Oktober 1969 Rolling Stones Magazine veröffentlicht Plattenkritik der "Masked Marauders"

"The Masked Marauders" erschien 1969: ein Plattenalbum, auf dem keine geringeren als Bob Dylan, Mick Jagger, George Harrison, John Lennon und Paul McCartney miteinander musizierten. Doch die Aufnahme entpuppte sich als Teil eines aufwändigen Scherzes des Rolling Stones Magazines. Autor: Markus Mähner

Stand: 18.10.2021 | Archiv

18.10.1969: Rolling Stones Magazine veröffentlicht Plattenkritik der "Masked Marauders"

18 Oktober

Montag, 18. Oktober 2021

Autor(in): Markus Mähner

Sprecher(in): Krista Posch

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Auf Spotify gibt es Millionen gute Bands, die keiner kennt – und die deswegen auch nichts verdienen. Dafür werden von namhaften Berühmtheiten auch die schlechtesten Lieder und Aufnahmen hundertausend-fach angeklickt. Im Pop-Geschäft geht es halt oft nicht um gute Musik, sondern um Beziehungen oder einen Namen.

Die Musiksession, die es nie gab

Das merkte vor gut 50 Jahren auch die Cleanliness & Godliness Skiffle Band. Als sie ihr erstes Album bei dem Jazz- und Folklabel Vanguard veröffentlichte, hatte sie wenig Erfolg damit. Dabei war es gut gemachte Musik. Etwas später erschien ihr zweites Album - allerdings unter dem seltsamen Bandnamen "The Masked Marauders" - übersetzt "Die maskierten Marodeure". Damit schafften sie es 12 Wochen lang in die Billboard Charts. Doch niemand hätte die Platte gekauft, wäre da nicht der 18. Oktober 1969 gewesen. Denn an diesem Tag erschien bereits eine Plattenkritik – noch bevor die Platte überhaupt aufgenommen war. Ja, sogar bevor jemand daran gedacht hatte, dass sie jemals erscheinen würden!

Denn eigentlich begann alles als ein Scherz. Ein Scherz, den sich Greil Marcus, Musikkritiker beim einflussreichen Rolling Stone Magazine, erlaubte. Angestachelt durch eine Bob Dylan-Platte, die alte Probemitschnitte aus dem Wohnzimmers seiner ehemaligen Schulfreundin Bonnie Beecher enthielt – und die weder von Dylan noch von seiner Plattenfirma abgesegnet wurden: Ein Bootleg! Wohl das erste – oder zumindest berühmteste – seiner Art.

Marcus dachte: Was mit Dylan geht, geht auch mit den Beatles und den Stones! Also erfand er eine angebliche Musiksession der berühmtesten Musiker seiner Zeit: Mick Jagger, Bob Dylan, Paul McCartney, John Lennon und und und...

Über die angeblichen Aufnahmen dieses ominösen Treffens schrieb er eine Plattenkritik. Und die schlug so ein, dass zahlreiche Anrufe – unter anderem von den Managern der betroffenen Rockstars – beim Rolling Stone Magazine eingingen: Wo man denn diese Aufnahmen zu hören bekäme...

Aus Scherz wird Platte

Tja, damit musste der Scherz in die zweite Runde gehen. Die Aufnahmen mussten her. Und da kommen die Musiker der Cleanliness & Godliness Skiffle Band ins Spiel. Sie waren Freunde von Greil Marcus und sollten nun ein oder zwei Lieder fürs Radio aufnehmen. Und die wiederrum schlugen so ein, dass ein ganzes Album her musste. Nun stieg auch noch das Major-Label Warner Brothers in den Scherz mit ein. Sie finanzierten die Studioaufnahmen mit 15.000 Dollar Vorschuss – fünfmal mehr, als die Skiffle Band für ihr eigenes Album von Vanguard bekommen hatte.

Dafür ließen sie es aber richtig krachen. Die Platte enthält neben dem schlechtesten Schlagzeugsolo und dem schlechtesten Gitarrensolo aller Zeiten auch eine Schlussnummer, ein dylanesques Instrumentalstück, während dessen sich ein Plattenkäufer darüber beschwert, dass er dem Scherz auf den Leim gegangen sei.

Sei noch erwähnt, dass die ganze Platte kaum nach Dylan, selten nach den Rolling Stones und eigentlich gar nicht nach den Beatles klingt! Auf Spotify wird sie trotzdem angeklickt. Die Platte der Cleanliness & Godliness Skiffle Band hingegen nur sehr selten.


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